Republikflucht eines Mitarbeiters des Instituts für Hochseefischerei
14. August 1968
Einzelinformation Nr. 858/68 über die Republikflucht eines wissenschaftlichen Mitarbeiters des Instituts für Hochseefischerei und Fischverarbeitung Rostock nach Österreich
Am 10.8.1968 wurde der [Name, Vorname], geboren am [Tag, Monat] 1940, Diplom-Physiker, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Hochseefischerei und Fischverarbeitung Rostock, zuletzt wohnhaft Rostock-Brinckmannsdorf, [Straße, Nr.], parteilos, von seinem Urlaubsaufenthalt in Ungarn aus nach Österreich republikflüchtig. [Name] gelang es – unter Ausnutzung seiner Ausbildung als Tauchsportler –, den an der Grenze zwischen Ungarn und Österreich gelegenen Neusiedler-See zu durchqueren.
[Name] studierte von 1961 bis 1966 an der Universität Rostock Physik und legte im Februar 1967 – mit einjähriger Verzögerung infolge nur mäßiger Studienleistungen – sein Staatsexamen ab. Bereits vor Ablegung seines Staatsexamens arbeitete [Name] vom 10. Oktober 1966 bis Juni 1967 als Physiker an der Chirurgischen Universitätsklinik in Rostock, jedoch ohne festen Arbeitsvertrag bzw. feste Arbeitszeit. Ab Juni 1967 bis Dezember 1967 war er als Elektromonteur für Werterhaltungsarbeiten an der Universität Rostock beschäftigt und ging bis April 1968 keiner geregelten Arbeit nach. Am 2.4.1968 wurde er im Institut für Hochseefischerei und Fischverarbeitung Rostock in der Abteilung Organisation und Rechenzentrum als wissenschaftlicher Mitarbeiter eingestellt und gehörte einer Arbeitsgruppe an, die sich mit der Vorbereitung der Einführung der elektronischen Datenverarbeitung im Fischereiwesen beschäftigte. Aufgrund der Kürze seiner Beschäftigungsdauer ist er nicht mit Einzelheiten dieser Aufgabenstellung vertraut.
Der [Name] besaß einen unausgeglichenen Charakter und galt als Einzelgänger. Von seinem Professor und anderen Kollegen wird er allgemein als »Aufschneider« eingeschätzt. Nach Auffassung der Lehrkräfte der Universität war [Name] ein schlechter Physiker. An Arbeiten im Zusammenhang mit kernphysikalischen Problemen war [Name] nie beteiligt, aufgrund seiner charakterlichen Eigenschaften liegt jedoch die Vermutung nahe, dass [Name] nach Verlassen der DDR derartige Angaben macht, um sich aufzuwerten.
Seine politische Einstellung wird als prowestlich eingeschätzt. In der Freizeit beschäftigte er sich als Fotoamateur und Tauchsportler.
Der Vater des [Name] verließ bereits 1951 die DDR und lebt zurzeit in Holzen/Westfalen. Die Ehe seiner Eltern wurde 1959 geschieden, die Mutter arbeitet als Sekretärin beim Bezirksvorstand des FDGB in Rostock