Situation an den Grenzübergangsstellen der ČSSR zur DDR
10. September 1968
Einzelinformation Nr. 1019/68 über die Situation an den Grenzübergangsstellen der ČSSR zur DDR sowie über die Haltung der Mitarbeiter der Passkontrolle und des Zolls der ČSSR zu den Maßnahmen der Warschauer Vertragsstaaten
Nach der im Zusammenhang mit den Maßnahmen der fünf sozialistischen Staaten am 21.8.19681 erfolgten Schließung der Grenzübergangsstellen (GÜSt) der DDR zur ČSSR Zinnwald, Bad Schandau, Schmilka, Seifhennersdorf und Schönberg konnte bei der Mehrzahl der an den ČSSR-GÜSt tätigen Mitarbeiter der Passkontrolle und des Zolls eine ablehnende bis feindliche Haltung gegenüber den DDR-Kontroll- und Zollorganen festgestellt werden.
Die Leiter der DDR-GÜSt, die am 21.8.1968 mit den Verantwortlichen der ČSSR-GÜSt Kontakt aufnehmen wollten, wurden äußerst kühl und abweisend empfangen. Der übliche Handschlag bei der Begrüßung wurde von den meisten Verantwortlichen der ČSSR-GÜSt abgeschlagen. Sie gaben zu verstehen, dass sie mit dem Einrücken der Truppen der anderen sozialistischen Staaten in ihr Land nicht einverstanden seien. Fast alle Mitarbeiter bezeichneten den Truppeneinmarsch als »Okkupation«. Sie lehnten jeden persönlichen und freundschaftlichen Kontakt mit den Mitarbeitern der DDR-GÜSt ab und weigerten sich, das Territorium der DDR-GÜSt zu dienstlichen Absprachen zu betreten.
Bei allen Mitarbeitern der ČSSR-GÜSt herrschte eine große ideologische Verwirrung, auch bei solchen, die vor dem 21.8.1968 die Entwicklung in der ČSSR mit Besorgnis betrachtet und zum Ausdruck gebracht hatten, dass es so nicht mehr weitergehen könne. Das zeigte sich vor allem bei einigen Leitern der ČSSR-Passkontrolleinheiten, zu denen vor dem 21.8.1968 ein enger kameradschaftlicher Kontakt bestand. Einige von ihnen waren darüber schockiert, dass sie von sowjetischen Offizieren vorübergehend entwaffnet worden waren.
Diese Situation wurde von konterrevolutionären und negativen Kräften an den ČSSR-GÜSt ausgenutzt, um gegen die Maßnahmen der Warschauer Vertragsstaaten und insbesondere gegen die DDR Stimmung zu machen. Besonders negativ traten dabei die Angehörigen der ČSSR-Zollorgane in Erscheinung. Vor allem an den GÜSt Cínovec (DDR-GÜSt Zinnwald) und Varnsdorf (DDR-GÜSt-Seifhennersdorf) übten die Leiter des ČSSR-Zolls einen negativen Einfluss auf die Leiter und Mitarbeiter der ČSSR-Passkontrolleinheiten aus.
Am 21. bzw. 22.8.1968 wurden auf allen ČSSR-GÜSt die ČSSR-Staatsflaggen auf Halbmast gesetzt. Gleichzeitig wurden Hetzlosungen und -Transparente angebracht, so u. a. in Cínovec mit folgenden Texten: »Wie Diebe und Mörder kamen unsere Freunde zu uns in der Nacht!«, »Früher Freunde – heute Okkupanten – warum?« Ähnliche Losungen erschienen auch an den GÜSt Varnsdorf und Hřensko (DDR-GÜSt Schmilka).
Hinsichtlich der Forderungen der DDR-Grenzorgane, die Losungen und Transparente zu entfernen, gab es bei den Leitern der ČSSR-Passkontrolleinheiten unterschiedliche Reaktionen. Der Leiter der ČSSR-Passkontrolle in Varnsdorf, Hauptmann [Name 1], ließ ein von Mitarbeitern der dortigen Gemeindeverwaltung angebrachtes Transparent auf Verlangen der DDR-Organe sofort wieder entfernen.
Der Leiter der ČSSR-Passkontrolle an der GÜSt Cínovec, Major [Name 2], lehnte die Forderung unserer Genossen ab und erklärte, er könne nichts dagegen tun, da der Zoll darüber zu bestimmen habe. Der Leiter der ČSSR-Passkontrolle der GÜSt Hřensko, Major [Name 3], lehnte es ebenfalls ab, eine Hetzlosung zu entfernen.
Die Hetzlosungen an den ČSSR-GÜSt Cínovec und Hřensko wurden am 31.8.1968 von Mitarbeitern des MfS entfernt bzw. mit Farbe überstrichen.
In den Tagen nach dem 21.8.1968 verteilten Zöllner an den ČSSR-GÜSt wiederholt an sowjetische und DDR-Armeeangehörige sowie an zurückkehrende DDR-Touristen Flugblätter in deutscher, russischer und tschechischer Sprache, auf denen der Abzug der Truppen der fünf sozialistischen Staaten aus der ČSSR gefordert wird.
Als am 26.8.1968 um 12.00 Uhr zu Beginn eines sogenannten Generalstreiks in der ČSSR von vielen ČSSR-Fahrzeugen ein Hupkonzert veranstaltet wurde, waren auch die meisten Dienstfahrzeuge an den ČSSR-GÜSt daran beteiligt, z. B. auch der Leiter der Passkontrolle der GÜSt Cínovec, Major [Name 2].
Die nach dem 21.8. offen in Erscheinung getretene negative und zum Teil sogar feindliche Haltung der Mitarbeiter der ČSSR-Zollorgane machte sich neben den bereits genannten Fakten in der Folgezeit vor allem auch in einer verschärften Kontrolltätigkeit bemerkbar. Zurückkehrende DDR-Touristen wurden wiederholt beschimpft und schikanösen Kontrollen unterzogen.
Im Reiseverkehr gab es bei der Rückführung von Kindertransporten aus der ČSSR über die GÜSt Hřensko/Schmilka Schwierigkeiten. Die in Hřensko ankommenden Kindertransporte wurden festgehalten und sollten so lange dort bleiben, bis ein Gegentransport mit ČSSR-Kindern aus der DDR eintrifft. Erst nach wiederholten Protesten beim Leiter der ČSSR-Passkontrolle, Major [Name 3], gelang es, die Kindertransporte freizubekommen.
Nach dem 31.8., als die DDR-GÜSt zur ČSSR wieder geöffnet wurden, begann sich die Lage an der Mehrzahl der ČSSR-GÜSt zu beruhigen und teilweise zu normalisieren. In der Haltung und Einstellung der einzelnen Leiter, Passkontrolleure und Zöllner zu den Maßnahmen vom 21.8. und zur DDR gibt es eine starke Differenzierung. Eine Anzahl Mitarbeiter der ČSSR-Passkontrolle und des Zolls ist nach wie vor nicht von der Notwendigkeit der Hilfe der sozialistischen Bruderländer überzeugt. Sie lehnen jeglichen Kontakt mit den Mitarbeitern der DDR-GÜSt ab.
Ein anderer Teil, der sich zwar auch noch nicht mit den Maßnahmen einverstanden erklärt, beginnt aber bereits über deren Notwendigkeit nachzudenken und ist bemüht, darüber Klarheit zu erhalten. Sie suchen teilweise, wenn auch oftmals noch verdeckt, Kontakt zu den Mitarbeitern der DDR-GÜSt und sind zunehmend an einer reibungslosen dienstlichen Zusammenarbeit interessiert. Dabei handelt es sich fast ausschließlich um Mitarbeiter der Passkontrolleinheiten.
In den ČSSR-Passkontrolleinheiten gibt es bereits Mitarbeiter, wenn auch zzt. noch in der Minderheit, die nach anfänglichen Schwankungen und Unsicherheiten wieder eine klare politische Haltung beziehen und mit den Maßnahmen der sozialistischen Bruderländer einverstanden sind. Sie arbeiten vorbehaltlos mit den DDR-Mitarbeitern der GÜSt zusammen und geben ihnen oftmals Informationen und Hinweise von politisch-operativem Interesse.
Die ČSSR-Zollorgane verhalten sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt ruhig und treten nicht mehr offen provokatorisch in Erscheinung. Es gibt jedoch nach wie vor Beispiele, insbesondere an der GÜSt Cínovec, dass sie gegenüber DDR-Bürgern verschärfte Kontroll- und Zollmaßnahmen durchführen.
Auf den Bahnhöfen mit Güter-GÜSt, Bad Schandau, Ebersbach und Zittau, treffen bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch immer noch aus der ČSSR kommende und von den ČSSR-Zollorganen abgefertigte Güterwagen mit antisozialistischen Losungen und Schmierereien ein. In Güterwaggons werden wiederholt Flugblätter und andere Schriften, die gegen die Maßnahmen der Warschauer Vertragsstaaten gerichtet sind, aufgefunden.
Lage an den einzelnen ČSSR-GÜSt
GÜSt Varnsdorf (DDR-GÜSt Seifhennersdorf)
Mit dem Leiter der ČSSR-Passkontrolle, Hauptmann [Name 1], ist das vor dem 21.8.1968 vorhanden gewesene gute Verhältnis wiederhergestellt worden. Hauptmann [Name 1] hat es verstanden, den negativen Einfluss des Leiters des Grenzsollamtes Varnsdorf, [Name 4], weitgehend zurückzudrängen. Hetzplakate wurden auf Betreiben von [Name 1] von der GÜSt entfernt. Er führte bereits am 23.8. mit seinen Mitarbeitern eine Dienstversammlung durch, wo er sie aufforderte, ihr Verhältnis zu den Mitarbeitern der DDR-GÜSt zu überprüfen und keine negativen Handlungen zu dulden.
Der Leiter des Zolls macht nach wie vor aus seiner feindlichen Einstellung keinen Hehl. Von einzelnen Zöllnern wurden unsere Mitarbeiter, wenn auch noch versteckt, bereits wieder gegrüßt.
GÜSt Cínovec (DDR-GÜSt Zinnwald)
Mit dem Leiter der ČSSR-Passkontrolle, Major [Name 2], besteht dienstlicher Kontakt. Er lehnt es jedoch ab, das Territorium der DDR zu betreten. Es soll eine Weisung des Leiters der Hauptabteilung Passkontrolle in Prag, Oberstleutnant [Name 5], geben, wonach es den ČSSR-Passkontrolleuren verboten sei, das Gebiet der DDR zu betreten.
Organisator und Initiator der provokatorischen Handlungen an der GÜSt war der Leiter des Grenzzollamtes von Cínovec, [Name 6]. Auf sein Betreiben wurden DDR-Bürger und -Fahrzeuge verschärften Zollkontrollen unterzogen.
Ein in der Nacht vom 31.8. zum 1.9.1968 von Zöllnern angebrachtes Hetztransparent wurde kurze Zeit später von Passkontrolleuren wieder entfernt.
Seit dem 1.9.1968 werden von der Passkontrolle der GÜSt Cínovec die früher getroffenen Vereinbarungen über die Meldung verdächtiger bzw. interessanter Ein- und Ausreisen wieder eingehalten.
GÜSt Hřensko (DDR-GÜSt Schmilka)
Der Leiter der ČSSR-Passkontrolle, Major [Name 3], erscheint seit dem 21.8.1968 zu Absprachen mit unseren Genossen nur noch in Begleitung eines bisher unbekannten Hauptmanns. [Name 3] war mit der Entwicklung in der ČSSR vor dem 21.8.1968 nicht einverstanden. Über die Maßnahmen der fünf sozialistischen Staaten in der ČSSR äußerte er sich bisher nicht. Er verhält sich reserviert, ist jedoch an einer weiteren Zusammenarbeit mit den DDR-Organen interessiert. Über bestimmte Vorkommnisse im Reiseverkehr informiert er nach wie vor telefonisch unsere Genossen. Andererseits kam er der Forderung, eine Hetzlosung an der GÜSt zu entfernen, nicht nach. Sie musste deshalb am 31.8.1968 von Mitarbeitern des MfS entfernt werden.
GÜSt Vojtanov (DDR-GÜSt Schönberg)
Zwischen der GÜSt Schönberg und der ČSSR-GÜSt Vojtanov gab es bisher nur Kontakte auf dienstlicher Ebene. Der Leiter der GÜSt Vojtanov, Major [Name 7], war von jeher gegenüber unseren Mitarbeitern reserviert aufgetreten und hat jeden persönlichen Kontakt abgelehnt. Nach dem 21.8. ist er gegen die Maßnahmen der fünf sozialistischen Staaten aufgetreten und hat den Einmarsch der Truppen als Okkupation bezeichnet. Nach seiner Meinung gebe es in der ČSSR keine Konterrevolutionäre. Die gleiche Auffassung wird von seinem Stellvertreter, Hauptmann [Name 8], vertreten.
Die politische Einstellung der meisten Mitarbeiter der Passkontrolle und des Zolls der GÜSt Vojtanov, die bereits vor dem 21.8. als labil eingeschätzt wurde, nahm nach dem 21.8.1968 solche negativen Formen an, dass z. B. am 26.8.1968 die von der Passkontrolleinheit Schönberg in den letzten Jahren übergebenen Geschenke in einem Karton verpackt zurückgeschickt wurden. Bis zum 31.8.1968 bestand zwischen der GÜSt nur eine telefonische Verbindung.
Am 31.8. fand eine Aussprache mit Major [Name 7] unmittelbar an der Grenzlinie statt, da er es ablehnte, zur GÜSt Schönberg zu kommen. Am 3.9. fand er sich erstmalig wieder zu einer Unterredung in Schönberg bereit. Sein Verhalten und Auftreten ist jedoch nach wie vor ablehnend und reserviert.
Anlage zur Information Nr. 1019/68
Zur Haltung von Mitarbeitern der Staatssicherheitsorgane der ČSSR zur gegenwärtigen Lage
ZAIG, Berlin, den 10.9.1968
Seit dem 26.8.1968 gab es mehrere Aussprachen zwischen verantwortlichen Mitarbeitern des MfS und den ČSSR-Sicherheitsorganen. So u. a. mit dem Leiter der Kreisverwaltung Ústí, dem Leiter und einem Mitarbeiter der Untersuchungsabteilung Plzeň, dem stellvertretenden Leiter der Untersuchungsabteilung České Budějovice und einem leitenden Mitarbeiter der Staatssicherheit in Karlovy Vary. Bei diesen Unterredungen kam zum Ausdruck, dass es in den Reihen der Staatssicherheit in der ČSSR unterschiedliche Auffassungen zu den Maßnahmen am 21.8.1968 gibt. Während ein großer Teil der Mitarbeiter der ČSSR-Sicherheitsorgane die Maßnahmen der sozialistischen Bruderländer in der ČSSR begrüßt und selbst darauf wartet, gegen konterrevolutionäre Elemente vorgehen zu können, verhält sich ein anderer Teil widersprüchlich bzw. abwartend zu den Vorgängen in der ČSSR.
Eine negative bzw. abwartende Haltung wurde von Mitarbeitern der Kreisverwaltung Ústí eingenommen. Sie brachten in einer Unterredung am 26.8.1968 zum Ausdruck, dass die Situation in der ČSSR eine nationale Tragödie sei. Bei einer weiteren Aussprache am 2.9.1968 vertraten sie u. a. folgende Auffassungen:
- –
Die Maßnahmen der fünf Bruderländer seien zwar keine Okkupation, aber ein großer politischer Irrtum.
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Das tschechoslowakische Volk sei hinsichtlich seiner nationalen Einheit noch nie so stark gewesen wie heute.
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Die Organe für Staatssicherheit unternehmen nur auf Befehl der Regierung irgendwelche Maßnahmen »gegen das Volk«.
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Von Konterrevolution sei ihnen nichts bekannt.
Sachlichen Argumenten der Mitarbeiter des MfS wurde damit begegnet, es müssten erst nähere Weisungen abgewartet werden.
Widersprüchliche Auffassungen vertraten auch die Mitarbeiter der Untersuchungsabteilung Plzeň in einer Aussprache am 3.9.1968. Einerseits lehnten sie den Einmarsch der Truppen der sozialistischen Bruderländer ab und bezeichneten die Maßnahmen als einen großen politischen Schaden, andererseits mussten sie selbst zugeben, dass die Arbeit der Staatssicherheit in der ČSSR systematisch eingeengt worden sei und dass sie sich mit den Feinden im Innern nicht befassen durften.
Die Mitarbeiter der Staatssicherheit hätten die Entwicklung in der ČSSR vor dem 21.8.1968 mit Besorgnis verfolgt. Weiter erklärten sie, dass sie auch jetzt noch nicht nach innen arbeiten dürften, sie würden aber hoffen, dass der neue Innenminister2 ihnen wieder freie Hand gebe. Es werde für sie schwer werden, sich wieder eine Basis für ihre Arbeit zu schaffen. Hinzu käme, dass sie in ihrer Arbeit gegen die Konterrevolutionäre und in der Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern des MfS Gefahr laufen würden, von der Bevölkerung als Kollaborateure bezeichnet zu werden. Ihre Aufgabe bestehe jetzt darin, Ruhe, Ordnung und Sicherheit herzustellen und zu gewährleisten. Nach ihrer Ansicht sei es gegenwärtig politisch massenwirksamer, wenn sich die Feinde selbst entlarven würden, indem sie aus der ČSSR flüchten, die ČSSR damit verraten und sich in Westdeutschland und Österreich in Rundfunk und Fernsehen präsentieren. Das wäre gegenwärtig besser als diese Leute zu verhaften.
In einer am 4.9.1968 mit dem stellvertretenden Leiter der Untersuchungsabteilung České Budějovice und einem weiteren Mitarbeiter dieser Dienststelle geführten Unterredung brachten diese ihre Zustimmung zu den Maßnahmen vom 21.8.1968 zum Ausdruck. Sie teilten mit, dass es innerhalb der ČSSR-Sicherheitsorgane unterschiedliche Auffassungen über den Einsatz der fünf befreundeten Armeen in der ČSSR gäbe. In der Kreisverwaltung České Budějovice herrsche jedoch Klarheit darüber, dass es unbedingt erforderlich war und ist, entscheidende Maßnahmen gegen die Konterrevolution einzuleiten. Die Staatssicherheitsorgane hätten noch keine Genehmigung erhalten, gegen Konterrevolutionäre vorzugehen. Die Mitarbeiter baten das MfS, Material vorzubereiten, welches Aufschluss über Konterrevolutionäre in der ČSSR gibt, und dieses ihnen zur gegebenen Zeit zu übergeben. Sie sprachen sich für eine weitere systematische Zusammenarbeit mit dem MfS aus.
Von der Regierung der ČSSR erhoffen sie sich, dass aus der konterrevolutionären Entwicklung die notwendigen Schlussfolgerungen gezogen werden und die Staatssicherheit aus dem Innenministerium herausgelöst und ein eigenes Ministerium für Staatssicherheit mit Vollmachten nach innen und außen gebildet wird.
Bei einer Unterredung mit einem leitenden Mitarbeiter der Dienststelle Karlovy Vary am 6.9.1968 gab dieser folgende Schilderung der Situation in den Sicherheitsorganen: Die Mitarbeiter der Staatssicherheit in Karlovy Vary stehen zu den Maßnahmen am 21.8.1968 bis auf einige junge Mitarbeiter, die eine schwankende bzw. ablehnende Haltung einnehmen.
Die Miliz versuche die Staatssicherheit unter ihre Kontrolle zu bringen. Sie habe die Kfz-Kennzeichen der Mitarbeiter der Staatssicherheit auf Flugblättern und Plakaten veröffentlicht und die Benutzer der Fahrzeuge als Verräter und Kollaborateure bezeichnet. Diese Flugblätter und Plakate waren mit einem roten Stern mit Hakenkreuz versehen. Mitarbeitern der Staatssicherheit sei von Milizangehörigen gedroht worden: »Wenn die Russen abziehen, verliert ihr eure Existenz.«
Jeder Mitarbeiter der Staatssicherheit, der mit sowjetischen Genossen spricht, wird von der Miliz als Verräter bezeichnet. Die Miliz arbeite offen mit den Konterrevolutionären zusammen. Mitglieder des »Klubs 231«3 seien als Hilfspolizisten eingesetzt worden.