Rowdyhafte Ausschreitungen mit Todesfolge in Oranienburg
16. September 1968
Einzelinformation Nr. 1038/68 über rowdyhafte Ausschreitungen mit Todesfolge in Oranienburg, [Bezirk] Potsdam
Durch die Organe der VP und des MfS wurden die Jugendlichen
- 1.
[Name 1, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1948 in Oranienburg, wohnhaft Oranienburg, [Straße, Nr.], Kfz-Schlosser im Dienstleistungskombinat Hennigsdorf;
- 2.
[Name 2, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1950 in Düsseldorf, wohnhaft Oranienburg, [Straße, Nr.], Arbeiter im Stahl- und Walzwerk Hennigsdorf;
- 3.
[Name 3, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1949, wohnhaft Oranienburg, [Straße, Nr.], Arbeiter im Kaltwalzwerk Oranienburg;
- 4.
[Name 4, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1950, wohnhaft Oranienburg, [Straße, Nr.], Betriebsschlosser im Kaltwalzwerk Oranienburg;
- 5.
[Name 5, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1950, wohnhaft Oranienburg, [Straße, Nr.], Arbeiter im Stahl- und Walzwerk Hennigsdorf
am 13.9.1968 wegen rowdyhafter Ausschreitungen und Gewalttätigkeiten gegenüber VP-Angehörigen und einer Zivilperson, die infolge dessen verstarb, festgenommen.
Die bisherigen Untersuchungen ergaben Folgendes:
Die genannten Jugendlichen zerschlugen am 12.9.1968 gegen 24.00 Uhr, nachdem sie zuvor mehrere Stunden in einer Gaststätte in Oranienburg gezecht hatten, die Fensterscheiben der Wartehalle einer Omnibushaltestelle. Die durch den Pförtner des Kaltwalzwerkes Oranienburg herbeigerufenen VP-Angehörigen (Kradstreife, zwei VP-Angehörige) versuchten die Jugendlichen zuzuführen. Der Kontrolle und Zuführung setzten die Jugendlichen erheblichen Widerstand entgegen, insbesondere der [Name 2], der einem der VP-Angehörigen mit einer Flasche über den Kopf schlug. Die anderen Jugendlichen machten sich währenddessen am Krad der VP-Angehörigen zu schaffen, sodass die VP-Streife von [Name 2] abließ, wodurch alle Jugendlichen entkommen konnten.
Anschließend hielten sich die Jugendlichen für kurze Zeit in der Gartenlaube des [Name 2] auf, tranken weiter Alkohol und begaben sich dann zu dem obengenannten [Name 5], bei dem sie schlafen wollten.
[Name 1] und [Name 3] verließen jedoch die Wohnung des [Name 5] und begaben sich zu einer anderen Gaststätte in Oranienburg.
In ihrer Begleitung befand sich die zwischenzeitlich hinzugekommene [Name 6, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1951, wohnhaft [Ort], Kreis Seelow, die als HWG-Person bekannt ist.
An der Gaststätte »Schloßpark« in Oranienburg kam es zwischen dem dort anwesenden [Name 7, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1944, wohnhaft Oranienburg, [Straße, Nr.], Arbeiter im Kaltwalzwerk Oranienburg, verheiratet, zwei Kinder, und dem [Name 1] zu einem heftigen Wortwechsel wegen der [Name 6], da sich der [Name 7] der [Name 6] unsittlich nähern wollte. Im Ergebnis dieses Wortwechsels wurde der [Name 7], der ebenfalls unter Alkoholeinwirkung stand, durch den [Name 1] niedergeschlagen. Er verstarb bei seiner Überführung ins Krankenhaus, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben. Nach bisher vorliegenden Informationen ist der Tod infolge Erstickung durch unsachgemäße Lagerung des [Name 7] eingetreten (Obduktion ist angeordnet).
[Name 1] war bereits wegen Notzuchtverbrechen und Körperverletzung sowie versuchten Grenzdurchbruchs von 1964 bis 1966 in Strafhaft. Bei [Name 2] handelt es sich um einen Zuziehenden aus Westdeutschland (Mai 1968), der wie [Name 5] bereits mehrfach wegen negativer Äußerungen beim MfS bekannt wurde.
Gegen die Personen [Name 1] und [Name 2] wurde Haftbefehl erlassen. Gegen [Name 5] wurde ein Ermittlungsverfahren ohne Haft eingeleitet.
Der Tatbeitrag der anderen Jugendlichen ist nach den Untersuchungen derart gering, dass sie nicht in Haft genommen wurden.
In der bisherigen Untersuchung konnten bei allen Beteiligten noch keine politischen Motive für die rowdyhaften Ausschreitungen und Gewalttätigkeiten festgestellt werden. Weitere Untersuchungen werden geführt.