Versuchter Grenzdurchbruch bei Kleinmachnow
18. Oktober 1965
Einzelinformation Nr. 917/65 über einen am 18. Oktober 1965 im Raum Kleinmachnow, [Bezirk] Potsdam, versuchten Grenzdurchbruch
Am 18.10.1965, gegen 2.50 Uhr, versuchten zwei männliche Personen im Raum Kleinmachnow, [Bezirk] Potsdam (Bereich der 3. Komp. des 46. GR), die Staatsgrenze nach Westberlin zu durchbrechen. Bei der Verhinderung des Grenzdurchbruchs wurde durch den Grenzposten Gebrauch von der Schusswaffe gemacht, wobei eine Person tödlich und eine Person schwer verletzt wurden.
Bei der Untersuchung des Sachverhalts wurden bisher folgende Einzelheiten bekannt:
Am 18.10.1965, gegen 2.50 Uhr, bemerkten Grenzposten der 3. Komp. des 46. GR im Raum Kleinmachnow, ehemaliges Bahnhaus II, wie sich zwei Personen im Schatten der Lichttrasse zwischen dem Kfz-Graben und dem Kontrollstreifen in Richtung Westberlin bewegten.
Der Postenführer Gefr. [Name 1] forderte die Personen auf stehenzubleiben und gab zugleich einen Warnschuss ab. Daraufhin zogen sich die Grenzverletzer in den Kfz-Graben zurück. Inzwischen war der Verantwortliche des Gruppenabschnitts Uffz. Heinrich mit seinem Posten am Ort der Handlung eingetroffen und forderte die Grenzverletzer auf, aus dem Kfz-Graben herauszukommen. Da dieser Aufforderung nicht Folge geleistet wurde, richteten Uffz. Heinrich, Gefr. [Name 1] und Soldat [Name 2] gezielte Schüsse auf die Grenzverletzer.1
Bei der Festnahme wurde festgestellt, dass der Grenzverletzer Kittel, Walter, geb. am [Tag, Monat] 1942, wohnhaft Kleinmachnow, [Straße Nr.], Beruf: Motorenschlosser, tätig als Presser im VEB Bauelemente der Nachrichtentechnik Teltow, ledig, tödlich und der Grenzverletzer Krause, Eberhard, geb. [Tag, Monat] 1944, wohnhaft Güterfelde, [Bezirk] Potsdam, [Straße Nr.], beschäftigt als ungelernter Arbeiter im VEB Biomalz Teltow, durch zwei Beckenschüsse schwer verletzt war.
Im Verlaufe der Feuerführung, die entlang der pioniertechnischen Anlagen und in Richtung eigenes Hinterland erfolgte, wurden vom Uffz. Heinrich ca. 42 Schuss, durch Gefr. [Name 1] 25 Schuss und durch Soldat [Name 2] drei Schuss abgegeben. Kurze Zeit nach der Feuerführung erschienen auf westlichem Gebiet drei Funkwagen, die jedoch am Handlungsort vorbeifuhren. Irgendwelche Maßnahmen westlicherseits wurden nicht festgestellt.
Krause gab in seiner Vernehmung an, dass er am 17.10.1965, gegen 23.30 Uhr, in der Gaststätte »Libelle« in Teltow mit Kittel zusammengetroffen sei. Dieser habe ihn zum gemeinsamen Grenzdurchbruch aufgefordert und mit einer Zange ausgerüstet. Anschließend seien beide mit dem Bus von Teltow nach Kleinmachnow gefahren. Im Bus traf Kittel noch auf eine dritte, dem Krause angeblich nicht namentlich bekannte Person, die sich ebenfalls an dem Grenzdurchbruch beteiligen wollte. Als sie sich jedoch in Richtung Grenze bewegten, wäre die dritte Person weiter ins Hinterland zurückgegangen.
Zur Charakteristik der beiden Grenzverletzer liegen bisher folgende Hinweise vor:
Bei Kittel handelt es sich um einen Jugendlichen, der im Betrieb [Passage mit schutzwürdigen Informationen nicht wiedergegeben] aufgefallen war. (Zzt. lief ein Aufhebungsvertrag aufgrund der genannten Tatsachen.) Er war bereits einmal in Westdeutschland und erhielt nach 1961 wegen versuchten Grenzdurchbruchs zwei Jahre Gefängnis mit Bewährung. Er verkehrte mit Jugendlichen [Passage mit schutzwürdigen Informationen nicht wiedergegeben].
Der Vater ist zum dritten Male verheiratet, er gehört der SED an (vor 1945 NSDAP).
Der verletzte Krause stammt aus einer kinderreichen Familie (acht Kinder) und gilt als das »schwarze Schaf« [Passage mit schutzwürdigen Informationen nicht wiedergegeben].
Weitere Untersuchungen zur Feststellung der näheren Umstände der Ursachen und Motive sowie zur Aufklärung der an der Grenzverletzung angeblich beteiligten dritten Person werden geführt.