Referentenbesprechung der evangelischen Landeskirchen (Langfassung)
6. Februar 1968
Einzelinformation Nr. 126b/68 über eine erweiterte Referentenbesprechung mit Vertretern der evangelischen Landeskirchen der DDR [Langfassung]
Am 10.1.1968 fand in der Hauptstadt der DDR, Berlin, eine erweiterte Besprechung mit den für das Arbeitsgebiet Finanzfragen verantwortlichen Referenten der Kirchenleitungen aus den Landeskirchen der DDR statt. Sie war von der Kirchenleitung der »Evangelischen Kirche in Deutschland« einberufen worden.
Die Landeskirche Thüringen war nicht vertreten; Bischof Mitzenheim1 hatte die Tagung ignoriert, weil sie unter Zuständigkeit der »EKD« einberufen und abgehalten wurde. Von der Kirchenkanzlei der »EKD« für die Gliedkirchen in der DDR waren Oberkirchenrat Dr. Herwig Hafa2 und Kirchenrätin Christa Lewek3 (beide Hauptstadt der DDR) anwesend. Die Tagung leitete Oberkirchenrat Hans-Jürgen Behm,4 ebenfalls Berlin.
Als wichtigster Punkt stand der Haushaltsplan für das Rechnungsjahr 1968 der Kirchenkanzlei der »Evangelischen Kirche in Deutschland« für die Gliedkirchen der DDR auf der Tagesordnung. Oberkirchenrat Behm erklärte, dass im Jahre 1968 eine »notvolle finanzielle Situation« eintreten werde. Bei allen Landeskirchen gingen die Einnahmen zurück, die Folge sei eine Kürzung der Ausgaben.
Den Teilnehmern der Besprechung wurde ein streng vertrauliches Rundschreiben übergeben, das folgenden Wortlaut hat:
»Kirchenkanzlei für die Gliedkirchen der DDR | KO/1/68/VII | Berlin, den 3. Januar 1968. | Betr.: Haushaltsplan für das Rechnungsjahr 1968 der Evangelischen Kirche in Deutschland, Kirchenkanzlei für die Gliedkirchen in der DDR
Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland hat aufgrund von Artikel 29, Abs. 2, der Grundordnung der Evangelischen Kirche in Deutschland den Haushaltsplan für das Rechnungsjahr 1968 der Evangelischen Kirche in Deutschland, Kirchenkanzlei für die Gliedkirchen der DDR, beschlossen, der hier als Anlage 1 zur gefälligen Kenntnisnahme beigefügt wird.
Danach sind die Einnahmen und Ausgaben der Evangelischen Kirche in Deutschland, Kirchenkanzlei für die Gliedkirchen der DDR, für das Haushaltsjahr 1968 auf 765 000 Mark festgestellt worden.
Der gemäß Artikel 33, Abs. 1, der Grundordnung der Evangelischen Kirche in Deutschland durch Umlagen der Gliedkirchen aufzubringende Finanzbedarf (gemeint ist das von den Gliedkirchen der DDR für den Gesamtfinanzplan zu erbringende Soll) beträgt:
- a)
für die Gliedkirchen in der DDR 320 000 Mark,
- b)
für die angeschlossenen Gemeinschaften 900 Mark.
Nach § des Kirchengesetzes über den Zusammenschluss von Innerer Mission und Hilfswerk der Evangelischen Kirche in Deutschland vom 8.3.1957 sind als Umlagen von den Gliedkirchen 120 000 Mark zu erheben. Dieser Finanzbedarf ist von den Gliedkirchen nach dem aus Anlage 2 ersichtlichen Verteilungsmaßstab aufzubringen. Wir bitten die hiernach errechneten und in den Anlagen 3 und 4 bezeichneten Umlagebeträge monatlich im Voraus auf eines der Konten unserer Kasse zu überweisen. Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland hat ferner beschlossen, dass die Gliedkirchen auch im Haushaltsjahr 1968 gemäß Artikel 20, Abs. 2, der Grundordnung der Evangelischen Kirche in Deutschland folgende drei gesamtkirchliche Kollekten abzuhalten haben:
- a)
für gesamtkirchliche Notstände und Aufgaben,
- b)
für die ökumenische Arbeit der Evangelischen Kirche in Deutschland,
- c)
für die diakonische Arbeit, für Innere Mission und Hilfswerk.
Wir bitten auch die Kollektenerträge auf eines der Konten unserer Kasse abzuführen.« (Die im Rundschreiben genannten Anlagen sind abschriftlich beigefügt.)
Oberkirchenrat Behm ging weiter auf folgende Probleme ein:
- –
Das Presseamt beim Ministerpräsidenten habe in den kirchlichen Amtsblättern und den öffentlichen Kollektivplänen die Bezeichnung »Evangelische Kirche in Deutschland« beanstandet. Die Vertreter der Landeskirchen wurden ersucht, diese Bezeichnung aus den kirchenamtlichen Druckerzeugnissen herauszunehmen bzw. den Neudruck mit der Bezeichnung »evangelische Landeskirchen in der DDR« zu veranlassen. Behm sagte in diesem Zusammenhang, dass die Anzahl der auf dem Postwege nach hier gelangenden Amtsblätter der »Evangelischen Kirche in Deutschland« »recht dürftig« sei, jedoch könnten die fehlenden Exemplare nachbestellt werden.
- –
Die Verordnung zur Registrierung von Vereinigungen, veröffentlicht im Gesetzblatt II/122,5 wird auf einer Tagung der leitenden Juristen der Landeskirchen behandelt werden. Dazu seien vorbereitende Besprechungen in den einzelnen Landeskirchen und Konsistorien erforderlich.
Im Anschluss an die Ausführungen von Oberkirchenrat Behm berichtete Oberkonsistorialrat Stolpe,6 Berlin, über Folgendes:
- –
Im Rahmen des Generalverkehrsplanes sei von staatlichen Stellen der Abriss der ehemaligen Garnisonkirche7 – jetzt Kreuzkirche8 – in Potsdam geplant, während der Generalbebauungsplan der Stadt Potsdam die Erhaltung der Teilruine vorsehen würde. Eine Restauration käme nicht infrage,9 da ja gerade die Garnisonkirche in dem faschistischen Deutschland von 1933 bis 1945 eine besondere Rolle gespielt habe. Ein Abrissbescheid der zuständigen Stellen liege bisher nicht vor. Bischof Schönherr10 habe die Absicht, über dieses Problem ein Gespräch mit den leitenden Funktionären in Potsdam zu führen.
- –
Nach der Industriepreisreform11 gäbe es Differenzen bei Preisen für Druckerzeugnisse. Diese Änderung der Preise für Druckerzeugnisse würde sich auf die finanzielle Lage der Evangelischen Verlagsanstalt, vor allem bei der Neuherausgabe von Büchern, auswirken.
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Stolpe gab weiter bekannt, dass Oberkonsistorialrat Dr. Hagemeyer12 schwer erkrankt sei und Oberkonsistorialrat Wilhelm Kohlbach13 mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Konsistorialpräsidenten der Landeskirche Berlin-Brandenburg betraut wurde. Des Weiteren ist die Geschäftsstelle der Konferenz der Evangelischen Kirchenleitungen in der DDR von Berlin, Bischofstraße 6–8, nach der Auguststraße 80 verlegt worden. Ebenfalls von der Bischofsstraße 6–8 nach der Auguststraße 80 ist das Lutherische Kirchenamt umgezogen.
Zu Fragen der kirchlichen Dienstwohnungen im Rahmen der neuen Wohnraumlenkungsverordnung sprach der Justitiar der Kirchenleitung Berlin-Brandenburg Hamann. Kirchenrat Hans Berger, Dresden, berichtete über Schwierigkeiten mit dem Kunstverlag Aurich in Dresden.14 Angeblich würde sich der Verlag weigern, Urkunden für Konfirmation, Hochzeit usw. zu drucken. Nach Meinung des Verlages hätte die Kirche lediglich das Recht, Bescheinigungen auszustellen. Präsident Dr. Johannes15 will in dieser Angelegenheit beim Rat des Bezirks Dresden vorstellig werden.
Die nächste erweiterte Referentenbesprechung findet am 13.3.1968 statt.
4 Anlagen16