US-Forderungen bei Visabeantragung von DDR-Chemieexperten
25. April 1968
Einzelinformation Nr. 454/68 über amerikanische Forderungen in Verbindung mit der Visa-Beantragung für eine Reise von Chemieexperten der DDR in die USA
Vertreter des DDR-Außenhandelsunternehmens Chemieanlagen-Export/Import wollten im Zusammenhang mit dem Vertragsabschluss über den Bau einer Anlage zur Erzeugung von Niederdruckpolyäthylen in der DDR mit der englischen Firma Vickers-Zimmer eine bestehende Referenzanlage der Firma Sinclair-Coppers in den USA besichtigen. Die Visa wurden am 2.2.1968 beantragt.
Am 2.2.1968 fand das erforderliche »Interview« mit einem gewissen Mr. [Name 1] von der Konsularabteilung der US-Mission in Westberlin statt. Bei diesem Gespräch wurde von amerikanischer Seite erklärt, dass das State Department die Visa-Erteilung von der Freilassung bzw. der Möglichkeit der Kontaktaufnahme mit den in der DDR inhaftierten amerikanischen Staatsbürgern Feinauer und [Name 2] abhängig gemacht habe.
Auf Empfehlung des Lieferanten der Anlage sprachen am 2.4.1968 Dr. [Name 3], [Name 4] (VEB Buna) und [Name 5] (Chemieanlagenbau) erneut bei der Konsularabteilung vor und wollten die Visa für die Reise in die USA abholen. Die DDR-Bürger wurden abweichend von der üblichen Praxis in ein Haus gebracht, das vom Militär bewacht war. Dort hatten sie eine Besprechung mit einem gewissen »[Name 6]«. Die DDR-Bürger gewannen in dem Zimmer von »[Name 6]« den Eindruck, dass sie sich in einer Spionagezentrale befanden. Unter anderem waren in diesem Zimmer einige elektronische Apparaturen in Betrieb.
»[Name 6]« sprach die DDR-Bürger sofort auf die in der DDR inhaftierten Amerikaner an und stellte die Frage, ob sie »etwas mitgebracht« hätten.
Die DDR-Vertreter nahmen dazu nicht Stellung, sondern erklärten, dass sie Visa für ihre USA-Reise beantragen wollten. »[Name 6]« gab zu verstehen, dass unter diesen Umständen (Nichterfüllung der Forderungen hinsichtlich der inhaftierten Amerikaner) keine Visa erteilt würden. Er wies [Name 1] an, das »Interview«, die formale Voraussetzung für die Bearbeitung der Visa-Anträge, nicht durchzuführen. Daraufhin reisten die DDR-Vertreter in die DDR-Hauptstadt zurück.
»[Name 6]« arbeitet in der Ostabteilung der amerikanischen Mission in Westberlin. Aus den Jahren 1966/67 liegen Hinweise vor, dass »[Name 6]« sehr häufig in die Hauptstadt der DDR eingereist ist. Er benutzte jedes Mal ein anderes Fahrzeug und hielt sich in der Regel nicht länger als eine Stunde in der DDR-Hauptstadt auf. Sein von ihm häufig benutzter Diplomatenpass hat die Nr. 25 243. Folgende Personalangaben sind über »[Name 6]« bekannt:
[Vorname Name 6], geb. [Tag, Monat] 1936 in New Jersey, wohnhaft Westberlin-Dahlem, [Straße], Tel.-Nr.: [Nr.] (privat), Dienst-Nr.: 75 65, Größe: 1,85–1,90, dunkelblondes Haar, ovales Gesicht