Selbsttötung des Parteisekretärs der Kampfgruppenschule
28. April 1970
Information Nr. 446/70 über die Selbsttötung des Parteisekretärs der Zentralschule der Kampfgruppen »Ernst Thälmann« in Schmerwitz, [Kreis] Belzig, [Bezirk] Potsdam
Am 24.4.1970, in der Zeit von 13.30 Uhr bis 14.30 Uhr, beging der Major der VP, Wilms, Joachim,1 geboren [Tag, Monat] 1916 in Prositin, [Kreis] Grevesmühlen, wohnhaft Schmerwitz, Kreis Belzig, Parteisekretär der ZSf KG »Ernst Thälmann«,2 Angehöriger der DVP seit 18.9.1948, Mitglied der SED seit 5.12.1948, verheiratet, drei Kinder, im Badezimmer seiner Wohnung Selbsttötung durch Strangulation.
Die bisher durchgeführten Untersuchungen ergaben Folgendes:
Die Ehefrau des Wilms stellte am 24.4.1970, gegen 14.30 Uhr, fest, dass sich ihr Ehemann seit ca. einer Stunde im Bad eingeschlossen hatte und auf Rufen und Klopfen nicht reagierte. Durch zwei herbeigerufene Offiziere der ZSf KG wurde die Badezimmertür gewaltsam geöffnet. Nach Öffnen der Tür stellten die Offiziere fest, dass sich Wilms mit einer Schnur am Wasserleitungsrohr stranguliert hatte. Durch den herbeigeholten Feldscher3 wurden sofort Wiederbelebungsversuche unternommen, die erfolglos blieben.
Die Untersuchungen der Mordkommission Potsdam bestätigten eindeutig, dass es sich um eine Selbsttötung handelte.
Ein im Wohnzimmerschrank aufgefundenes, von Wilms verfasstes Schriftstück beinhaltet, dass er an seelischen Depressionen litt und sich deshalb selbst töten wollte.
Wilms wurde bereits seit längerer Zeit wegen nervlicher Erschöpfung ärztlich behandelt. Symptome dieser Erschöpfung zeigten sich bei Wilms in Gedächtnisschwund, schlechtem Erinnerungsvermögen und Verfolgungswahn.
Zwei Kuraufenthalte im Jahre 1970 sowie stationäre Behandlung im VP-Krankenhaus führten nicht zu einer Besserung. Es war deshalb eine Untersuchung in der Neurologischen Klinik in Brandenburg vorgesehen.
1953 war Wilms bereits an einer Tuberkulose erkrankt, wurde jedoch wieder ausgeheilt.
Bereits zum damaligen Zeitpunkt wollte sich Wilms, wie aus den Kaderunterlagen ersichtlich ist, selbst töten.
Durch den behandelnden Arzt Dr. [Name] wurde Wilms als schwermütiger Typ eingeschätzt.
Die Untersuchungen zur persönlichen Entwicklung des Wilms ergaben keine anderen Anhaltspunkte für die Selbsttötung.
Wilms entstammt einer Arbeiterfamilie, erlernte das Schuhmacherhandwerk, war Angehöriger des ehemaligen faschistischen Reichsarbeitsdienstes sowie der Wehrmacht, Waffengattung Luftwaffe. Letzter Dienstgrad: Hauptfeldwebel.
1945 geriet Wilms in sowjetischer Kriegsgefangenschaft, aus der er 1948 zurückkehrte. Unmittelbar danach wurde Wilms Angehöriger der Deutschen Volkspolizei. Er war überwiegend als Lehrer und Ausbilder an Schulen der DVP tätig. Wilms wird bescheinigt, dass er seine Aufgaben vorbildlich löste. Seine persönlichen und familiären Verhältnisse und sein moralisches Verhalten waren stets ohne Tadel. Er war Träger einer Reihe staatlicher Auszeichnungen. Die Funktion des Parteisekretärs der ZSf KG, die er seit Bildung dieser Ausbildungsstätte ausübte, wurde von ihm gut durchgeführt. Hohe Arbeitsintensität und stete Einsatzbereitschaft zeichneten Wilms besonders aus.
Die Ehefrau des Wilms ist ebenfalls Mitglied unserer Partei und war als Sekretär der WPO tätig.
Die bisherigen Untersuchungen ergaben keine Hinweise auf Verbindungen negativen Charakters.