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Störung im VEB Petrolchemischen Kombinat Schwedt

30. Juni 1970
Information Nr. 667/70 über eine Störung im VEB Petrolchemisches Kombinat Schwedt, Stammwerk Schwedt, [Bezirk] Frankfurt/O., am 25. Juni 1970

Am 25.6.1970 kam es um 16.06 Uhr im Stammwerk des VEB Petrolchemisches Kombinat Schwedt (PCK) zu einem Kurzschluss an der Sammelschiene I der 30-KV-Schaltanlage.

Durch diesen Kurzschluss fiel die Elektroenergieversorgung im PCK für ca. 15 Minuten aus, sodass ein vollständiger Produktionsausfall im Werk eintrat.

Nach bisherigen Feststellungen beträgt der Sachschaden etwa 60 000 Mark; der Produktionsausfall jedoch ca. 13 Mio. Mark.

Die sofort eingeleiteten Ermittlungen zur Aufklärung der Ursachen dieser Havarie ergaben:

Am 25.6.1970, gegen 16.00 Uhr, erhielt der Elektromonteur [Name 1, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1945 in Angermünde, wohnhaft in Schwedt, [Straße, Nr.], von seinem Schichtleiter [Name 2, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1927 in Kotzenau, wohnhaft Schwedt, [Straße, Nr.], den Auftrag, die zur planmäßigen vorbeugenden Instandsetzung freigeschaltete Anlage zur Mineralölverbundleitung Heinersdorf, Leitung I, Zelle 11, wieder in den stromführenden Zustand zu versetzen. Zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Durchführung übergab der Schichtleiter [Name 2] an den Elektromonteur [Name 1] eine ausgefüllte Freimeldung.

Aufgrund dieser Weisung begab sich [Name 1] gemeinsam mit dem Elektromonteur [Name 3, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1944 in Petershagen, wohnhaft Schwedt, [Straße, Nr.], zur genannten Anlage I.

[Name 1] ist im Sinne der ASAO 9011 schaltberechtigt. Er führte gemeinsam mit [Name 3] die Schalthandlungen durch.

Dabei unterließ [Name 1], entgegen der Festlegung im Arbeitsauftrag, ein in der Zelle 11 der Anlage I befindliches Erdseil zu entfernen. Nach eigenen Angaben war er der Annahme, dieses Seil gehöre nicht mehr zur inbetriebzusetzenden Anlage.

Bei der Zuschaltung der Anlage entstand durch diese Unterlassung ein Kurzschluss auf der 30-KV-Sammelschiene I. Als Folge trat ein Spannungsabfall im Netz des Stammwerkes des PCK ein und bedingt dadurch erfolgte eine automatische Abtrennung des 110-KV-Verbundnetzes.

Die noch im Betrieb befindlichen Generatoren des Industriekraftwerkes Schwedt speisten weiterhin im Inselbetrieb die Kurzschlussstelle. Als Folgeerscheinung des Spannungsabfalls fielen die Generatoren aus und es entstand ein völliger Energieausfall, der zum Stillstand aller Produktionsanlagen führte.

Der Stillstand der Energieanlagen bewirkte Überhitzungsschäden an den Vorheizern der Reformierung I und II und eine Deformierung des Läufers der Turbine III.

Nach der Behebung des vollständigen Energieausfalls mussten alle Produktionsanlagen havariemäßig abgefahren werden. Die Düngemittelfabrik wurde bereits seit längerer Zeit zu Reparaturzwecken abgefahren.

In der Nacht vom 25.6. zum 26.6.1970 wurden die Rohöldestillation II, die ACN-Anlage und die Aromatenproduktion wieder angefahren.

Die Reparatur an den Vorheizern der Reformierung I und II wurde am 26.6.[1970] abgeschlossen, sodass diese beiden Anlagen am 27.7.1970 ebenfalls angefahren werden konnten.

Anschließend konnte dann die Rohöldestillation I und III angefahren werden.

[Name 1] entstammt einer Arbeiterfamilie. Im Jahre 1964 schloss er seine Berufsausbildung als Elektromonteur ab, nahm im Stammbetrieb des PCK Schwedt in seinem Beruf eine Arbeit auf und erwarb bereits 1968 die Schaltberechtigung.

Er ist Mitglied einer Brigade, die drei Mal mit dem Titel »Brigade der sozialistischen Arbeit« ausgezeichnet wurde.

Seinen Ehrendienst bei der NVA/Grenze Berlin leistete er 1965/66 für 18 Monate ab. Er ist verheiratet und lebt in geordneten Verhältnissen.

[Name 1] gab in der Befragung zu, mit der Nichtentfernung des Erdseils die ihm obliegenden Pflichten entsprechend ASAO 901 und TGL 200–6192 und einschlägige Betriebsvorschriften verletzt zu haben.

Durch die VP wurde gegen ihn ein EV nach § 167 Abs. 1,3 eingeleitet.

Von der VP und vom MfS werden die Untersuchungen fortgesetzt, insbesondere um zu klären, welche Maßnahmen geeignet und notwendig sind, um in diesem Zusammenhang derart große Schäden zu vermeiden.

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    30. Juni 1970
    Information Nr. 668/70 über hervorgetretene politisch-ideologische Unklarheiten und Erscheinungen der politisch-ideologischen Diversion in Verbindung mit »Kritiken« an der inhaltlichen Gestaltung der »Lausitzer Rundschau«

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    30. Juni 1970
    Information Nr. 666/70 über einen Verkehrsunfall mit Beteiligung des Botschafters der Demokratischen Republik Sudan in der DDR