Direkt zum Seiteninhalt springen

Versendung von Hetzbriefen durch die kambodschanische Botschaft

18. Juni 1970
Information Nr. 616/70 über die Versendung von Briefen mit hetzerischem Inhalt durch die kambodschanische Botschaft in der Hauptstadt der DDR

Dem MfS wurde bekannt, dass in den letzten Tagen durch die kambodschanische Botschaft in der Hauptstadt der DDR Briefe mit hetzerischem Inhalt an Bürger der DDR versandt werden. Die Briefe sind als Antwortschreiben an solche Kollektive gerichtet, die sich mit Protesten gegen die Ausweitung der USA-Aggression in Südostasien1 an die kambodschanische Botschaft gewandt und dem kambodschanischen Volk ihre Sympathie bekundet hatten.

Den Briefen lag jeweils ein Anschreiben mit der Unterschrift des Geschäftsträgers a. i. Khieu Thaim2 und ein dreiseitiger Durchschlag (Schreibmaschine) einer »Erklärung der Regierung der nationalen Errettung« bei. (datiert vom 11.6.1970)

Diese »Erklärung« richtet sich in drei Abschnitten

  • –

    »Es sind die Vietkong3/Vietmin,4 die Kambodscha angreifen«

  • –

    »Das angegriffene Kambodscha verteidigt sich«

  • –

    »Die USA haben uns nicht angegriffen«

in hetzerischer Weise gegen die sozialistischen Länder, insbesondere gegen die DRV, und gegen die patriotischen Streitkräfte in Südvietnam und Kambodscha.5

So heißt es in der »Erklärung« u. a.

»Im Gegenteil, der einzige und wirkliche Aggressor Kambodschas, der das Klima in Südostasien verwirrt, sind die kambodschanischen Vietcong und Vietmin. Die Nordvietnamesen und die Vietcong demaskieren sich jetzt als wahre Imperialisten und Annektierer.«

Gleichzeitige Schreiben waren nach bisherigen Feststellungen gerichtet

  • –

    an ein Kollektiv des Pflegeheimes »Otto Buchwitz« in Riesa, [Bezirk] Dresden,

  • –

    an den Direktor einer Schule in Grabow, [Kreis] Ludwigslust,

  • –

    an die FDJ-(Kreis)Leitung in Ludwigslust, [Bezirk] Schwerin.

Durch das MfS wurden die notwendigen Maßnahmen eingeleitet.

(Dieser Zusatz nicht beim Genossen Florin6)7

  1. Zum nächsten Dokument Brand in der Verzinkungsanlage des VEB Ausrüstungskombinat

    18. Juni 1970
    Information Nr. 619/70 über einen Brand in der Verzinkungsanlage des VEB Ausrüstungskombinat für Geflügel- und Kleintieranlagen in Düpow, [Kreis] Perleberg, [Bezirk] Schwerin
  2. Zum vorherigen Dokument Einschleusung von Hetzschriften mittels Ballons

    17. Juni 1970
    Information Nr. 613/70 über die Einschleusung von Hetzschriften mittels Ballons in das Territorium der DDR

  1. Nach dem Militärputsch unter Lon Nol im Kambodscha im März 1970 begannen die USA sowie die mit ihnen verbündeten südvietnamesischen Truppen eine Militäroperation in Kambodscha, die der Zurückdrängung der prokommunistischen Vietcong und Roten Khmer dienen sollte, um das amerikafreundliche Regime Lon Nols zu schützen. Am 29.4.1970 überschritten amerikanische Truppen die Grenze zu Kambodscha, zogen sich aber einen Monat später wieder zurück und überließen die Gebiete der Kontrolle der Armee Lon Nols und südvietnamesischer Truppen.

  2. Im Original »Thaim Khien«. Thaim Khieu, Jg. 1921, kambodschanischer Diplomat, 1970 Geschäftsträger der Botschaft des Königreiches Kambodscha, 1971–74 Botschaftsrat der Republik Khmer in Ostberlin.

  3. Die »Nationale Front für die Befreiung Südvietnams«, französisch »Front National de Libération«, abgekürzt FNL, umgangssprachlich Vietcong, war eine 1960 begründete paramilitärische Guerilla-Organisation, die unter dem Einfluss der kommunistischen Partei Vietnams gegen die bürgerliche Regierung der Republik Vietnam und die sie unterstützenden amerikanischen Truppen kämpfte.

  4. Die Việt Minh (auch Vietmin) waren eine 1941 begründete Gruppierung nationalistischer und kommunistischer Gruppen unter Ho Chí Minh, die während des ersten Indochinakrieges und des Vietnamkrieges gegen die Republik Südvietnam und die sie unterstützenden amerikanischen Truppen kämpfte. Ab 1960 gingen die Vietmin in der »Nationalen Front für die Befreiung Südvietnams«, den Vietcong, auf.

  5. Gemeint sind die prokommunistischen Truppen der Vietcong, die im Süden Vietnam gegen die gegen die bürgerliche Regierung der Republik Vietnam und die sie unterstützenden amerikanischen Truppen kämpfte. Teile der Vietcong nutzten die Grenzregion in Kambodscha als Rückzugsort.

  6. Peter Florin, Jg. 1921, Diplomat, 1934 Emigration in die Sowjetunion, 1941–45 Soldat der Roten Armee, unter anderem als Partisan in Belarus, 1945 Rückkehr als Mitglied der KPD-Gruppe Ackermann nach Sachsen, 1949/50 stellvertretender Sekretär der außenpolitischen Kommission des Politbüro und zugleich stellvertretender Leiter der Abteilung Internationale Verbindungen beim ZK der SED, 1950–52 stellvertretender Leiter der Hauptabteilung für Politische Angelegenheiten und Leiter der Hauptabteilung UdSSR des MfAA, 1953–66 Leiter der Abteilung Internationale Verbindungen des ZK der SED, 1958–89 Mitglied des ZK der SED, 1967–69 Botschafter der DDR in der ČSSR, 1969–73 Staatssekretär im MfAA, 1973–89 stellvertretender Außenminister der DDR.

  7. Die Anmerkung wurde nachträglich hinzugefügt.