Tagung des »Johann-Gerhard-Instituts« Potsdam in Berlin-Weißensee
11. Mai 1968
Einzelinformation Nr. 522/68 über eine Tagung des »Johann-Gerhard-Instituts« Potsdam in der Zeit vom 13. bis 17. Mai 1968 in Berlin-Weißensee
Dem MfS wurde zuverlässig bekannt, dass das »Johann-Gerhard-Institut«1 Potsdam, Weinbergstraße, in der Zeit vom 13. bis 17.5.1968 im Stephanusstift2 Berlin-Weißensee eine sogenannte Pfarrerstudientagung der »Evangelischen Kirche der Union« (EKU) über das Thema »Futurologie und Ethik (Aspekte zur Gewinnung des Friedens in der Zukunft)« durchführt.
Das »Johann-Gerhard-Institut« ist ein kirchliches Forschungsinstitut, das sich vor allem mit Problemen des Marxismus und des Atheismus beschäftigt.
Die Leitung der Tagung hat Pfarrer Staak,3 Potsdam (Leiter des »Johann-Gerhard-Instituts«). Die Eröffnung der Tagung erfolgt am 13.5.1968, 19.00 Uhr, durch Oberkonsistorialrat Jungklaus4/Berlin.
Das Programm sieht folgende Referate vor:
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»Ist Vermenschlichung der Technik möglich?« Referent Dr. Robert Jungk5/Wien;
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»Deshumanisierende Entwicklungstendenzen heute und christliche Verantwortung diesen entgegen.« Referent Prof. Dr. Dr. Fritsche6/Berlin;
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»Perspektive der Welternährung« Referent Prof. Dr. Dr. Baade7/Kiel.
Bei den Teilnehmern an der Tagung handelt es sich um ca. 50 bis 60 Pfarrer aus der DDR, die eng mit dem »Johann-Gerhard-Institut« zusammenarbeiten und zur Teilnahme besonders eingeladen wurden.
Von der Tagungsleitung wurde Wert darauf gelegt, dass diese Veranstaltung nur wenigen Personen bekannt wird. Im Programm, das den Tagungsteilnehmern zur Verfügung gestellt wurde, sind die Referenten nicht angegeben.
Für Dr. Robert Jungk besteht seit längerer Zeit eine generelle Einreisesperre in die DDR.
Prof. Dr. Baade (Direktor des »Instituts für Weltwirtschaft«, Kiel, und des »Forschungsinstituts für Wirtschaftsfragen der Entwicklungsländer e. V.«, Bonn) unterhält Beziehungen zu Wissenschaftlern sozialistischer Länder, u. a. auch zu Prof. Kuczynski8/Berlin. Baade ist als Gegner der Bonner Notstandsgesetzgebung und der Atomaufrüstung bekannt. Baade unterhält weiter Kontakte zu linken Kreisen der SP.9 In einigen Interviews hat er eine relativ positive Stellung zur Entwicklung in der DDR eingenommen.
Es wird gebeten zu entscheiden, ob Baade die Einreise in die DDR gestattet werden soll.