Einschleusung von Hetzschriften (II)
19. Mai 1970
Information Nr. 516/70 über Einschleusung von Hetzschriften
Nach Feststellungen des MfS wurde die Einschleusung von Hetzschriften mittels Ballon von Westdeutschland aus in den letzten Wochen fortgesetzt. So wurden in der ersten Hälfte des Monats Mai ca. 20 000 Hetzschriften sichergestellt. Diese Hetzschriften stammen von Balloneinflügen, die in den Abendstunden des 10.5.1970 in den Bezirk Suhl und in der Nacht vom 12.5. zum 13.5.1970 in den Bezirk Magdeburg erfolgten. Die am 10.5.[1970] eingeflogenen Ballons wurden auf westdeutschem Grenzgebiet im Raum von Heinersdorf gestartet.
Im Monat April wurden in die Bezirke Magdeburg, Suhl, Leipzig, Schwerin und Neubrandenburg insgesamt ca. 4 500 Hetzschriften mittels Ballons eingeschleust. (Zum Vergleich die Zahlen der vorangegangenen Monate:
Januar 2 000 Exemplare, Februar 1 400 Exemplare, März 10 600 Exemplare; dabei müssen die in diesen Monaten für Balloneinflüge ungünstigen Witterungsbedingungen berücksichtigt werden.)
Bei den im April und Mai sichergestellten Hetzschriften handelt es sich um folgende Titel:
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»Volksarmee«, Nr. 23/69
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»Volksarmee«, Nr. 38/69
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»Volksarmee«, Nr. 11/70
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»Mitteldeutsche Arbeiterzeitung«, Nr. 3/69
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»Mitteldeutsche Arbeiterzeitung«, Nr. 1/70
Herausgeber dieser Hetzmaterialien ist die westdeutsche Bundeswehr. Bis auf die Nr. 11/70 der »Volksarmee« wurden die anderen angeführten Titel und Nummern bereits bei vorangegangenen Aktionen in die DDR eingeschleust.
Die »Volksarmee« Nr. 11/70 enthält u. a. Äußerungen vom »Verteidigungsminister« Helmut Schmidt1 sowie Bilder und ausführliche Berichte von sogenannten DDR-Flüchtlingen.
Bei den Balloneinflügen in der Nacht vom 12. zum 13.5.1970 (gegen 1.30 Uhr) gingen in Arendsee, Kreis Osterburg, zwei Hetzschriftenpakete mit je 500 Exemplaren ungeöffnet nieder, wodurch Leben und Gesundheit von Menschen ernsthaft gefährdet wurden und ein größerer Sachschaden hätte entstehen können.
Eines der Hetzschriftenpakete schlug auf das Ziegeldach eines mehrzweckartig genutzten Gebäudes einer Gaststätte (Kommissionsgaststättenleiter [Vorname Name], Arendsee, Friedensstraße 113) auf und zerstörte mehrere Dachziegel.
In der oberen Etage des getroffenen Gebäudes befinden sich Schlafzimmer des Gaststättenpersonals. Auf dem Hof neben dem Gebäude hielten sich zum Zeitpunkt des Aufschlagens des Hetzschriftenpaketes zeitweilig Personen auf, die an einer Hochzeitsfeier teilnahmen. In unmittelbarer Nähe der Aufschlagstelle befinden sich eine Schule mit Schulhof (ca. 30 m entfernt) und die Fernverkehrsstraße 190 (ca. 20 m entfernt), die zugleich Hauptgeschäftsstraße der Stadt ist und auf der zum genannten Zeitpunkt noch Fahrzeug- und Personenverkehr herrschte.
Das zweite Hetzschriftenpaket ging dicht bei einer Laube am Ufer des Arendsees nieder.
Es wird gebeten, darüber zu entscheiden, ob über dieses Vorkommnis in Arendsee eine Presseinformation erfolgen soll, die vom MfS vorbereitet werden könnte.