Haltung des Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Berlins
2. April 1968
Einzelinformation Nr. 368/68 über die Haltung des Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde der Hauptstadt der DDR, Heinz Schenk
Dem MfS wurde bekannt, dass der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde der Hauptstadt der DDR, Heinz Schenk,1 beabsichtigen soll, ein persönliches Schreiben an den Stadtkommandanten der Hauptstadt der DDR, Genossen Generalmajor Poppe,2 zu richten. In diesem Schreiben wolle er sich darüber beschweren, dass dem in Westberlin wohnenden, bei der Jüdischen Gemeinde der Hauptstadt der DDR beschäftigten Schlächter [Vorname Name], israelischer Staatsbürger, beim grenzüberschreitenden Verkehr Schwierigkeiten bereitet würden. Angeblich verlängerten sich die Wartezeiten für [Name] an dem GÜSt ständig, und er werde in abwertender Weise abgefertigt. (Bei [Name] handelt es sich um einen sogenannten rituellen Schlächter, der Schlachtungen für die Schlächterei der jüdischen Gemeinde der Hauptstadt nach einem durch die Jüdischen Gemeinden vorgeschriebenen Ritus vornimmt. In der Hauptstadt der DDR ist ein solcher Schlächter nicht wohnhaft.)
Schenk beabsichtigt ferner, anlässlich des 60. Geburtstages des Präsidenten des Verbandes der Jüdischen Gemeinden der DDR, Helmut Aris,3 am 10.5.1968 in Dresden eine Großveranstaltung zu organisieren. An dieser Veranstaltung sollen nach Vorstellungen Schenks alle Funktionäre und ein großer Teil der Mitglieder des Verbandes der Jüdischen Gemeinden der DDR teilnehmen. Einladungen sollen außerdem der Staatssekretär für Kirchenfragen, Hans Seigewasser,4 und weitere Funktionäre des Partei- und Staatsapparates erhalten. Die Veranstaltung solle nach Ansichten Schenks dazu benutzt werden, Reden mit einem »solchen demokratischen Inhalt wie in der ČSSR«5 zu halten, die mit bestimmten Forderungen an den Staatsapparat verbunden sein sollen. Schenk habe in diesem Zusammenhang geäußert, es müsse eine Variante gefunden werden auch den »Antisemiten in der DDR« verständlich zu machen, wie weit sie gehen dürften.
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