Brand im VEB Minol Magdeburg am 13.6.1970
15. Juni 1970
Einzelinformation Nr. 607/70 über einen Brand im VEB Minol Magdeburg am 13. Juni 1970
Am 13.6.70 brach gegen 22.20 Uhr im VEB Minol, Regielager 511, Magdeburg, Industriestraße 8, ein Brand aus.
Dabei erlitten die Personen [Name 1, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1938, Brigadier der Füllbrigade, parteilos, [Name 2, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1941, Mitglied der Füllbrigade, parteilos und [Name 3, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1943, Hauptwachtmeister der VP, Diensthabender des BS, die sich im Wiegehaus aufhielten, Verbrennungen 2. und 3. Grades und mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden. Bei der Bekämpfung des Brandes wurden vier weitere Personen verletzt, ohne dass bei diesen Lebensgefahr besteht.
Der durch den Brand entstandene Schaden wird gegenwärtig auf 3,5 Mio. Mark geschätzt. Der Hauptanteil entfällt auf vernichteten Vergaserkraftstoff.
Infolge Beschädigung von Rohrleitungen, Verteilern und Schiebern ist das Lager vollkommen funktionsuntüchtig geworden. (Über die daraus entstehenden Folgen sowie den für die Wiederinstandsetzung notwendigen Zeitraum können noch keine Angaben gemacht werden.)
Die bisherigen Untersuchungen ergaben:
Ausgangspunkt des Brandes war das Wiegehaus des Lagers. Im Aufenthaltsraum des Wiegehauses hielten sich die drei vorstehend genannten Personen auf. Obwohl starker Benzingeruch vorhanden war, zündete sich [Name 1] eine Zigarette an. (Grundsätzlich ist das Rauchen im gesamten Betriebsgelände untersagt. In diesem Raum sei jedoch das Rauchen von jeher erlaubt gewesen – sogenannte Raucherinsel. Exakte Festlegungen darüber existieren aber nicht.)
Im Moment des Entzündens der Zigarette kam es zu einer starken Verpuffung. Das Wiegehaus wurde zerstört und der nahegelegene Verteiler geriet in Brand. Von hier aus griff das Feuer auf die Rohrleitungskanäle und in der Folge auf einen Hochtank, der mit 150 m³ Vergaserkraftstoff 88 gefüllt war, über.
Der sofort alarmierten Feuerwehr gelang es nicht, den Brand wirksam zu bekämpfen, da aus anderen Tanks laufend Benzin in den brennenden Tank einfloss und das Feuer nährte.
Dokumente über das Rohrleitungssystem und die einzelnen Schieber waren nicht vorhanden, ebenso befand sich keine sachkundige Person im Lager, welche die Verbindungen zu dem brennenden Tank hätte unterbinden können. So konnte es geschehen, dass etwa zwei Mio. Liter Vergaserkraftstoff verbrannten und das Feuer im Tank erst am 14.6.1970, gegen 8.30 Uhr, und in den Rohleitungskanälen gegen 14.00 Uhr gelöscht wurde. Das Übergreifen des Feuers auf andere Tanks (das Lager hat insgesamt sieben Tanks, der in Brand geratene war der kleinste) sowie Einrichtungen konnte verhindert werden.
Begünstigt durch nicht geschlossene Schieber der Füllleitungen floss Vergaserkraftstoff in das Industriehafenbecken. Durch eine Sperre wurde verhindert, dass dieser Kraftstoff in die Elbe gelangte. Der Kraftstoff wurde inzwischen abgepumpt.
Aus vorbeugenden Gründen wurden außerdem 40 Personen aus naheliegenden Wohnhäusern vorübergehend anderweitig untergebracht.
Obwohl die Ursache für das Entstehen des Brandes klar ist, muss noch konkret geprüft werden, wie das Feuer auf den Tank übergreifen und es zu derartigen Auswirkungen kommen konnte. Es wurde festgestellt, dass der Brandschutz im Lager vernachlässigt worden ist, Schieber nicht vorschriftsgemäß geschlossen worden sind und keine Dokumentation vorhanden ist.
Derartige und andere Mängel sind schon vor einem Monat bei der Überprüfung des Lagers durch die Inspektion des Ministeriums für Materialwirtschaft festgestellt, in einem Bericht mit den notwendigen Schlussfolgerungen dargelegt und mit dem Direktor der Filiale, dem Sekretär des Sicherheitsaktivs und dem Sicherheitsinspektor ausgewertet worden.
Die Untersuchungen werden in Zusammenarbeit mit der DVP weitergeführt.