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Verletzung der Staatsgrenze der DDR durch BGS-Hubschrauber

24. Juli 1970
Information Nr. 751/70 über die Verletzung der Staatsgrenze der DDR durch einen Hubschrauber des Bundesgrenzschutzes

Am 23.7.1970, gegen 10.35 Uhr, überflog ein Hubschrauber des BGS-Kommandos Küste die Staatsgrenze der DDR und befand sich über dem Gebiet der DDR-Gemeinde Dassow.

Ein zweiter Hubschrauber befand sich zu dieser Zeit auf einer im Dassower See gelegenen Insel, die zum westdeutschen Territorium gehört. Gleichzeitig waren zwei Sturmboote des BGS mit je acht Mann Besatzung in den Dassower See eingelaufen und hielten sich etwa 30 m hinter der als Staatsgrenze durch den See angenommenen Gemarkungslinie auf.

Die Besatzung des im Luftraum der DDR befindlichen BGS-Hubschraubers fragte nach wiederholten Aufforderungen von Grenzsicherungskräften der DDR, sofort das Gebiet der DDR zu verlassen, und nach Protesten der Dassower Bevölkerung, bei der GSA Lübeck an, wie sie sich verhalten soll.

Ein an die Grenzsicherungskräfte der DDR gerichteter Spruch der Hubschrauberbesatzung lautet: »Wir weisen darauf hin, dass die Gemarkungslinie von den russischen und alliierten Gruppen festgelegt wurde.« (Die westdeutsche Seite erkennt diese etwa 100 m vom Ufer entfernt durch den Dassower See verlaufende Gemarkungslinie nicht als Grenzlinie an.)

Ein zweiter Spruch der Hubschrauberbesatzung lautete: »Wir warnen die Grenztruppen vor unüberlegten Handlungen. Am 1.6.1970 wurden hier vier westdeutsche Fischer von einem Offizier der NVA unrechtmäßig festgenommen, an Land gezogen und nach Schönberg transportiert. Bei uns steht auf Menschenverschleppung Zuchthaus.«

Trotz des Hinweises der GSA Lübeck, dass die Uferlinie schon die Grenze sei, und der Aufforderung durch diese GSA und die zweite Hubschraubersatzung, das Gebiet der DDR zu verlassen, flog der BGS-Hubschrauber erst nach einigen Minuten, gegen 10.47 Uhr, zurück. Die Besatzung hatte vorher den Funkspruch abgesetzt, dass sie noch etwas warten werde, zumal die Bevölkerung anwesend sei.

Sie »verabschiedete« sich mit den Worten: »Wiedersehen ihr Landsleute in Dassow; wir sehen uns wieder.« Zum gleichen Zeitpunkt zogen sich die BGS-Boote zurück.

Der Ablauf dieser provokatorischen Aktion und die selbst nach den westdeutschen Auffassungen über den Grenzverlauf (Uferlinie) erfolgte Luftraumverletzung verdeutlichen, dass diese Provokation bewusst herbeigeführt wurde. Sie wurde von den Grenzsicherungskräften der DDR klar erkannt und unter Kontrolle gehalten. Es war gewährleistet, dass bei einer eventuellen Ausweitung die erforderlichen Maßnahmen eingeleitet werden konnten.

Da es in diesem Gebiet Unklarheiten über den Grenzverlauf gibt und die westdeutsche Seite den Grenzverlauf an mehreren Stellen nicht anerkennt, muss – wie in der zurückliegenden Zeit schon mehrmals geschehen – mit der Auslösung weiterer provokatorischer Handlungen gerechnet werden.

  1. Zum nächsten Dokument Selbsttötung eines Angehörigen des Betriebsschutzes der SED-BL

    27. Juli 1970
    Information Nr. 761/70 über die Selbsttötung des Angehörigen des Betriebsschutzes der SED-Bezirksleitung Schwerin, Walter Prüssing

  2. Zum vorherigen Dokument Großbrand im Datenverarbeitungszentrum Neubrandenburg

    21. Juli 1970
    Information Nr. 740/70 über einen Großbrand im Datenverarbeitungszentrum Neubrandenburg am 20. Juli 1970