Zusammenfassung über die Synode der »Evangelischen Kirche der Union«
27. Februar 1968
Einzelinformation Nr. 208/68 (Zusammenfassung) über die Synode der »Evangelischen Kirche der Union« (EKU) in der Zeit vom 9. bis 15. Februar 1968
In der Zeit vom 9. bis 15. Februar 1968 fand die Synode der EKU getrennt in Teilsynoden DDR und West statt. Tagungsorte waren Potsdam-Babelsberg, Oberlinhaus1 und Westberlin-Spandau, Johannisstift.2
Teilnehmer der Teilsynoden waren in Potsdam 59 und in Westberlin-Spandau 53 Synodalen. Vom Öffentlichkeitscharakter der Synode (lt. Reglement können an diesen Tagungen interessierte Bürger und Journalisten teilnehmen) wurde sowohl in Potsdam als auch in Westberlin wenig Gebrauch gemacht.
Die Synode der EKU tagte in beiden Teilen unter dem Thema »Die evangelische Kirche und der soziale Frieden in der Welt«. Zu Beginn dieser Synoden wurde den Teilnehmern mitgeteilt, die Synode tage ohne feste Tagesordnung, die Probleme sollten von den zwei Gremien so behandelt werden, wie sie von den Teilnehmern herangetragen würden.
Die Synode behandelte zumeist in gegenseitiger Übereinstimmung eine Reihe theologischer und innerkirchlicher Fragen, zu denen sie auch vorbereitete gleichlautende Beschlüsse verabschiedete (u. a. eine Vorlage zum Hauptthema der Synode, in der besonders die Lage in den Entwicklungsländern charakterisiert wird, wobei kirchliche Unterstützung – im Sinne der Bonner Politik – zugesagt wird; Verabschiedung einer sogenannten kirchlichen Verwaltungsgerichtsordnung, die in beiden Teilen Deutschlands wirksam werden soll; Berichtsvorlagen über theologische Probleme, wie z. B. das »Verständnis zum Tode Jesu« und die Herausgabe gemeinsamer Gebetbücher).
Mehrfach wurde von negativ eingestellten Kirchenpersönlichkeiten bei der Vorlage gemeinsamer Beschlussvorlagen erwähnt, »einheitliche« Beschlüsse seien im Interesse der »Zusammengehörigkeit« der Kirchen in Ost und West notwendig. Besonders während der Synode in Potsdam war unter diesem Aspekt ein einheitliches Vorgehen der reaktionären Kräfte erkennbar.
In längeren Debatten wurden in beiden Teilsynoden folgende Probleme mit politischem Akzent behandelt:
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Verlegung der Teilsynode der EKU der DDR von der Hauptstadt der DDR nach Potsdam-Babelsberg aufgrund einer entsprechenden Empfehlung des Staatssekretariats für Kirchenfragen der DDR;
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Fortbestehen der »Einheit« der evangelischen Kirche in Deutschland;
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Entwurf der neuen Verfassung der DDR;3
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Einräumung größerer Rechte und selbstständiger Befugnisse des Rates der EKU;
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angebliche Aktionen staatlicher Stellen der DDR gegen Bischof Fränkel4/Görlitz.
Während der Eröffnung der beiden Teilsynoden wurde übereinstimmend auf die »erzwungenermaßen praktizierte Trennung der Synode in Ost und West« hingewiesen. So führte z. B. Präses Kreyssig5/Hohenferchesa6 vor der Synode in Potsdam aus, auch diesmal könne aufgrund politischer Momente keine gemeinsame Tagung der Synode der EKU stattfinden. Dabei sprach er sich gleichzeitig in provokatorischer Form gegen eine angeblich durch Staatssekretär Seigewasser7 veranlasste Verlegung des Tagungsortes der Teilsynode der DDR von der Hauptstadt Berlin nach Potsdam aus, wobei er mehrmals betonte, dass Veto eingelegt werden müsse. In ähnlicher Form äußerte sich im Verlauf der Tagung auch Kirchenpräsident Müller8/Dessau mehrmals nachhaltig.
Kreyssig verwies bereits bei der Eröffnung der Synode der EKU in Potsdam auf Probleme der »Einheit der Kirche«, wobei er betonte, dass der »Einheitsgedanke« unter den Christen in Ost und West in den Beratungen zum Ausdruck kommen werde und dieser »Einheit« durch entsprechende Beschlüsse auch »rechtliche Gestalt« verliehen werden müsse.
Dieser Gedanke spiegelte sich u. a. auch in dem Tätigkeitsbereich des Rates der EKU, der von Kirchenpräsident Müller/Dessau verlesen wurde, wider: »Unser Verhältnis zu den anderen evangelischen Landeskirchen in der DDR und in der Bundesrepublik ist durch die Fürstenwalder Erklärung zur Einheit der EKD9 vom vergangenen Jahr bestimmt, die wir uns zu eigen gemacht haben. Hier ist schlicht und eindeutig ausgesprochen, warum wir einander nicht loslassen dürfen … Wir bemühen uns darum, in dem Maße, in dem uns das gegenwärtig möglich ist, die Verbundenheit in einer Kirche auch als Gliedkirchen der EKU zu praktizieren …«
In Diskussionen vor der Teilsynode Potsdam bzw. in deren Ausschüssen sprachen sich weiter besonders folgende Teilnehmer der Synode nachhaltig für die Förderung der »Einheit« der evangelischen Kirche in Deutschland aus: Bischof Fränkel/Görlitz, Studiendirektor Paul Wätzel,10 Landesjugendpfarrer Günther11/Wilhelmshorst bei Potsdam, Pfarrer Hamel12/Naumburg, Dr. Rogge13/Sprachenkonvikt Berlin.
Auch während der Teilsynode West in Westberlin wurde der sogenannte Einheitsgedanke der EKD – und somit der EKU – betont. Unter diesem Aspekt war das Gremium in Westberlin bestrebt, u. a. ausschließlich in der Kompetenz der Teilsynode der DDR liegende Fragen – Verfassungsentwurf der DDR, Verhältnis zwischen Staat und Kirche der DDR, Wehrdienstverweigerung in der DDR – ausführlich zu erörtern, wobei jeweils das Bestreben erkennbar wurde, sie im negativen Sinne hochzuspielen.
In der Eröffnungsrede vor der Teilsynode West führte Präses Wilm14/Bielefeld u. a. aus, die Synode teile das Schicksal der »EKD«, die zuletzt in Fürstenwalde und Berlin-Spandau als gemeinsame Synode getagt habe.15 In diesem Zusammenhang wurden sogenannte Fürbittgottesdienste, Gebetsstunden, Andachtsminuten usw. für die »Brüder im Osten« eingelegt.
Im Tätigkeitsbericht der Kirchenkanzlei der EKU für die Zeit vom Oktober 1965 bis Dezember 1967 maßte sich die Kirchenleitung der EKU West eine Beurteilung über »bestimmte Verhältnisse im Osten« an. Gegenstand waren u. a. folgende »Probleme«:
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die »ernstlichen Spannungen zwischen Staat und Kirche in Ostdeutschland«,
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die »ungute Verschärfung dieser Beziehungen in letzter Zeit«,
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Verhinderungen von Grenzübertritten leitender Kirchenpersönlichkeiten aus Westdeutschland und aus kapitalistischen Ländern, insbesondere auch während der Reformationsfeierlichkeiten in der DDR,
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die »Entziehung von vier kirchlichen Feiertagen in Ostdeutschland ohne vorherige Verständigung der Kirchen«,16
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die »ernste Einschränkung kirchlichen Dienstes«,
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eine unbefriedigende staatliche Regelung der »Wehrdienstverweigerung aus Glaubens- und Gewissensgründen«,17
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ungeregelte Fragen des »kirchlichen Dienstes in den Neubaugebieten«,
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eine »verschärfte ideologische Ausrichtung im Erziehungs- und Schulwesen«,18
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eine »Unterstellung« kirchlicher Spielgruppen unter die Abteilung Kultur bei den Räten der Bezirke,
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angeblich ungeklärte Fragen im Familiengesetzbuch der DDR,19 in den neuen Strafrechtsbestimmungen20 und im Verfassungsentwurf der DDR.
Im Verlaufe der Teilsynode West wurde die »Einheit der Kirche in Deutschland« u. a. auch vom Ratsvorsitzenden der EKU, Präses Beckmann21/Düsseldorf betont. Er erläuterte z. B., die Frage nach der »Einheit der Kirche in Deutschland« sei in ein neues Stadium eingetreten; es müsse, um zu der entscheidenden Aussage zu gelangen, zunächst von theologischen Erwägungen ausgegangen werden.
Während der Synode Westberlin kam es des Öfteren zwischen den reaktionären Führungskräften der Teilsynode und einigen progressiven Geistlichen zu Debatten, inwieweit in den schriftlichen Materialien der Synode der Existenz von zwei deutschen Staaten Rechnung getragen werden kann. Im Zusammenhang damit, dass häufig Formulierungen wie »Osten«, »Mitteldeutschland« usw. verwandt waren, wurde u. a. von Rechtsanwalt Ortmann22/Dortmund angeführt, die Kirche solle endlich die Anerkennung respektieren, wobei er von Prof. Dr. Wolfgang Schweitzer23/Bethel unterstützt wurde.
Einen breiten Raum nahmen während der Teilsynode der EKU in Potsdam Ausführungen zum Entwurf der neuen Verfassung der DDR ein. Die »Linie zur Argumentation« wurde bereits am ersten Tag der Synode von Kirchenpräsident Müller/Dessau im Tätigkeitsbericht des Rates der EKU vorgegeben:
»Unmittelbar vor unserer Synode ist der am Jahresbeginn vom Vorsitzenden des Staatsrates der DDR angekündigte Entwurf der neuen Verfassung veröffentlicht worden, der nach dem Beschluss der Volkskammer in breitester Öffentlichkeit unseres Volkes diskutiert werden soll. Der Rat hat zu dem vorgelegten Entwurf in der Bedrängnis der Zeit noch nicht Stellung nehmen können. Das dringende Interesse der evangelischen Kirche an der neuen Verfassung, die als ›sozialistische Verfassung‹ bezeichnet wird, und an einer ausreichenden Gelegenheit zur Diskussion hatte bereits vorher Generalsuperintendent Dr. Schönherr24 im Namen der Kirchenkonferenz in einem Schreiben an die Regierung angemeldet.25 Dabei war auch der Wunsch ausgesprochen, dass die bewährten Bestimmungen der Verfassung von 1949 über das Verhältnis von Staat und Kirche sinngemäß unverändert übernommen werden möchten.26 Auch die Feststellung des Staatsratsvorsitzenden vor der Volkskammer,27 dass in den vergangenen zwei Jahrzehnten sich die Beziehungen zwischen Staat und Kirche ›gut entwickelt‹ und gefestigt hätten, schien zu dieser Erwartung zu berechtigen. Zu dem Artikel 38,28 dem einzigen des neuen Entwurfs, der sich zu den Fragen der Kirchen und Religionsgemeinschaften äußert, ist zu sagen, dass er viele Fragen völlig offen lässt, die durch die bisherige Verfassung geregelt waren. Es wird lediglich festgestellt: ›Die Kirche und andere Religionsgemeinschaften haben ihre Angelegenheiten und ihre Tätigkeit in Übereinstimmung mit der Verfassung und den gesetzlichen Bestimmungen der DDR zu ordnen und durchzuführen.‹ Offen bleibt, um nur das Wichtigste zu nennen, die Geltung des Grundsatzes: ›Es besteht keine Staatskirche‹. ›Jede Religionsgemeinschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbstständig und nach Maßgabe der für alle geltenden Gesetze‹. Offen bleiben die öffentlich-rechtliche Stellung der Religionsgemeinschaft und wichtige Rechte, die die bisherige Verfassung den Kirchen von daher garantierte. Wir fangen erst zu fragen an. Wir werden die Zeit gewissenhaft zu nützen haben, vonseiten unserer Kirchen und Gemeinden unsere Stimme in die Waagschale zu werfen. Es steht viel auf dem Spiel. Ist es doch auch unser aufrichtiges Anliegen, dass die Verfassung dem Frieden und der Verständigung dienen möge, nicht nur in unserem Volk und in der Völkerwelt, sondern auch im Verhältnis von Kirche und Staat.«
Während sich in der Debatte der nächsten Tage die Teilnehmer der Synode Potsdam Schönherr/Verwalter des Bischofamtes Berlin-Brandenburg, Landesjugendpfarrer Günther/Potsdam, Prof. Hanfried Müller29/Theologische Fakultät der Humboldt-Universität Berlin im Wesentlichen mit dem Text des Entwurfs der Verfassung einverstanden erklärten und teilweise dafür plädierten, seitens der Synode dagegen keine Schritte zu unternehmen, traten andererseits besonders aggressiv die Teilnehmer Präses Kreyssig/Hohenferchesa, Kirchenpräsident Müller/Dessau, Pfarrer Hamel/Naumburg, Bischof Fränkel/Görlitz und Präsident Hildebrandt30/Berlin dagegen auf.
Pfarrer Hamel/Naumburg, Leiter des Katechetischen Oberseminars, befasste sich in seinen Diskussionsbeiträgen fast ausschließlich mit dem neuen Verfassungsentwurf. Dabei betonte er, für die Kirchen würde viel »auf dem Spiel stehen«. Er empfahl, über den Verfassungsentwurf eine breite Diskussion in den Provinzial- und Kreissynoden und innerhalb der Gemeindekirchenräte usw. zu organisieren, wobei es nicht ausschließliches Ziel bleiben dürfe, »dem Staat freundliche Redlichkeitserklärungen zu geben«. Es käme darauf an, aus der neuen Verfassung (Artikel 38) so viel wie möglich herauszuholen, um die kirchlichen Interessen voll wahrnehmen zu können. Hamel appellierte, die kirchlichen Gremien sollten alle Bestimmungen des Verfassungsentwurfs ernsthaft analysieren, wobei er folgende Schwerpunkte, nach denen vorgegangen werden könnte, nannte:
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welche Passagen müssen präzisiert werden,
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welche Bestimmungen stehen im Widerspruch zu unserer politischen Wirklichkeit,
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sind ideologische Vorzeichen erkennbar, bei denen ersichtlich ist, dass in dieser Richtung nicht verfahren werden kann,
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bessere Herausarbeitung der Rechte, Freiheiten und Würde des Menschen,
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bessere Herausarbeitung eines geordneten Nebeneinander der beiden deutschen Regierungen.
Diese Ausführungen erhielten besonders den Beifall von Bischof Fränkel/Görlitz, der u. a. ergänzte, bei dieser öffentlichen Diskussion dürfe man nicht in vorzeitige Resignation verfallen. Besonders hinsichtlich der »Einschränkung der Freizügigkeit« müsse er seinen klaren Widerspruch anmelden. Außerdem dürfe das Recht der freien Meinungsäußerung nicht durch »Kautschuk-Formulierungen« wie z. B. »im Geiste der Verfassung« eingeschränkt werden. Bei den Artikeln über das Recht auf Bildung gäbe es viele unklare Begriffe, wie z. B. »gesellschaftliche Erfordernisse«, wobei man annehmen müsse, dass auch die Jugendweihe ein gesellschaftliches Erfordernis sei, um zu höheren Bildungsstätten zugelassen zu werden. Nach dem Entwurf der neuen Verfassung sei die Religionsfreiheit bedroht.
Präses Kreyssig diskutierte in der gleichen Einstellung und betonte, in der alten Verfassung sei der Kirche die Freiheit eingeräumt worden, zu öffentlichen Fragen das Wort zu nehmen, während dies in der neuen Verfassung nicht der Fall sei.
Offensichtlich lanciert durch diese reaktionären Kräfte wurde erreicht, dass die Mehrheit der Teilnehmer den Berichtsausschuss der Teilsynode beauftragte, sich mit der neuen Verfassung zu beschäftigen und eine Erklärung auszuarbeiten. Nach Auseinandersetzungen in diesem Ausschuss wurde jedoch dem Gremium am letzten Tag der Synode mitgeteilt, dass seitens des Berichtsausschusses kein schriftliches Material zur Verfassung ausgearbeitet worden sei und lediglich die Empfehlung gegeben werde, im Rahmen der öffentlichen Diskussion in den Wohngebieten mitzuarbeiten. (Im Hintergrund dieser Mitteilung stand die Tatsache, dass sich die evangelischen Bischöfe der DDR in gemeinsamen internen Beratungen zum Zeitpunkt des Verlaufs der Synode nicht über eine beabsichtigte Fassung bzw. Eingabe an die Verfassungskommission einigen konnten. Siehe Information 179/68 vom 20.2.1968).
Bemerkenswert ist zur Haltung von Bischof Schönherr/Verwalter des Bischofsamtes Berlin-Brandenburg, dass er während der gesamten Tagung bestrebt war, in politischen Fragen eine loyale Stellungnahme abzugeben. So meldete er sich z. B. während einer erregten Debatte über den Entwurf der neuen Verfassung der DDR, in der u. a. reaktionär einbestellte Kirchenpersönlichkeiten zu Wort gekommen waren, zur Diskussion. Schönherr ging es in seinen Ausführungen offensichtlich um eine Richtigstellung westlicher Meldungen im Zusammenhang mit seinen persönlichen Schreiben an den Staatssekretär für Kirchenfragen hinsichtlich des Verfassungsentwurfs. Sinngemäß brachte Schönherr zum Ausdruck, sein Schreiben beinhalte nicht – wie irrtümlich von westlichen Publikationsorganen und anderen Personen zitiert – provokatorische Forderungen, sondern es handele sich um sachliche Bittstellungen und Empfehlungen.
Während der Potsdamer Synode spielte weiter ein von Präses Kreyssig gestellter Antrag eine Rolle. Danach sollte schriftlich fixiert werden, dass die Synode dem Rat der EKU als »gesamtdeutsches Gremium« generell mehr Rechte und Befugnisse einräumt als bisher. Der Rat der EKU sollte nach Vorstellungen von Kreyssig in Zukunft die Möglichkeit haben, ohne Zustimmung der Synode entscheidende Beschlüsse sowohl für die Gliedkirchen der EKU in Westdeutschland als auch in der DDR zu fassen. Dieser Vorschlag wurde besonders durch Bischof Fränkel/Görlitz und Präsident Hildebrandt/Berlin unterstützt, während sich andererseits eine Reihe Synodaler – u. a. Pfarrer Hamel, Synodalpräses Waitz31/Magdeburg, Pfarrer Merker/Fürstenwalde und Moderator Langhoff32/Brandenburg – gegen ein derartiges »Ermächtigungsgesetz« wandten. Eine nach heftiger Debatte vorgenommene Abstimmung über den Antrag von Kreyssig ergab, dass sich die Mehrheit der Synodalen dafür aussprach, diesen Antrag von der Tagesordnung abzusetzen. (Unter den Personen, die sich gegen diese Mehrheit wandten, befanden sich Bischof Fränkel/Görlitz, Vizepräsident Woelke33/Greifswald, Oberkonsistorialrat Kayser34/Greifswald).
Am 13.2.1968 erhielt Konsistorialrat Bunzel35/Görlitz vor der Teilsynode Potsdam das Wort »zum Schutze der Person von Bischof Fränkel/Görlitz«. Bunzel trug der Synode in provokatorischer Form vor, dass das Hauptvorstandsmitglied der CDU, Heyl,36 in einer am 12.2.1968 in Görlitz stattgefundenen Veranstaltung der CDU »schwerste Angriffe gegen Bischof Fränkel« erhoben habe. In längeren Ausführungen versuchten Bunzel und Fränkel diese »Angriffe« zu entkräften. Am letzten Tage wurde während der Teilsynode sowohl in Potsdam als auch in Westberlin eine Erklärung des Ältestenrates der Synode verlesen, in der u. a. formuliert wurde, die Synode erkläre sich mit Bischof Fränkel »brüderlich verbunden«.
Bischof Krummacher37/Greifswald ist während der gesamten Synode nicht offiziell in Erscheinung getreten. Von ihm wurde nicht ein Diskussionsbeitrag gehalten. Er war jedoch häufig vom Tagungsraum abwesend und konferierte38 sehr oft mit den Bischöfen Fränkel/Görlitz und Müller/Dessau sowie mit Präsident Hildebrandt/Berlin und Präses Kreyssig/Berlin hinter verschlossenen Türen. Von Synodalen wurde die Meinung geäußert, dass Bischof Krummacher sich lediglich nach außen hin Zurückhaltung auferlegt, da er nicht in Widerspruch zu einem Gespräch, dass zwischen ihm und Harry Tisch,39 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung Rostock, kurz vor der Synode stattgefunden habe, kommen wollte. Er habe deshalb auch nicht gewagt, eine ihm durch Kurier überbrachte, in Handschrift angefertigte Grußadresse aus Westberlin öffentlich vor der Synode zu verlesen.
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