Kollision Torpedoboot 844 der Volksmarine mit schwedischem Fährschiff
3. September 1968
Einzelinformation Nr. 981/68 über die Kollision des Torpedoschnellbootes 844 der 6. Flottille des Kommandos Volksmarine der DDR mit dem schwedischen Fährschiff »Drottningen« am 31. August 1968
Wie bereits bekannt, kollidierte am 31.8.1968 gegen 3.15 Uhr das TS-Boot 844 ca. 18 km nordwestlich vor dem Darßer Ort mit dem schwedischen Fährschiff »Drottningen«, das sich auf der Fahrt von Travemünde nach Trelleborg befand.
Die bisherigen Untersuchungen1 ergaben Folgendes: Das TS-Boot 844 erhielt am 31.8.1968, 2.00 Uhr, gemeinsam mit dem TS-Boot 843 den Gefechtsauftrag, die westdeutsche Fregatte 223, die in die operative Zone vor der Küste der DDR eingedrungen war, aufzuklären, abzufangen und zu begleiten. Beide Boote waren in einem technisch einsatzbereiten Zustand. Die Funkmessstation des gesunkenen Bootes war nach Aussagen des Funkmessgastes geschaltet, das Radarbild scharf. Auf dem Bild waren mehrere Ziele zu erkennen.
Die Wetterlage zu diesem Zeitpunkt bestand in Seegang Stärke 2, Wind 3–4; die Sichtweite betrug 30–50 m.
Das TS-Boot 844, das von Kapitänleutnant [S., Wolfgang] befehligt wurde, näherte sich der westdeutschen Fregatte 223 aus nordwestlicher Richtung, ließ dabei systematisch die Geschwindigkeit der Maschinen verringern und schließlich stoppen. Die Bootsangehörigen waren besonders angewiesen worden, auf optische und akustische Signale zu achten, auch unter Berücksichtigung der schlechten Sichtverhältnisse.
Eines der auf dem Radarschirm des TS-Bootes 844 sichtbaren Ziele näherte sich gegen 2.30 Uhr mit hoher Geschwindigkeit, wobei von den Ausguckposten bzw. der übrigen Besatzung keine akustischen Signale wahrgenommen wurden. (Lt. Seestraßenordnung wäre das sich annähernde Ziel aufgrund der schlechten Sichtverhältnisse verpflichtet gewesen, ständig akustische Signale zu geben.)
Der Kommandant des TS-Bootes 844 versuchte, in Erkennung der Situation die Kollision zu verhindern und auszuweichen. Durch die große Geschwindigkeit des Zieles (Fähre »Drottningen«) gelang dieses Manöver nicht. Das TS-Boot 844 wurde vom Bug der Fähre am hinteren Bootsteil gerammt, an die Steuerbordseite gezogen und unter Wasser gedrückt. Das TS-Boot kenterte dabei und sank nach kurzer Zeit.
Drei Offiziere, ein Unteroffizier sowie fünf Matrosen des TS-Bootes konnten sich mit den vorhandenen Rettungsmitteln retten. Ein weiterer Angehöriger des TS-Bootes wurde gegen 13.05 Uhr gerettet, verstarb aber auf dem Rückmarsch zum Heimathafen. Sechs Angehörige des Bootes sind vermisst und konnten bisher nicht geborgen werden.
Die bisherige Untersuchung ergab weiter, dass sich der Kommandant sowie die Besatzung des TS-Bootes in dieser Hinsicht diszipliniert verhielten.
Bei der Besatzung des TS-Bootes handelt es sich um ein Schrittmacherkollektiv innerhalb der gesamten TS-Brigade. Der Kommandant, Kapitänleutnant [S.], gilt als einer der erfahrensten und besten Kommandanten der TS-Brigade. Er kommandiert seit 1961 ein TS-Boot.
Nach den vorliegenden Untersuchungsergebnissen verhielt sich die Fähre »Drottningen« nicht entsprechend den seerechtlichen Bestimmungen. Außer der schon erwähnten falschen Verhaltensweise warf es nur geringe Rettungsmittel über Bord und setzte die Fahrt mit der Begründung fort, den Fahrplan einhalten zu müssen.
Das schwedische Schiff »Alberta«, das in 10 m Abstand die Schiffbrüchigen passierte, sie nachweislich erkannte und anrief, leistete ebenfalls keine Hilfe.
Durch den Untergang des TS-Bootes der Volksmarine gerieten eine Reihe von VS-Dokumenten in Verlust wie Einsatzunterlagen, Signalbücher, Codeschreiben, Tarntafeln, Seekarten und Tagebücher.
Das Aufschwimmen verschiedener dieser Materialien, besonders Seekarten und VS-Arbeitsbücher, ist möglich.
Entsprechende Maßnahmen zur Suche und Sicherstellung der in Verlust geratenen Dokumente wurden eingeleitet.