Verhinderter Grenzdurchbruch bei Schönefeld
20. März 1965
Einzelinformation Nr. 246/65 über einen verhinderten Grenzdurchbruch im Raum Berlin-Schönefeld am 18. März 1965
Am 18.3.1965, gegen 23.30 Uhr, hörten die im Abschnitt Schönefeld – Siedlung Rehpfuhl – eingesetzten Posten Geräusche in den Sicherungsanlagen. Bei der näheren Untersuchung des Geländes stellten sie fest, dass sich in ca. 50 m Entfernung ein Grenzverletzer in den pioniertechnischen Anlagen befand, der bereits drei Drahtzäune der Sicherungsanlage zerschnitten hatte. Da sich der Grenzverletzer unmittelbar vor der letzten Drahtsperre befand, eröffneten die Posten sofort gezieltes Feuer (39 Schuss).
Beim Eintreffen weiterer zwei Postenpaare, die sich ebenfalls zu diesem Zeitpunkt in der Nähe der Durchbruchsstelle befanden, wurde der durch mehrere Schüsse am linken Unter- und Oberschenkel, am linken Oberarm und an der linken Kopfseite getroffene Grenzverletzer aus den Grenzsicherungsanlagen in den Kfz-Graben zurückgebracht. Nach der ersten Hilfeleistung wurde der Grenzverletzer abtransportiert.
Die Handlungen der Grenzposten waren noch vor Eintreffen von Angehörigen der Westberliner Polizei und der amerikanischen Militärpolizei beendet. Durch die gegnerischen Kräfte wurde im Anschluss eine verstärkte Streifentätigkeit durchgeführt, ohne dass der Ort der Festnahme festgestellt werden konnte.
Bei dem Grenzverletzer handelt es sich um den [Name 1, Vorname], geb. [Tag, Monat] 1948 in Berlin, wohnhaft Berlin NO 55, [Straße Nr.], bei den Eltern, ledig, Kfz-Klempner-Lehrling im VEB Kraftfahrzeugdienst Berlin W 8.
[Name 1] stammt aus einer Lehrerfamilie. Sein Vater war zuletzt Fachlehrer für Deutsch-Unterricht und Geschichte an der Oberschule in Berlin-Mitte, Augustastraße. Aufgrund von Krankheit schied er aus dem Schuldienst aus. Zurzeit ist er Invalidenrentner. Die Mutter ist nicht berufstätig. Die Eltern sind gesellschaftlich nicht organisiert.
[Name 1] wurde nach seiner Festnahme vom MfS übernommen.
Aufgrund seiner Verletzungen wurde [Name 1] operiert. Er befindet sich außer Lebensgefahr, ist jedoch noch nicht voll vernehmungsfähig.
Nach seinen bisherigen Angaben will er aufgrund von Auseinandersetzungen zwischen seinen Eltern und mit ihm bereits im Sommer 1964 den Entschluss gefasst haben, die DDR illegal zu verlassen und bei seiner Tante in Westberlin Wohnsitz zu nehmen. Außerdem hoffte er in Westberlin bessere Lebensbedingungen vorzufinden und sich dort nach seinem Lehrabschluss selbstständig machen zu können.
Die Untersuchungen werden durch das MfS weitergeführt.