Vorkommnis zwischen dem Handelsvertreter Guineas und zwei Chinesen
9. Oktober 1968
Einzelinformation Nr. 1113/68 über ein Vorkommnis zwischen dem Leiter der Handelsvertretung der Republik Guinea in der DDR und zwei chinesischen Staatsbürgern
Am 3.10.1968, gegen 1.00 Uhr, kam es vor dem Haus der Ministerien in der Leipziger Straße zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Leiter der Handelsvertretung der Republik Guinea in der DDR, Keita, Cheik, Diplomatenkarte 0479, wohnhaft Berlin-Karlshorst, Überseestraße 34, und den in Westberlin wohnhaften chinesischen Staatsbürgern [Name 1, Vorname 1], geboren [Tag, Monat] 1941 in Leipzig, wohnhaft Berlin 42, [Straße, Nr.], und [Name 2, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1914, wohnhaft Berlin, [Straße, Nr.], bei der der Leiter der Handelsvertretung der Republik Guinea tätlich angegriffen wurde.
Die bisherigen Untersuchungen ergaben Folgendes: Herr Keita wartete nach Abschluss der Feierlichkeiten anlässlich des Jahrestages der Unabhängigkeit der Republik Guinea vor dem Haus der Ministerien auf seinen Wagen, polizeiliches Kennzeichen CD 20–01, Fahrer: [Name 3, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1941, wohnhaft Berlin, [Straße, Nr.].
Auf dem Weg zum Haus der Ministerien hat [Name 3] beim Einbiegen von der Französischen Straße in die Friedrichstraße dem aus Richtung Unter den Linden kommenden Volkswagen, polizeiliches Kennzeichen B- [Nr.], die Vorfahrt genommen. (Durch beiderseits starkes Bremsen wurde ein Unfall verhindert.) Daraufhin folgte der Volkswagen dem Diplomatenfahrzeug bis zum Haus der Ministerien. Dort kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen [Name 3] und den erwähnten chinesischen Insassen des Volkswagens wegen des verkehrswidrigen Verhaltens des [Name 3].
Als sich der Leiter der Handelsvertretung der Republik Guinea, der von [Name 3] über dieses Vorkommnis informiert worden war, in die mündliche Auseinandersetzung mit der Absicht einschaltete, sich für das Verhalten des [Name 3] zu entschuldigen, versetzte ihm der chinesische Bürger [Name 2, Vorname] einen Faustschlag, wodurch Keita eine 1 cm lange Platzwunde unterhalb des rechten Auges erhielt. Anschließend bestiegen die beiden Chinesen den Volkswagen und fuhren zur GÜSt Friedrich-/Zimmerstraße, wo der Täter [Name 2, Vorname] gegen 1.15 Uhr nach Westberlin ausreiste, ohne dass zu diesem Zeitpunkt schon etwas über sein tätliches Vorgehen bekannt war. Sein Begleiter [Name 1, Vorname 1] fuhr danach in die Hauptstadt der DDR zurück und reiste erst gegen 17.00 Uhr des 3.10.1968 aus. (Beide chinesischen Staatsbürger waren am 2.10.1968 gegen 20.00 Uhr mit dem Volkswagen in die Hauptstadt der DDR eingereist.)
Die Untersuchungen erbrachten keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei dem Vorkommnis um eine bewusst vorbereitete politische Provokation gegenüber dem Keita bzw. seinem Land handelte. Auch vom bereits erwähnten Fahrer [Name 3], der sich seines Verkehrsvergehens bewusst ist, wird eingeschätzt, dass es nicht zu diesem Zwischenfall gekommen wäre, wenn er sich bereits an der Friedrich-/Französischen Straße bei den Insassen des Volkswagens entschuldigt hätte.
Über den Täter [Name 2, Vorname] liegen keine weiteren Hinweise vor. [Name 1, Vorname 1] ist ein häufiger Besucher der Hauptstadt der DDR und reiste im Jahre 1968 bis zum 7.9.1968 bereits 102 Mal in die Hauptstadt der DDR ein. Er besucht öfters die Chinesische Botschaft in Berlin-Karlshorst und unterhält umfangreiche Verbindungen zu Bürgern der DDR. [Name 1, Vorname 1] ist der Sohn des in Leipzig wohnhaften [Name 1, Vorname 2], geboren [Tag, Monat] 1911, der in Leipzig ein Gebrauchtwarengeschäft besitzt. [Name 1, Vorname 2] ist der Verantwortliche für die Gruppe der in Leipzig wohnhaften chinesischen Staatsbürger. Er ist mit einer deutschen Frau verheiratet und hat mit ihr fünf Kinder. Zwei Töchter übersiedelten im Frühjahr 1967 in die VR China, wo sie bei »Radio Peking« tätig sein sollen. Die gesamte Familie vertritt konsequent die maoistische Politik.
[Name 1, Vorname 1] ist bei seinen Einreisen in die Hauptstadt der DDR beim Zoll wiederholt wegen Verdacht der Schieberei mit Westwaren angefallen. Als er noch in Leipzig wohnte, war er als rowdy- und flegelhaft bekannt.
Es wird vorgeschlagen, die chinesischen Staatsbürger [Name 2, Vorname] und [Name 1, Vorname 1] wegen des tätlichen Vorgehens bzw. des negativen Verhaltens nicht mehr in die Hauptstadt der DDR einreisen zu lassen.
Am 8.10.1968 erfolgte mit Herrn Keita ein offizielles Gespräch eines Vertreters des MfS zusammen mit dem zuständigen Mitarbeiter der Abteilung Afrika des MfAA, Genossen Mammitzsch, um von Herrn Keita nochmals eine Schilderung des Sachverhalts zu bekommen. Seine Angaben stimmten mit den Untersuchungsergebnissen überein. Ihm wurde dabei mitgeteilt, dass die Täter ermittelt wurden, es sich um in Westberlin wohnende chinesische Staatsbürger handelt und alle notwendigen Maßnahmen eingeleitet sind. Herr Keita brachte darüber seine Zufriedenheit und seinen Dank für die schnelle Klärung zum Ausdruck. Er war betont freundlich und höflich und ließ erkennen, dass von ihm diese Angelegenheit als erledigt betrachtet wird.