Besuch westdeutscher Bürger in der Botschaft der VR China in der DDR
1. August 1968
Einzelinformation Nr. 820/68 über [den] Besuch westdeutscher Bürger in der Botschaft der VR China in der DDR
In der Zeit vom 1.1. bis 30.6.1968 besuchten etwa 220 westdeutsche Bürger die Botschaft der VR China in der DDR. In der Mehrzahl handelte es sich um westdeutsche Studenten, die in Westberlin studieren. Der größte Teil dieser Personen besuchte erstmalig die chinesische Botschaft.
In der Botschaft werden die Besucher von Mitarbeitern der Botschaft in mündlicher und schriftlicher Form über den Maoismus und über die Ereignisse in China informiert. Es werden dabei besonders die »hervorragenden Ergebnisse der großen proletarischen Revolution in China« gewürdigt.
In persönlichen Unterredungen versuchen die Botschaftsmitarbeiter ausführliche Angaben über die Person, über das Studium, die berufliche Tätigkeit und die politische Einstellung der Besucher zu erhalten. Den größten Teil der Unterredungen nimmt jedoch die politische Agitation vonseiten der Chinesen ein. Dabei wird besonders gegen die Politik der KPdSU und der Sowjetunion, die als »revisionistisch und verräterisch« hingestellt wird, argumentiert. Die Besucher erhalten dazu noch zusätzlich umfangreiches maoistisches Schriftenmaterial zur Vertiefung der in den Unterredungen behandelten Fragen.
Wie festgestellt wurde, sucht der größte Teil der westdeutschen Bürger – insbesondere Jugendliche und Studenten – aus Neugier und Abenteuerlust und inspiriert durch die umfangreiche Propaganda der westdeutschen Massenmedien die chinesische Botschaft auf. Jüngere Besucher waren besonders daran interessiert, die Mao-Zitatensammlung1 zu erhalten.
In den Jahren 1966 und 1967 suchten Mitglieder der Gruppierung »Kommune I«2 Westberliner SDS3 mehrmals die chinesische Botschaft auf, so u. a. Kunzelmann4 und Teufel5 zweimal und Langhans6 dreimal. Diese Besuche erfolgten in der Zeit, als die linksradikalen Elemente in Westberlin während des Schah7- und Humphrey8-Besuches Provokationen durchführten. Ein direkter Zusammenhang zwischen den Besuchen der »Kommune«-Mitglieder in der chinesischen Botschaft und den Ausschreitungen der Studenten in Westberlin konnte nicht festgestellt werden.
Seit Dezember 1967 gibt die Xinhua-Nachrichtenagentur der VR China, die angeleitet und kontrolliert wird durch die chinesische Botschaft in der DDR, bei der »Scolaris« GmbH (Publizistik und Fernsehfilm), Herausgeber Dettmann, Karsten, 200 Hamburg, [Straße, Nr.], eine wöchentliche Informationsschrift unter dem Titel »China«9 heraus. Es wurde festgestellt, dass selbst in Bonner regierungsamtlichen Informationsblättern Werbungen für diese Druckschrift veröffentlicht wurden. Die Wochenschrift enthält die bekannten antisowjetischen Ausfälle. Sie unterscheidet sich jedoch von der »Peking-Rundschau«10 durch eine wesentlich raffiniertere politische und ideologische Argumentation.