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Hemmnisse im Automatisierungsschwerpunkt Textilkombinat Cottbus

22. Juni 1970
Information Nr. 632/70 über einige Hemmnisse im Automatisierungsschwerpunkt Textilkombinat Cottbus

Dem MfS wurden in letzter Zeit Hinweise über eine qualitätsgeminderte Produktion im Automatisierungsschwerpunkt Textilkombinat Cottbus und über damit verbundene erhebliche Schwierigkeiten im Absatz und in der Lagerwirtschaft, die bis zur Beeinträchtigung der Einsatzbereitschaft der Werktätigen im Kampf um die Aufholung von Planrückständen führten [bekannt].

Mitte Mai 1970 lagerten im Textilkombinat Cottbus 264,3 Tm Stoffe Präsent 20 (darunter 64,1 Tm Q-Ware1 und 57,2 Tm Ware 3. Qualität sowie 120,0 Tm Partieware2).

Im Zeitraum vom 1.5. bis 15.5.1970 wurden im Textilkombinat 36,0 Tm Stoffe für Herrenbekleidung hergestellt, von denen nur 15,3 Tm ausgeliefert werden konnten. Rund 57 % dieser Stoffe stellten sich als Ausschussware heraus.

Die Abnehmer dieser Stoffe, der Konfektionsbetrieb für Herrenoberbekleidung Dresden und das Bekleidungswerk Forst (Damenoberbekleidung) wurden dadurch in erhebliche Produktionsschwierigkeiten gebracht.

Die qualitätsgeminderten Stoffe können beispielsweise im Herrenoberbekleidungswerk Dresden mit der vorhandenen Technik nicht verarbeitet werden, sodass bereits eine Einschränkung der Produktion vorgesehen ist.

Im Bekleidungswerk Forst mussten infolge der unzureichenden Qualität angelieferter Stoffe zusätzliche Arbeiten zur Beseitigung der Fehler geleistet werden. Der Produktionsrhythmus wurde dadurch erheblich gestört.

Unter den Beschäftigten im Textilkombinat Cottbus und im Bekleidungswerk Forst führten diese Ereignisse zu Unzufriedenheit. Sie argumentieren z. B., dass in den Sonderschichten an Wochenenden, obwohl eine gute Bezahlung gewährleistet sei, nur jene Planrückstände aufgeholt werden, die wegen Materialmangels oder Maschinenstillständen im Laufe der übrigen Wochentage eingetreten sind. Außerdem kritisieren die Werktätigen, dass viele Verwaltungsangestellte, obwohl sie ebenfalls gelernte Weber oder Tuchmacher sind, sich an den Sonderschichten nicht beteiligen.

Anlass weiterer Beschwerden ist die mangelhafte Qualität der Zulieferungen von Zuschnitten aus dem Textilkombinat Cottbus an das Bekleidungswerk Forst. Teilweise wurde bereits geäußert, dass bei anhaltender schlechter Lage im Betrieb Forst die Absicht bestehe, zu kündigen und in anderen Betrieben arbeiten zu gehen.

Das Fertigwarenlager im Textilkombinat wird durch die geschilderte Situation besonders stark belastet. Überschlägige Berechnungen ergaben, dass zzt. statt der zulässigen Belastung von 350 bis 400 kp/m²3 eine effektive Belastung von 1 000 kp/m² vorhanden sei.

Auch im Lager I des Textilkombinats herrsche Unordnung, die verschiedenen Garnpartien würden durcheinanderliegen und unsachgemäße Behandlung der angelieferten Waren schließe Beschädigungen nicht aus.

Die Untersuchungen einiger Experten und Gutachter über die Ursachen dieser Situation ergaben, dass in der Vergangenheit einige technische Unzulänglichkeiten eintraten, die zu den Qualitätsmängeln der hergestellten Stoffe Präsent 20 führten.

Im Wesentlichen wird auf Schäden an den Stricknadeln der Großrundstrickmaschinen verwiesen. Die im Textilkombinat verwendeten Nadeln wurden von den Firmen Theodor Groz und Sohn4 und Ernst Beckert Nadelfabrik Kommanditgesellschaft Ebingen/Württemberg/WD5 importiert. Es handelt sich um Nadeln der 20er- und 22er-Feinheit (bezogen auf einen englischen Zoll). In der DDR werden nur Nadeln bis zur Feinheit 18 hergestellt. Diese Nadeln sollen eine Nutzungsdauer von einem Jahr bei täglicher 24-stündiger Nutzung besitzen.

Durch Mikroaufnahmen von bereits genutzten Nadeln dieser Art wurden Materialfehler an der Nadelzunge festgestellt.

Ein weiteres Problem stellt das Entstehen eines sogenannten Mittelstreifens dar, der nach Meinung der Fachleute ebenfalls in den technologischen Bedingungen zu suchen wäre.

Andere Fehlerquellen können auch im übermäßigen Ölen der Fadenleiteinrichtungen und im unkorrekten Ablauf der Seiden von den Spulen liegen.

Diese insgesamt, jedoch noch nicht restlos und eindeutig bestimmten Ursachen für den beträchtlichen Qualitätseinbruch in der Stoffherstellung des VEB Textilkombinats Cottbus müssten u. a. unter Einschaltung von wissenschaftlichem Fachpersonal des Textilmaschinenbaus der DDR näher untersucht und zu entsprechenden Maßnahmen zur Lösung dieser Probleme führen.

  1. Zum nächsten Dokument Bombendrohung gegen die S-Bahn in Westberlin

    29. Juni 1970
    Information Nr. 662/70 über eine anonyme Bombendrohung gegen die S-Bahn in Westberlin

  2. Zum vorherigen Dokument Brand in der Verzinkungsanlage des VEB Ausrüstungskombinat

    18. Juni 1970
    Information Nr. 619/70 über einen Brand in der Verzinkungsanlage des VEB Ausrüstungskombinat für Geflügel- und Kleintieranlagen in Düpow, [Kreis] Perleberg, [Bezirk] Schwerin