Sonderausstellung westdeutscher Firmen in der DAW Berlin
21. Oktober 1965
Einzelinformation Nr. 925/65 über eine beabsichtigte Sonderausstellung westdeutscher Firmen in der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin
Dem MfS wurde bekannt, dass für die Zeit vom 1. bis 6.11.1965 im Forschungszentrum der Deutschen Akademie der Wissenschaften in Berlin-Adlershof1 (großer Clubraum) eine Sonderausstellung für Mess- und Laboratoriumsgeräte von den westdeutschen Firmen
[Vorname Name des Inhabers] GHG, Idar-Oberstein,
Linseis KG, Selb/Bayern,
Sartorius Werke AG, Göttingen und
G-S-T – Gesellschaft für selbstständige Temperaturregelung Schellhase u. Co., Berlin 31
vorbereitet wird. Die Organisierung dieser Veranstaltung in den Räumen des Forschungszentrums einschließlich des Versendens schriftlicher Einladungskarten an »Interessenten« in der DDR und die Organisierung eines Empfanges liegt völlig in den Händen dieser genannten Firmen.
Über das Zustandekommen dieser Ausstellung konnten bisher folgende Einzelheiten festgestellt werden:
Bereits während der Leipziger Frühjahrsmesse 1965 wurde vom verantwortlichen Referatsleiter der Abt. Materialwirtschaft der Forschungsgemeinschaft [Name 1] dem Leiter der Abt. Materialwirtschaft und Investitionen [Name 2] der Vorschlag unterbreitet, zum Herbst dieses Jahres eine spezifische Ausstellung von Kleingeräten westdeutscher Firmen in Berlin durchzuführen.
(Entsprechend dem Geschäftsverteilungsplan der Forschungsgemeinschaft ist diese Abteilung u. a. dafür verantwortlich, Messen und Ausstellungen vorzubereiten und Wissenschaftler mit spezifischen Geräten bekanntzumachen.)
Ohne entsprechende Abstimmung mit den verantwortlichen Organen und ohne Vorliegen einer klaren politischen und wissenschaftlich-technischen Konzeption erteilte [Name 2] seine Zustimmung, sodass [Name 1] noch auf der Frühjahrsmesse 1965 in Leipzig erste Verhandlungen mit den genannten westdeutschen Firmen zur Vorbereitung dieser Ausstellung führte. (Bei den westdeutschen Firmen handelt es sich um Geschäftspartner, mit denen seitens der DDR seit mehreren Jahren kommerzielle Beziehungen bestehen.)
Auch die späteren persönlichen und schriftlichen Verhandlungen wurden von [Name 1] geführt.
Bei der Vorbereitung der Ausstellung hielt [Name 1] mit dem Vertreter der Fa. Fritsch aus Idar-Oberstein, [Vorname Name 3], der im Auftrage der fünf Aussteller für die organisatorische Vorbereitung der Ausstellung verantwortlich zeichnet, direkten persönlichen Kontakt.
Durch eine fehlende, klare Konzeption war es den westdeutschen Ausstellern möglich, die Vorbereitung der Veranstaltung immer mehr in die eigenen Hände zu bekommen und faktisch selbst als Veranstalter dieser Ausstellung, für die die Akademie lediglich ihre Räume zur Verfügung stellt, in Erscheinung zu treten.
Von den westdeutschen Firmen wurden im Ergebnis dessen u. a. entsprechende Einladungen gedruckt und von Westberlin aus an »Interessenten« in der DDR versandt. Der Inhalt dieser Einladungen wurde nur zwischen [Name 1] und den westdeutschen Ausstellern abgestimmt.
Die angeschriebenen Institutionen bzw. Einzelpersonen wurden in den Einladungen aufgefordert, ihre Zusage für den Besuch der Ausstellung zu geben und auf einer anhängenden Karte (2. Teil der Einladung), unter Angabe des Namens bzw. der Firmen oder des Instituts sowie der Adresse, mitzuteilen, für welches Firmenprogramm spezielles Interesse vorliegt. Diese Karten sollten an die Deutsche Akademie der Wissenschaften gesandt und dort den westdeutschen Firmen übergeben werden.
Die Akademie selbst erhielt ca. 150 Einladungen zum Versenden an eigene Mitarbeiter (etwa die Hälfte dieser Einladungen wurden durch [Name 1] bereits versandt.) Darüber hinaus erhielten – soweit bisher bekannt ist – ca. 30 Institutionen der DDR Einladungen. So z. B. die DIA Feinmechanik-Optik, Chemie und Elektrotechnik, der Leiter der Abt. Forschung und Technik der Staatlichen Plankommission, Dr. Winde, sowie dessen Mitarbeiter [Name 4] und Vertreter des Volkswirtschaftsrates.
Die Gesamtzahl der versandten Einladungen und der genaue Empfängerkreis sind gegenwärtig noch nicht bekannt.
Auf Initiative der westdeutschen Aussteller wird für den 1. November 1965 ein Empfang anlässlich der Ausstellungseröffnung vorbereitet, wobei mit dem Besuch von 50 Personen gerechnet wird. Die Einladungen zu diesem Empfang werden ebenfalls von den westdeutschen Firmen versandt. Dazu wurde u. a. von [Name 1] ein Personenkreis leitender Mitarbeiter der Forschungsgemeinschaft (13) zusammengestellt und als Vorschlag für einzuladende Gäste nach Westdeutschland gesandt.
Außer dem bekannten Personenkreis wurden auch Mitarbeiter von Außenhandelsunternehmen der DDR eingeladen.
Alle finanziellen Verpflichtungen aus dieser Ausstellung werden von westdeutscher Seite übernommen.
Aufgrund der geschilderten Situation wurde am 21.10.1965 mit dem Hauptdirektor der Forschungsgemeinschaft, Genossen Schober,2 eine Aussprache über die beabsichtigte Ausstellung geführt. Genosse Schober legte u. a. dar, dass die Aufgabenstellung der Forschungsgemeinschaft derartige Ausstellungen notwendig machen würde, da in bestimmtem Umfange hochqualifizierte Geräte aus Westdeutschland bzw. dem kapitalistischen Ausland gekauft werden müssten.
In diesem Zusammenhang brachte er zum Ausdruck, dass ihm besonders der 2. Teil der Einladung, der beabsichtigte Empfang und das faktische Überlassen der Ausstellungsleitung an die [sic!] westdeutschen Firmen nicht »behagten«. Er war jedoch in Anbetracht der fortgeschrittenen Vorbereitung der Meinung, den geplanten Ausstellungsverlauf nicht zu ändern, zumal auch die zum Empfang eingeladenen Personen durchaus »zuverlässig« seien.
Genosse Schober hat aufgrund der Hinweise des MfS zugesichert, nochmals Überprüfungen im Hinblick auf mögliche Veränderungen des Ablaufs der Ausstellung anzustellen. Bisher ist jedoch nicht erkennbar, inwieweit dadurch eine schnelle und richtige Klärung erreicht werden kann. Deshalb wird vorgeschlagen, durch die übergeordneten verantwortlichen Organe eine diesbezügliche Entscheidung herbeizuführen.