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Anbringen von Hetzflugblättern in Leipzig

16. Dezember 1970
Information Nr. 1330/70 über das Anbringen von Hetzflugblättern in verschiedenen Hoch- und Fachschuleinrichtungen in Leipzig

[Faksimile von Blatt 63]

Am 10.12.1970 wurden in der Zeit von 12.30 Uhr bis 16.00 Uhr in den nachfolgend genannten Einrichtungen insgesamt zwölf Hetzflugblätter (ein fotokopiertes Exemplar ist als Anlage beigefügt) angebracht.

  • Ingenieurhochschule Leipzig, Dimitroffstraße 13

  • (ein Flugblatt im Treppenaufgang)

  • Sektion Biowissenschaften der Karl-Marx-Universität, Talstraße 33

  • (ein Flugblatt an Anschlagtafel hinter dem Eingang)

  • Hochschule für Grafik und Buchkunst, Dimitroffstraße 11

  • (ein Flugblatt an Plakattafel im Eingangsfoyer)

  • Anatomisches Institut der Karl-Marx-Universität, Liebigstraße 13

  • (ein Flugblatt im Treppenhaus)

  • Studenteninternat der Karl-Marx-Universität, Nürnberger Straße

  • (ein Flugblatt an Anschlagtafel im Erdgeschoss, ein Flugblatt im Treppenaufgang, 1. Etage)

  • Sektion Theoretische und angewandte Sprachwissenschaft der Karl-Marx-Universität, Lumumbastraße 2

  • (zwei Flugblätter in der 2. Etage in Treppennähe)

  • Hochschule für Musik Leipzig, Grassistraße 8

  • (ein Flugblatt an Anschlagtafel in Eingangshalle)

  • Medizinisch-poliklinisches Institut der Karl-Marx-Universität Härtelstraße 16–18

  • (ein Flugblatt an Wandzeitung im Erdgeschoss)

  • Sektion Mathematik der Karl-Marx-Universität, Talstraße 35

  • (ein Flugblatt Eingang zum Hörsaal, ein Flugblatt im Treppenhaus)

Zwei Hetzflugblätter waren mittels Reißzwecke befestigt, zehn Hetzflugblätter waren angeklebt.

Bei allen Tatorten handelt es sich um Objekte, die öffentlich zugänglich sind.

Die sofort eingeleiteten Untersuchungen ergaben, dass der dazu benutzte Leim noch nahezu flüssig war und die Flugblätter nur ganz kurze Zeit – im Höchstfalle 10 bis 15 Minuten – dort angebracht waren. Sie wurden durch die Wachsamkeit von Studenten und in den Objekten Beschäftigten sofort erkannt und schnell entfernt. Dadurch erhielt nur ein jeweils sehr kleiner Kreis Kenntnis von diesen Vorkommnissen und es wurden bisher auch keine negativen Reaktionen in diesen Objekten festgestellt.

Auf meine persönliche Weisung wurde zur Untersuchung dieser Vorkommnisse eine zentrale Gruppe von Spezialisten in Leipzig eingesetzt.

Im Ergebnis dessen konnten bereits eine Reihe wichtiger operativer Hinweise erarbeitet werden, sodass mit einer baldigen vollständigen Aufklärung dieser Vorkommnisse zu rechnen ist. Nach den bisherigen Erkenntnissen erfolgte die Tatausführung von ein bis zwei Tätern.

Nach Vorliegen der vollständigen Untersuchungsergebnisse wird nachberichtet.

Anlage zur Information Nr. 1330/70

An Alle Studenten ! ! ! Unser Appell geht an euch ! ! !

Ist unser Weg, der Verwirklichung des Sozialismus/Kommunismus der Treuste und Wahrste?

Wir sagen entschieden: Nein ! ! !

  • 1.

    Was ist das für ein Sozialismus, wo allein das Monopol der Partei und nicht das Volks regiert?

  • 2.

    Was ist das für ein Sozialismus, wo die Bürokratie und das Dogma herrschen?

  • 3.

    Was ist das für ein Sozialismus, wo keine Demokratie herrscht, wo man die Freiheit der Meinung, die der Rede, der Presse und Kritik nicht besitzt?

  • 4.

    Was ist das für ein Sozialismus, wo der Mensch als Mensch nicht existieren kann?

Die Führung und Leitung des Sozialismus und unserer Heimat wird eines Tages Eurer Generation übertragen werden. Eine gewaltige Aufgabe steht vor Euch. Die Lösung dieses allumfassenden Zieles wird unsere Zukunft entscheidend bestimmen.

Unser Appell geht an euch! ! !

Kämpft für den Sieg des Sozialismus! | Setzt Euch ausein/ander mit den Lehren von Marx/Engels! | Kämpft gegen jeden Bürokratismus! | Studenten diskutiert! | Übt Kritik! | Organisiert Euch! | – Gruppe Becher –

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    19. Dezember 1970
    Information Nr. 1347/70 über im Zusammenhang mit der gegenwärtigen Situation zu betrachtende Vorkommnisse

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    15. Dezember 1970
    Information Nr. 1324/70 über Filmaufnahmen in der Passierscheinstelle für dringende Familienangelegenheiten in Westberlin