Verhalten von Studentinnen im Ernteeinsatz in Kletzin
12. November 1965
Einzelinformation Nr. 1009/65 über das Verhalten von Studentinnen der Medizinischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin während des Ernteeinsatzes in Kletzin, Krs. Demmin
Ergänzend zu den in der Einzelinformation Nr. 954/651 enthaltenen Hinweisen wurde nach weiteren Überprüfungen Folgendes bekannt:
In der Zeit vom 16.9. bis 13.10.1965 befanden sich 15 Studentinnen des Seminars II/4 der Medizinischen Fakultät der Humboldt-Universität zum Ernteeinsatz in der LPG »Junge Patrioten« in Kletzin, Krs. Demmin. Während des Einsatzes war eine Gruppe von sechs Studentinnen im Verwaltungsgebäude der LPG untergebracht worden, während die zweite Gruppe von neun Studentinnen im Wohnhaus des Genossenschaftsbauern [Name 1] Quartier erhalten hatte.
Da sich in der letztgenannten Unterkunft kein Wasseranschluss befand, wurden an diese Studentinnen Wasserschüsseln ausgegeben, wobei die Wasserentnahme von der auf dem gleichen Grundstück – in unmittelbarer Nähe der Dorfstraße – gelegenen Wasserpumpe erfolgen sollte.
Entgegen dieser Festlegung haben sich jedoch alle dort wohnhaften Studentinnen in mehreren Fällen – besonders in den ersten Tagen – und danach vereinzelt vor Arbeitsbeginn (etwa in der Zeit von 6.00–6.15 Uhr) direkt an der Wasserpumpe mit entblößtem Oberkörper gewaschen. Es handelt sich dabei um die Studentinnen [Name 2, Vorname], [Name 3, Vorname], [Name 4, Vorname], [Name 5, Vorname], [Name 6, Vorname], [Name 7, Vorname], [Name 8, Vorname], [Name 9, Vorname] und eine namentlich nicht bekannte.
Aufgrund der guten Einsichtmöglichkeiten, sowohl von der unmittelbar vorbeiführenden Dorfstraße als auch von den in der Nähe befindlichen Wohnhäusern her, konnte eine Reihe von Dorfbewohnern diese Vorgänge beobachten. Begünstigt durch die darüber unter den Dorfbewohnern geführten Gespräche kam es wiederholt zu Missfallensäußerungen über das Verhalten dieser Studentinnen. Dieses Missfallen wurde noch dadurch verstärkt, dass einige Studentinnen »leicht bekleidet«, z. B. in kurzer Sportbekleidung, teilweise auch im Bikini, durch den Ort gingen. Unter den Dorfbewohnern kam es aufgrund dieser Erscheinungen z. B. zu solchen Bemerkungen, die Studentinnen würden sich »oben ohne« in der Gemeinde bewegen.
Die zunehmenden negativen Äußerungen von Dorfbewohnern über dieses Verhalten führten dazu, dass sich der LPG-Vorsitzende an den Leiter der Abt. K beim VPKA Demmin wandte, der am 29.9.1965 eine entsprechende Aussprache mit den Studentinnen führte. Von den Studentinnen wurde dabei zum Ausdruck gebracht, dass sie sich aus Bequemlichkeit direkt an der Wasserpumpe gewaschen und bei der Entblößung des Oberkörpers nichts Anstößiges gefunden hätten, zumal sie glaubten, unbeobachtet zu sein. Dabei führten sie an, dass sich nach den ihnen bekannten Überlieferungen in früheren Zeiten die Dorfbewohner ebenfalls an der Pumpe gewaschen hätten. Hinzu käme, dass auch bei der Freikörperkultur niemand daran Anstoß nehmen würde.
Nach dieser Aussprache sind derartige Vorkommnisse nicht mehr aufgetreten.