Vorbereitung der Generalsynode der EKD in Westberlin und Halle
25. September 1968
Einzelinformation Nr. 1072/68 über die Vorbereitung der Generalsynode der »Evangelischen Kirche in Deutschland« (EKD) im Oktober 1968 in Westberlin und in Halle/Saale
In Ergänzung unserer Information Nr. 1059/68 vom 23.9.1968 wurde dem MfS aus Kreisen des Evangelischen Konsistoriums der Landeskirche Berlin-Brandenburg in Westberlin und des Publizistischen Zentrums der evangelischen Kirche in Westberlin Folgendes bekannt:
Am 18.9.1968 wurden in Westberlin in einer Sitzung des Rates der »EKD« die Thematik und Tagesordnung für die Teilsynode der »EKD« in Westberlin (6.–11.10.1968) festgelegt. Mehrfach wurde dabei betont, dass auf der Teilsynode der »EKD« in Halle (2.–4.10.1968) die gleichen Probleme stehen würden.
Das Gesamtthema der Synode lautet: »Die Zukunft der Kirche und der Welt.« Diese Problemstellung sei, wie im Publizistischen Zentrum der evangelischen Kirche in Westberlin eingeschätzt wird, das umfassendste Thema, das je eine Synode behandelt habe.
Unter diesem Thema sollen grundlegende programmatische Ausführungen gemacht und Festlegungen getroffen werden. Während der Teilsynode in Westberlin sollen folgende Referate gehalten werden:
- 1.
»Entwicklungsprobleme der Weltgesellschaft« – Dr. Max Kohnstamm,1 Brüssel
- 2.
»Strukturprobleme der Industriegesellschaft« – Prof. Dr. Heinz Sohn,2 Essen (leitender Direktor im Krupp-Konzern)
- 3.
»Die Weltverantwortung der Kirche in einem revolutionären Zeitalter« – Prof. Dr. Helmut Gollwitzer,3 Westberlin
Ferner sind drei Referate bzw. Diskussionsbeiträge über die »Verantwortung des Laien« vorgesehen. Die Referenten Kohnstamm und Sohn sind Vertreter der imperialistischen Konvergenztheorie. Außerdem sollen der Ratsvorsitzende und der Leiter des Diakonischen Werkes Berichte vortragen. Weiter werden Gesetzentwürfe über Haushalts- und Personalbestimmungen vorgelegt. Die Akzente des Berichtes des Rates der »EKD« und der Referate in Bezug auf aktuelle Probleme, die mit den Ereignissen in der ČSSR im Zusammenhang stünden, müssten – so wurde während der Sitzung betont – vorher erörtert werden.
Im weiteren Verlauf der Sitzung des Rates der »EKD« in Westberlin wurde betont, die Tagung der »EKD«-Synode für die Gliedkirchen der DDR, die vom 2. bis 4.10.1968 in Halle/Saale stattfinden solle, sei lediglich als eine »Informationstagung« deklariert worden, um die Arbeit der Strukturkommission nicht zu gefährden.
In Wirklichkeit handele es sich jedoch um eine gesamtdeutsche Synode der »EKD«, wobei für die Synode in Halle die gleichen Probleme stünden wie für die in Westberlin. Bischof Schönherr,4 Berlin, solle in Halle offiziell in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Strukturkommission über die Ergebnisse der bisherigen Arbeit in Bezug auf die Schaffung eines »Bundes evangelischer Kirchen in der DDR« berichten.
Präses Figur,5 Berlin, habe sich – so wurde in informierten Kreisen der evangelischen Kirche in Westberlin vertraulich erörtert – zum Inhalt der Vorschläge der Strukturkommission, die den Synodalen in Halle/Saale unterbreitet werden sollen, wie folgt geäußert: Die Organisationsfragen sollen so gelöst werden,
- –
dass der Staat die zu schaffende Zentrale akzeptiert,
- –
dass Pionierarbeit für den Gesamtbereich der »EKD« geleistet wird, indem es möglichst zu einer Abendmahlsgemeinschaft, zu einer Koordinierung der Jugendarbeit der Kirchen im Raum der DDR sowie der Frauen- und Männerarbeit und aller anderen Werke kommt,
- –
dass aber selbstverständlich die »Einheit der EKD« nicht aufgegeben wird.
Figur würde aber bei seiner Eröffnungsrede in Halle ausführlich Bezug nehmen auf die Wünsche, die vor 20 Jahren bei der Gründung der »Evangelischen Kirche in Deutschland« in Eisenach von den Vertretern der Sowjetischen Militäradministration und staatlicher Organe mit auf den Weg gegeben worden seien. Das werde für die Widersacher der »EKD« nicht angenehm sein.
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