Reisevergünstigungen und Verbindungen von DDR-Studenten in die ČSSR
14. März 1968
Einzelinformation Nr. 294/68 über Reisvergünstigungen und Verbindungen von DDR-Studenten in die ČSSR
Im Zusammenhang mit der Entwicklung der politischen Situation in der ČSSR gewinnen die durch den Internationalen Studentenbund (ISB)1 gewährten Vergünstigungen für Reisen und Aufenthalte in der ČSSR und anderen sozialistischen Ländern an Bedeutung, weil damit gleichzeitig vielseitige Verbindungsmöglichkeiten für Studenten der sozialistischen Länder zueinander und zu Studenten kapitalistischer Länder entstanden und erleichtert werden. So hat der ISB, dem Studenten- bzw. Jugendorganisationen der sozialistischen Länder und progressive Studentenorganisationen kapitalistischer Länder angehören, mit den Verkehrsministerien der sozialistischen Länder Vereinbarungen für Fahrpreisermäßigungen getroffen. Demnach können seit Jahren Studenten, die im Besitz eines sogenannten »Internationalen Studentenausweises« sind, Fahrpreisermäßigungen bis zu 50 % in Anspruch nehmen und verbilligt in Studentenheimen übernachten. Vereinbarungen mit kapitalistischen Ländern wurden nicht getroffen.
Diese Ausweise werden vom ISB an seine Mitgliedsorganisationen, so auch der FDJ, zur Ausgabe ausgeliefert. Von der FDJ werden derartige Ausweise über ihre Kreis- und Bezirksleitungen, in deren Bereich Universitäten, Hoch- und Fachschulen liegen, ausgegeben. Jeder Student in der DDR – auch die ausländischen Studenten – können bei der FDJ-Leitung der Universität oder Schule einen Ausweis beantragen. Nach Befürwortung durch diese Leitung wird der Ausweis ausgestellt und den Studenten ausgehändigt.
Maßstab für die Aushändigung eines derartigen Ausweises ist die Mitgliedschaft in der FDJ – soweit es sich um einen Studenten der DDR handelt –, seine politische Einstellung und Aktivität sowie seine Studienleistungen.
Bei der Ausgabe wird gleichzeitig eine Wertmarke von 5,00 Mark geklebt, ohne die der Ausweis nicht gültig ist. Eine solche Marke ist jährlich zum gleichen Preis bei den Bezirks- bzw. Kreisleitungen zu erwerben. Durch die FDJ wurden im Vorjahr ca. 1 800 derartige Ausweise ausgegeben. Im gleichen Zeitraum wurden 7 000 Marken verkauft, was der Zahl der gegenwärtigen Ausweise entspricht.
Neben den Mitgliedsorganisationen des ISB gibt der ISB in seiner Geschäftsstelle in Prag auch direkt diese Ausweise aus. Wer vom ISB in Prag einen Ausweis erlangen will, muss sich als Studierender ausweisen und den Betrag für die Wertmarke in Kronen bezahlen. Desgleichen können Inhaber dieses Ausweises gegen Bezahlung in Kronen Wertmarken für das jeweilige Jahr erwerben. Diese Möglichkeit wird vor allem von solchen Studenten genutzt, die an solchen Ausweisen interessiert sind, aber nicht den von der FDJ gestellten Bedingungen entsprechen.
Der ISB stellt außer der Vorlage des Studentenausweises und der Bezahlung in Kronen keine Bedingungen. Interessierte Studenten lassen sich daher durch Freunde bzw. Briefpartner in der ČSSR diese Ausweise besorgen.
1967 wurden auch vereinzelt solche Ausweise blanco mit Wertmarke zum Preise von 30,00 Mark gehandelt. Diese Ausweise sind nur in englischer, französischer und russischer Sprache gedruckt (Übersetzung im Anhang). Sie ersetzen nicht die für den internationalen Reiseverkehr notwendigen Dokumente und Reisevisa. Am 13.3.1968 kehrten mehrere Studenten der Martin-Luther-Universität in Halle von einem mehrtägigen Aufenthalt in der ČSSR während der Semesterferien zurück. Sie hatten dabei in Prag ihre »Internationalen Studentenausweise« verlängern lassen und eine Beatveranstaltung besucht. Dabei trafen sie auch mit Münchener Studenten zusammen, die an einer weiteren Zusammenkunft interessiert waren. Diese kam jedoch nicht zustande.