Regionaltagung der Generalsynode (DDR) der VELKD
18. Dezember 1968
Einzelinformation Nr. 1376/68 über die Regionale Tagung der Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (DDR-Bereich) vom 28. bis 30. November 1968 in Freiberg/Sachsen
Zu der in der Zeit vom 28. bis 30.11.1968 in Freiberg/Bezirk Karl-Marx-Stadt durchgeführten Tagung der Teilsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) in der DDR,1 von deren Stattfinden zuvor Oberkirchenrat Braecklein2/Eisenach, Stellvertreter des Präsidenten der Generalsynode der VELKD, das Staatssekretariat für Kirchenfragen schriftlich unterrichtet hatte, wurden dem MfS folgende Einzelheiten bekannt:
In der Teilsynode der VELKD der DDR sind die drei lutherischen Landeskirchen
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Evangelisch-Lutherische Kirche in Thüringen – Eisenach,
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Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens – Dresden,
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Evangelisch-Lutherische Landeskirche Mecklenburgs – Schwerin
durch gewählte Synodale vertreten.
Die Bischöfe der drei genannten Landeskirchen Mitzenheim3/Eisenach, Noth4/Dresden, Beste5/Schwerin waren in Freiberg anwesend.
Die Tagesordnung sah folgende Punkte vor:
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Tätigkeitsbericht der regionalen Kirchenleitung der VELKD (DDR-Bereich),
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Haushaltsplan,
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Kirchenbeamtengesetz,
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Gesetz betreffend Verfassungs- und Verwaltungsgericht,
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Gesetz betreffend Verfassungsänderung,
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Gesetz über die Vereinigte Kirche in der DDR.
Das wichtigste Ergebnis der Tagung war der Zusammenschluss der drei Lutherischen Landeskirchen im DDR-Bereich zur »Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in der DDR«. Danach sind für sie gemeinsame Organe wie Bischofskonferenz, Generalsynode und Kirchenleitung vorgesehen.
Die Leitung der Tagung lag in Händen von Oberkirchenrat Braecklein, der auch den Tätigkeitsbericht verlas, in dem u. a. Folgendes zum Ausdruck kam: »… Freilich ist die normale Zusammenarbeit in den Organen der Vereinigten Kirche stark behindert. So konnten seit 1962 Tagungen der Generalsynode in ihrer Gesamtheit nicht mehr stattfinden. Seit 1966 gibt es keine vollzähligen Sitzungen der Bischofskonferenz und der Kirchleitung mehr. Dem leitenden Bischof der Vereinigten Kirche, Landesbischof D. Lilje,6 (Hannover), der Vorsitzender der Bischofskonferenz und der Kirchenleitung ist, ist es seit August 1966 nicht mehr möglich, gemeinsame Sitzungen dieser Gremien zu leiten.7 Von den Mitgliedern der Bischofskonferenz sind am Erscheinen ständig behindert:
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Landesbischof D. Dietzfelbinger8 – München,
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Bischof Dr. Wölber9 – Hamburg,
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Bischof Dr. Hübner10 – Kiel,
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Bischof Dr. Meyer11 – Lübeck,
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Oberkirchenrat Klapper12 vom Lutherischen Kirchenamt Hannover.
Wenn die Bischöfe aus den westlichen Gliedkirchen der Vereinigten Kirche zur Erarbeitung von Stellungnahmen grundsätzlich theologischer Art Klausurtagungen durchführen (wie 1967 in Kranzbach und 1968 auf der Insel Reichenau), müssen die Bischöfe aus der DDR fehlen und können nicht mitarbeiten …
Zwischen der letzten regionalen Tagung der Generalsynode in der DDR und derjenigen im November 1968 liegt das Inkrafttreten der neuen Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik.13 Der Staatssekretär für Kirchenfragen hat dem Stellvertreter des Präsidenten unserer Generalsynode im Mai dieses Jahres erklärt, dass damit und mit der schon am 9. November 1967 erlassenen Verordnung zur Registrierung von Vereinigungen eine neue Rechtssituation für die Vereinigte Kirche gegeben sei.14 Schwerwiegende Fragen sind entstanden, zu denen die regionale Tagung in Freiberg Stellung nehmen wird …«
Im weiteren Verlauf der Tagung begründete Oberkirchenrat Braecklein die Vorlage 6, »Kirchengesetz über die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche in der DDR«. (Vorlage 6 wird abschriftlich als Anlage übersandt.)
In der vorgetragenen Begründung hieß es u. a.: »Mit der Verabschiedung eines Kirchengesetzes über die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche in der Deutschen Demokratischen Republik geht die in Freiberg versammelte regionale Tagung der Generalsynode auf dem Wege weiter, der mit dem Kirchengesetz über eine regionale Gliederung der Organe der Vereinigten Kirche beschritten ist. Sie sagt sich von den übrigen Gliedkirchen der bisherigen Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands nicht los. Sie will auch künftig, so gut das möglich ist, an der Gemeinschaft des Glaubens und des Dienstes festhalten. Diese Gemeinschaft ist in 400-jähriger Geschichte gewachsen. Sie hat sich im Kampf der Bekennenden Kirche bewährt. Sie hat 1948 in Eisenach durch die Bildung der Vereinigten Kirche sichtbar Gestalt gewonnen. Die gemeinsame Arbeit in gegenseitiger Verantwortung ist reich gesegnet worden. Die Vereinigte Kirche in der DDR trägt mit ihrer institutionellen Selbstständigkeit der staatlich-politischen Situation Rechnung, die eine Rechtseinheit der Vereinigten Kirche in dem früheren Umfang nicht ermöglicht. Sie geht diesen Weg, um in der Lage, in die Gott seine Gemeinde geführt hat, den Dienst zu leisten, der ihr vom Herrn der Kirche aufgetragen ist. Der Vereinigten Kirche muss auch künftig daran gelegen sein, die in gemeinsamer Arbeit sich dokumentierende Verbundenheit mit den anderen Landeskirchen in der DDR weiterzuführen und zu vertiefen. Die regionale Tagung der Generalsynode bittet Bischofskonferenz und Kirchenleitung zu erwägen, wie diese Verbundenheit in geeigneter Weise gefördert werden kann.«
Die Bischöfe Mitzenheim, Noth und Beste sprachen sich für die Annahme des Kirchengesetzes über die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche in der Deutschen Demokratischen Republik aus, wobei Mitzenheim besonders die Notwendigkeit einer echten Verselbstständigung der evangelischen Kirchen in der DDR hervorhob.
Diese Vorlage wurde von den Synodalen einstimmig angenommen.
Das Gesetz ist mit dem 1. Dezember 1968 in Kraft getreten. Damit erhielt die bisherige Regionalsynode der VELKD in der DDR die Bezeichnung: Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in der Deutschen Demokratischen Republik.
Zum leitenden Bischof wurde Bischof Beste/Schwerin und zum Präses der Generalsynode wurde Oberkirchenrat Braecklein/Eisenach gewählt.
Während der Tagung wurden außerdem das Kirchenbeamtengesetz, das Gesetz betreffend Verfassungs- und Verwaltungsgericht und das Gesetz betreffend Verfassungsänderung einstimmig verabschiedet. Obwohl diese Gesetze nur für die lutherischen Kirchen Westdeutschlands verbindlich sind, war nach den bisherigen innerkirchlichen Bestimmungen für ihr Inkrafttreten die Annahme durch die Regionalsynode der VELKD in der DDR erforderlich. Diese Bestimmungen entfallen nach dem 1.12.1968 im Zusammenhang mit der Verselbstständigung der drei Evangelisch-Lutherischen Kirchen der DDR.
Anlage | 1 Blatt
Diese Information darf im Interesse der Sicherheit der Quelle nicht publizistisch ausgewertet werden.
Anlage zur Information Nr. 1376/68
Vorlage Nr. 6 | Entwurf
Die Generalsynode und Bischofskonferenz haben unter Wahrung der Vorschriften von § 6 Abs. 4 der Verfassung auf der regionalen Tagung der Generalsynode in Freiberg am 30.11.1968 das folgende Kirchengesetz über die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche in der Deutschen Demokratischen Republik beschlossen, das hiermit verkündet wird.
§ 1
(1) Die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche in der Deutschen Demokratischen Republik besteht aus der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens, der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen und der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs (Gliedkirchen).
(2) Organe der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in der Deutschen Demokratischen Republik sind die Bischofskonferenz, die Generalsynode und die Kirchenleitung. Gemeinsame Dienststelle ist das Lutherische Kirchenamt Berlin.
§ 2
(1) Die Bischofskonferenz besteht aus den Bischöfen der drei Gliedkirchen.
(2) Die Generalsynode besteht aus den Mitgliedern, die aus den drei Gliedkirchen in die IV. Generalsynode der Vereinigten Kirche entsandt oder berufen worden sind.
(3) Für die Zusammensetzung der Kirchenleitung gilt Absatz 2 entsprechend.
§ 3
Die Verfassung, die Kirchengesetze und die Ordnung der Vereinigten Kirche sind in sinngemäßer Anwendung geltendes Recht der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in der Deutschen Demokratischen Republik.
§ 4
Dieses Kirchengesetz tritt am 1. Dezember 1968 in Kraft.