Verhinderter Grenzdurchbruch mit Schusswaffe in Babelsberg
[ohne Datum]
Einzelinformation Nr. 1272/68 über einen verhinderten Grenzdurchbruch unter Anwendung der Schusswaffe mit Todesfolgen im Raum Potsdam-Babelsberg (Abschnitt Klein-Glienicke)
Am 15.11.1968, gegen 22.55 Uhr, kam es im Abschnitt Klein-Glienicke zu einem Feuerwechsel zwischen den zur Grenzkontrolle eingesetzten Angehörigen des Grenzregimentes 48, 3. Kompanie:
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Feldwebel [Name, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1946, wohnhaft Nossen, [Straße, Nr.], NVA seit Mai 1966, ledig, Mitglied der SED, Zugführer für Grenzsicherung;
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Kraftfahrer und Begleitposten, Gefreiter Henniger, Rolf, geboren 30.11.1941, wohnhaft Saalfeld, [Straße, Nr.], NVA seit 1.11.1967, parteilos, verheiratet, und dem
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Wachtmeister der DVP, Körner, Horst, geboren 12.7.1947, wohnhaft Greppin bei Bitterfeld, [Straße, Nr.], DVP seit 1.9.1967, Dienststelle: VPKA Bitterfeld, Abteilung K, zzt. Lehrgangsteilnehmer an der Kriminalpolizeischule Potsdam, Mitglied der SED, ledig.
Dabei wurden der Gefreite Henniger und der Körner tödlich verletzt.
Die bisherigen Untersuchungen ergaben Folgendes:
Körner war am 15.11.1968 in der Zeit von 21.00 bis 23.00 Uhr als Streifenposten zur Absicherung des Schulobjektes eingesetzt. Die Bewaffnung bestand aus einer MPi-Kalaschnikow und 45 Schuss Munition. Gegen 22.55 Uhr wurde bei der Wachablösung das Fehlen des Körner festgestellt. Sofort eingeleitete Suchmaßnahmen unter Einbeziehung der zuständigen Einheit der NVA Grenze ergaben, dass sich der Körner in Richtung Staatsgrenze bewegt hat.
Die Streife der NVA Grenze unter Führung von Feldwebel [Name] bemerkte beim Einbiegen zum Grenzkontrollpunkt im Abschnitt Klein-Glienicke an der Straßenkurve eine hinter einem Baum stehende Person in Uniform. (Der Körner befand sich hier bereits im Grenzgebiet.) Feldwebel [Name] ließ das Kfz halten und zurückfahren. Bei diesem Vorgang trat der Körner hinter dem Baum hervor und eröffnete aus einer Entfernung von ca. 6 m das Feuer auf das Kfz. Dabei wurde der Kraftfahrer und Begleitposten, Gefreiter Henniger, durch Schüsse in Kopf und Brust tödlich verletzt. (Kühlerhaube und Windschutzscheibe wiesen 14 Einschüsse auf.) Insgesamt wurden durch Körner 15 Schuss abgefeuert. Feldwebel [Name] verließ sofort das Kfz und eröffnete seinerseits das Feuer aus ca. 10 bis 12 m Entfernung auf den Körner, wobei dieser tödlich verletzt wurde. (Durch Feldwebel [Name] wurden insgesamt 30 Schuss aus der Maschinenpistole Kalaschnikow abgefeuert.)1
Die Untersuchungen ergaben weiter, dass es sich bei dem VP-Angehörigen Körner um einen Menschen handelt, der in seiner Einstellung zur Staats- und Gesellschaftsordnung der DDR als positiv eingeschätzt wurde, jedoch charakterlich labil in Erscheinung trat. Das zeigte sich darin, dass er sich nicht in der Lage fühlte, die an ihn gestellten Anforderungen als Kriminalpolizist zu erfüllen, indem er Hemmungen, insbesondere gegenüber straffällig in Erscheinung getretenen Bürgern, zeigte und auch deshalb bereits im März 1968 den Antrag stellte, aus der DVP entlassen zu werden. Nach einer Aussprache durch die Amtsleitung des VPKA Bitterfeld zog er diesen Antrag zurück. Auch gegenüber in seinem Heimatort wohnenden ehemaligen Arbeitskollegen äußerte Körner, dass ihm die Tätigkeit als VP-Angehöriger nicht zusage. Aus dem Inhalt eines Textes, den Körner am 15.11.1968 an seine Mutter richtete und der in seinen Unterlagen sichergestellt wurde, ist zu schließen, dass die Handlung nicht im Affekt begangen wurde, sondern durch ihn vorbereitet worden war, wobei er seinen eigenen Tod mit einkalkulierte.
Körner stammt aus einer Arbeiterfamilie. Der Vater ist im Elektrochemischen Kombinat Bitterfeld als Tischler beschäftigt. Er gehört keiner Partei an. Die Mutter ist Hausfrau. Die Schwester des Körner ist als Stenotypistin im VEB Gleisbau-Union Bitterfeld tätig. Sie war von 1955 bis 1961 in Westdeutschland bei der EMAG im gleichen Beruf beschäftigt.
Die Untersuchungen zur allseitigen Herausarbeitung der Motive, Beweggründe bzw. Ursachen und begünstigenden Bedingungen werden fortgesetzt.