Provokatorisches Verhalten zum Volksentscheid in Halle, Schwerin
29. März 1968
Einzelinformation Nr. 352/68 über provokatorisches Verhalten zum Volksentscheid an der Universität Halle, im VEB Klement Gottwald, Schwerin, und im halbstaatlichen Betrieb [Name 6] in Oelsnitz/Vogtland
Im Gegensatz zu anderen Fakultäten und zum Lehrkörper der Universität Halle, wo zustimmende Erklärungen zur Verfassung und zum Volksentscheid1 abgegeben wurden, kam im Bereich der Medizinischen Fakultät in neun von elf Seminargruppen mit 140 Studenten eine Beschlussfassung über zustimmende Willenserklärungen aufgrund eines starken kirchlichen Einflusses nicht zustande. Einzelne Studenten, vor allem Mitglieder der ESG und KSG, brachten zum Ausdruck, dass sie es mit ihrem Gewissen nicht vereinbaren können, am Volksentscheid teilzunehmen. An einem Seminar der Seminargruppen 5 und 6 des 1. Studienjahres Humanmedizin am 27.3.1968 nahmen zwei Assistenten und der stellvertretende Seminarleiter teil, die bereits in der Studienzeit der »Jungen Gemeinde«2 angehörten. Der stellvertretende Seminarleiter Dr. [Name 1] brachte zum Ausdruck, dass man in diesem Rahmen keine Willenserklärung abgeben könne; man müsse den Volksentscheid abwarten. Er wurde von den beiden Assistenten Dr. [Name 2] und Dr. [Name 3] unterstützt. Die Studentin [Name 4, Vorname], (Mitglied der ESG) äußerte, dass »Mitzenheim3 eine von der SED gekaufte Person« sei und die CDU keine Partei wäre. Der Student [Name 5] legte den Artikel 27 Abs. 24 des Entwurfs provozierend in der Weise aus, dass jetzt offiziell das Westfernsehprogramm gesehen werden könnte. Aufgrund des Auftretens und der Diskussion dieser kirchlich gebundenen Personen kam keine Annahme der Willenserklärung zustande.
Im Bereich der mechanischen Abteilung des VEB Klement Gottwald, Schwerin, lehnten in einer Kurzversammlung drei von ca. 30 Personen die Zustimmung zur vorgelegten Willenserklärung mit der Begründung ab, dass man am 6.4.1968 gar nicht zum Volksentscheid zu gehen brauche, wenn man dies jetzt schon tun soll. Zwei Drittel der Anwesenden enthielten sich der Stimme.
Im Betrieb mit staatlicher Beteiligung [Vorname Name 6], Oelsnitz/Vogtland, drohten zehn Beschäftigte, beim Volksentscheid mit »Nein« zu stimmen, wenn ihre Forderung, am Karfreitag arbeiten zu können und dafür am Sonnabend, den 20.4.1968, frei zu haben, nicht erfüllt würde. Die Forderung wurde von dem Genossen [Name 7] und dem Parteilosen [Name 8] dem FDGB-Kreisvorstand »im Namen ihrer Kollegen« vorgetragen.
Von den jeweils zuständigen Partei- bzw. gesellschaftlichen Leitungen wurden Maßnahmen dazu eingeleitet.