Großbrand im Datenverarbeitungszentrum Neubrandenburg
21. Juli 1970
Information Nr. 740/70 über einen Großbrand im Datenverarbeitungszentrum Neubrandenburg am 20. Juli 1970
Am 20.7.1970, in der Zeit zwischen 2.20 Uhr und 2.30 Uhr, bemerkte der Wächter [Name, Vorname], verantwortlich für den Teilbereich des Datenverarbeitungszentrums VE-Rechenbetrieb Binnenhandel Berlin, einen Brand in den Räumen 3 und 4 des Datenverarbeitungszentrums Neubrandenburg und alarmierte sofort die Feuerwehr. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Brand bereits einen erheblichen Umfang angenommen. Das verspätete Bemerken des Brandes ist darauf zurückzuführen, dass [Name] beim Lesen zeitweise eingeschlafen war.
Nach letzten Schätzungen entstand ein Sachschaden in Höhe von ca. zehn Mio. Mark. Darunter befinden sich zwei DV-Anlagen R 300, die total vernichtet wurden und mit jeweils 4,2 Mio. Mark Schadenssumme vorerst berechnet werden.
Die eingeleiteten Untersuchungen der Experten aus verschiedenen Verantwortungsbereichen ergaben bisher, dass der Brand in den Räumen 3 und 4 – im Bereich des Rechenbetriebs Binnenhandel Berlin – ausbrach.
Der Brand konnte sich in diesen beiden Räumen schnell ausbreiten, da nur eine leichte Trennwand vorhanden war. Aus diesem Grund ist die konkrete Feststellung des Ausbruchortes schwierig.
Die DV-Anlage im Raum 3 wurde am 16./17.7.1970 vom VE Rechenbetrieb Binnenhandel Berlin übernommen, während die DV-Anlage im Raum 4 am 20.7.1970 übernommen werden sollte.
In den Ermittlungen wurde u. a. auch erarbeitet, dass auf Drängen des VE Rechenbetriebes Binnenhandel Berlin mit »Provisorien« gearbeitet wurde. Beispielsweise waren bis zum 18.7.1970 die Kabelanschlüsse noch nicht ordnungsgemäß angebracht worden. Auch die Rauchgas-Meldeanlage war noch nicht vollständig installiert und deshalb noch nicht funktionstüchtig. (Rauchgas-Meldeanlagen werden in Räumen installiert, in denen besonders hochwertige Anlagen vor Brandgefahren zu schützen sind. Diese Geräte reagieren auf geringste Rauchgaskonzentrationen und hätten in diesem Fall frühzeitig das Entstehen des Brandes angezeigt.)
Das Kombinat Robotron hatte am 22.5.1969 beim MdI, HA Feuerwehr, eine Ausnahmegenehmigung beantragt, um die DV-Anlage vorläufig ohne die Installation der Rauchgas-Meldeanlagen betreiben zu können. Diese Ausnahmegenehmigung wurde durch den Leiter der HA Feuerwehr, Oberst Gläeßl,1 genehmigt und am 15.4.1970 bzw. 1.7.1970 verlängert. Ihre Gültigkeit hat gegenwärtig eine Laufzeit bis 30.9.1970.
Weiterhin wurde festgestellt, dass die DV-Anlage im Raum 3 am 18.7.1970, bis 12.00 Uhr, letztmalig genutzt wurde. Danach verließ die Belegschaft das Gebäude.
In den Räumen 3 und 4 arbeitete eine Brigade des VEB Starkstromanlagenbau Rostock weiter, um die bis dahin provisorisch verlegten Kabelanschlüsse durch ordnungsgemäße Kabelanschlüsse zu ersetzen.
Gegen 17.00 Uhr verließ die Brigade diese Räume und diese wurden verschlossen und versiegelt.
Die Räume, in denen die DV-Anlagen installiert sind, dürfen von den Wächtern nicht betreten werden. Die Wächter besitzen jedoch die Schlüssel.
Der Wächter [Name] gibt an, dass er die Räume 3 und 4 zum Zeitpunkt der Brandfeststellung verschlossen und versiegelt vorgefunden habe. Exakte Hinweise über mögliche Ursachen konnten bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht erarbeitet werden.
Von den Experten werden gegenwärtig zwei Versionen der Brandursachen geprüft.
- 1.
Kurzschluss in der 220-V-Lichtleitung
- 2.
Kurzschluss in der 380-V-Starkstromleitung
Beide Leitungen sind in den Räumen 3 und 4 verlegt und standen unter Spannung. Die DV-Anlagen waren abgeschaltet und scheiden als Brandverursacher aus.
Über die Ergebnisse der weiteren Untersuchungen, insbesondere über die Ursachen und begünstigenden Umstände für das Entstehen des Großbrandes, wird informiert.