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Mängel im Datenverarbeitungszentrum Schwerin

19. Oktober 1970
Information Nr. 1099/70 über einige Mängel im DV-Zentrum Schwerin

Im Ergebnis weiterer Untersuchungen des MfS in DV-Zentren der DDR wird ergänzend zu unseren Informationen Nr. 1033/70 vom 4.10.1970 und 1067/70 vom 11.10.1970 auf große Mängel in der elektrischen Installation im DV-Zentrum Schwerin-Lankow hingewiesen.

In Auswertung und Übermittlung von Erfahrungen, die aus dem Großbrand im DV-Zentrum Neubrandenburg gezogen wurden, wurde eine Beratung über den Stand der Sicherheit und Ordnung im DV-Zentrum Schwerin-Lankow organisiert.

Hierbei wurden erste Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit, insbesondere zur Verbesserung der Personenkontrolle und zur Beseitigung der Mängel in der Verschlusskontrolle, eingeleitet, eine Überprüfung der elektrischen Installationen erfolgte noch nicht.

In der letzten Zeit führten jedoch Montagemängel auf elektrischem Gebiet im DV-Zentrum zu einigen Vorkommnissen.

Am 31.08.1970, gegen 4.50 Uhr, entstand ein Kurzschluss mit Brandfolge am Leistungsschalter des Rechners 6. Bedingt durch diesen Kurzschluss fiel der Rechner 6, die gesamte Lichtanlage, der Generator des Rechners 6 und die Klimaanlage aus (Sachschaden 200 Mark). Die Arbeit mit dem Rechner 6 konnte nach kurzer Unterbrechung wieder aufgenommen werden.

Die Ursachenermittlung ergab eine thermische Überlastung der mittleren Phase des Leistungsschalters, die zu einem Schwelbrand an der Grundplatte und dadurch bedingt zu weiteren Überschlägen und Kurzschlüssen an den äußeren führte.

Dieser Zustand konnte eintreten, da der Leistungsschalter und andere Anlagen des Betriebes teilweise provisorisch installiert worden sind, in der Absicht, die Rechenanlagen schon vor Abschluss der Bauarbeiten in Betrieb nehmen zu können.

Die Phasen des Leistungsschalters waren aus diesem Grunde ungleich belastet und außerdem der Kontakt der mittleren Phase mangelhaft befestigt worden, d. h. die Klemmschraube der Aluminiumleitung war nicht fest angezogen.

Bei der Untersuchung dieses Vorkommnisses wurde erneut eine Verletzung der Projektierungsvorschriften bei der Installation der elektrischen Anlagenteile festgestellt, d. h. der Einhaltung der ASAO 9001 und der entsprechenden Standards war wiederum zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt worden.

Am 12.10.1970, gegen 7.15 Uhr, entstand während einer Beratung im Zimmer des Abteilungsleiters [Name] kurzfristig nacheinander Rauch, dann eine Stichflammenbildung sowie Entzündung der Kabelisolierung an der Abzweigdose der Lichtstromleitung. Als Ursache wurde ein Kurzschluss mit Brandfolge in der Abzweigdose infolge eines losen Kontaktes ermittelt. Wegen der Überlastung des Fernsprechnetzes gelang er erst nach 20 Minuten, die Feuerwehr zu verständigen.

Die Direktleitung zum Kommando Feuerwehr war wegen einer fehlenden Batterie noch nicht betriebsbereit.

Der Brand wurde mit eigenen Mitteln gelöscht, der Sachschaden blieb gering.

In diesem Zusammenhang wurde festgestellt, dass einige projektwidrige Ausführungen im elektrischen Anlagensystem bestehen.

Generell war die Verwendung von Aluminiumleitungen vorgesehen. Es wurden jedoch nur zu einem Drittel Aluminiumleitungen verlegt, während der Rest aus Kupferleitungen besteht.

Der leitende Monteur vom Starkstromanlagenbau Leipzig-Halle (ausführender Betrieb) begründete diese Tatsache damit, dass nicht immer das richtige Material angeliefert worden wäre.

Im Interesse der Termintreue wäre stets jenes Leitungsmaterial verarbeitet worden, welches gerade zur Verfügung stand.

Außerdem wurde festgestellt, dass Leitungen aus verschiedenen Materialien (Aluminium und Kupfer) und mit verschiedenen Querschnitten verbunden worden sind. Dies stellt eine unzulässige Montage dar, da sich verschiedene Metalle gegenseitig zersetzen und die Gefahr aufzutretender Kurzschlüsse sich wesentlich erhöht.

Unterschiedliche Leitungsmaterialien für elektrische Leitungen müssen deshalb durch ALCU-Kabelschuhe miteinander verbunden werden, was den Elektrikern auch im Allgemeinen bekannt ist.

Nach ersten Einschätzungen sind im DV-Zentrum Schwerin-Lankow ca. 4 000 bis 5 000 derart unzulässige Klemmverbindungen installiert worden, die eine außerordentlich große Gefahrenquelle darstellen und deshalb dringend verändert werden müssen.

Die Mängel in der Installation der elektrischen Leitungen werden dadurch deutlich, dass es verabsäumt wurde, die Alu-Verbindungen in den Abzweigdosen zu fetten und die deshalb auch nicht gegen Korrosionsschäden geschützt worden sind.

Auch in diesem Objekt fehlen in den Rechnerräumen die Rauchgaswarnanlagen.

Das DV-Zentrum Schwerin-Lankow befindet sich zurzeit noch im Aufbau und wird durch den GAN Robotron Dresden errichtet.

Im Objekt sind

  • der VEB Maschinelles Rechnen als Trägerbetrieb mit drei R 300,

  • die Finanzorgane (ein R 300),

  • die deutsche Reichsbahn (ein R 300) und

  • der Rat für Landwirtschaftliche Produktion und Nahrungsgüterwirtschaft (ein R 300)

untergebracht.

Obwohl mit sechs Rechnern der geplante Ausrüstungszustand erreicht wurde, diese bereits betrieben werden, sind die Bauarbeiten noch nicht beendet worden.

Der Wertumfang des DV-Zentrums Schwerin-Lankow beträgt ca. 60 Mio. Mark.

Die verantwortlichen Staatsorgane im Bezirk Schwerin und das MfS setzen ihre Untersuchungen zur Erhöhung des Zustandes von Sicherheit und Ordnung fort.

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    19. Oktober 1970
    Information Nr. 1110/70 über das durch Blitzschlag eingetretene Schadensgeschehen

  2. Zum vorherigen Dokument Störung und Missbrauch des Reise- und Güterverkehrs Berlin– BRD

    17. Oktober 1970
    Information Nr. 1193/70 über Erscheinungen der Störung und des Missbrauchs des grenzüberschreitenden Reise- und Güterverkehrs von und nach Westdeutschland und der selbstständigen politischen Einheit Westberlins