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Vorkommnis mit einem Fahrzeug der US-Militärinspektion

4. Juli 1970
Information Nr. 688/70 über ein Vorkommnis mit dem Fahrzeug der US-Militärinspektion BC 80 am 4. Juli 1970 in der Hauptstadt der DDR

Am 3.7.1970, um 23.35 Uhr, reiste das Fahrzeug der US-Militärinspektion BC 80, besetzt mit drei uniformierten Personen, über die GÜST Friedrichstraße in die Hauptstadt der DDR ein.

Gegen 0.55 Uhr des 4.7.1970 wurde festgestellt, dass sich im Fahrzeug BC 80 zwei weibliche Personen befanden, von denen angenommen werden musste, dass sie auf ungesetzlichem Wege aus der Hauptstadt der DDR nach Westberlin ausgeschleust werden sollen.

Aufgrund dessen wurden durch die Sicherheitsorgane der Hauptstadt der DDR Maßnahmen eingeleitet, um ein derartiges Vorhaben zu verhindern.

Die Insassen des US-Militärfahrzeuges BC 80 versuchten, sich den Maßnahmen der Volkspolizeikräfte zu entziehen, indem sie die Geschwindigkeit unter grober Missachtung der gesetzlichen Bestimmungen der DDR zum Teil bis auf 120 km/h erhöhten.

Mit dieser zum Teil überhöhten Geschwindigkeit befuhren sie folgende Straßen und Wege der Hauptstadt der DDR:

  • S-Bahnhof Kaulsdorf

  • Hönower Straße

  • Hellersdorfer Weg

  • Marzahner Straße

  • Hellersdorfer Straße

  • Geisenweide

  • Oberfeldstraße

  • Alt-Biesdorf

  • Alt-Friedrichsfelde

  • Frankfurter Allee

  • Karl-Marx-Allee

  • Fruchtstraße

  • Stralauer Platz

An der Ecke Fruchtstraße/Stralauer Platz befuhr das BC-Fahrzeug ebenfalls die Kreuzung mit überhöhter Geschwindigkeit, ohne die Vorfahrt zu beachten. Durch den starken Verkehr auf der Stralauer Allee musste das US-Militärfahrzeug BC 80 stark bremsen, sodass ein nachfolgendes VP-Fahrzeug auffuhr. Zeitpunkt dieses Auffahrunfalles war gegen 1.10 Uhr.

Am US-Militärfahrzeug BC 80 entstand mittlerer Sachschaden, jedoch ohne Personenschaden.

Die danach erfolgte Unfallaufnahme wurde durch die Volkspolizei durchgeführt.

Die sich im Fahrzeug befindlichen drei US-Militärangehörigen sowie zwei weiblichen Zivilpersonen verließen während der Unfallaufnahme nicht den Wagen. Der verantwortliche US-Angehörige des BC 80 verlangte die Stadtkommandantur zu verständigen, was durch die anwesenden VP-Kräfte auch erfolgte.

Es wurde festgestellt, dass die uniformierten Insassen des BC 80 während der Zeit der Unfallaufnahme laufend mit einer Dienststelle in Westberlin Funkverbindung hatten.

In der Zeit von 1.15 bis 4.13 Uhr erschienen folgende US-Militärfahrzeuge an der Unfallstelle:

BC 61

1.15 Uhr

drei Uniformierte

OIP 78468

3.20 Uhr

vier Uniformierte (Militärpolizei)

ein Fußgänger

3.25 Uhr

dieser stieg in der Kochstraße in den BC 127 zu und reiste später mit dem VW-Bus der Militärpolizei aus

BC 127

3.55 Uh

drei Uniformierte und ein Identitätskarteninhaber

BC 78

4.13 Uhr

zwei Uniformierte

Gegen 3.30 Uhr versuchte ein Insasse des VW-Busses der US-Militärpolizei zu den Insassen des am Unfall beteiligten US-Militärfahrzeuges BC 80 Verbindung aufzunehmen. Dieses Ansinnen wurde durch die Kräfte der Volkspolizei zurückgewiesen, da entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen der DDR Angehörige der US-Militärpolizei nicht das Recht haben, in der Hauptstadt der DDR polizeiliche Maßnahmen durchzuführen bzw. zu behindern.

Um 3.55 Uhr versuchte ein Kapitän der US-Armee und der bereits angeführte Identitätskarteninhaber (Dolmetscher), Insassen des US-Fahrzeuges BC 127, durch die Volkspolizeikräfte die Freigabe des am Unfall beteiligten US-Militärfahrzeuges BC 80 zu erwirken. Da sich bis zu diesem Zeitpunkt die weiblichen Insassen des US-Militärfahrzeuges BC 80 noch nicht ausgewiesen hatten und damit ihre Identität noch nicht überprüft werden konnte, wurde diesem Ersuchen nicht stattgegeben.

Es erfolgte zwischen dem Kapitän und den Militärinsassen des US-Militärfahrzeuges BC 80 eine kurze Beratung, in deren Ergebnis durch den Kapitän der US-Armee den Volkspolizeikräften die Personaldokumente der weiblichen Insassen übergeben wurde. Die Einsicht in die Personaldokumente ergab, dass es sich um amerikanische Staatsbürger handelt, die angeblich als Touristen in Westberlin weilen. Um weitere Komplikationen zu vermeiden, wurde ohne weitere Prüfung der Identität der Passinhaber gegen 4.20 Uhr die Blockierung des US-Militärfahrzeuges BC 80 aufgehoben. Das Fahrzeug passierte um 4.35 Uhr die Grenzübergangsstelle Friedrichstraße nach Westberlin. Zuvor waren die weiblichen Insassen aus dem US-Militärfahrzeug BC 80 ausgestiegen und passierten die GÜST Friedrichstraße als Fußgänger.

Die anderen US-Militärfahrzeuge passierten ebenfalls zu der angegebenen Zeit auf direktem Wege die GÜST Friedrichstraße in Richtung Westberlin.

Während der Unfallaufnahme durch die Kräfte der Deutschen Volkspolizei hatte der schon mehrfach genannte Kapitän der US-Armee über den Dolmetscher versucht, die Handlungen der DDR-Sicherheitskräfte als unrechtmäßig zu bezeichnen. Die Erwiderungen der Sicherungskräfte, die darin bestanden, dass sich die US-Angehörigen auf dem Territorium der DDR entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen der DDR zu verhalten hätten, übersetzte der Dolmetscher nicht. Er äußerte gegenüber den VP-Angehörigen, dass er Dolmetscher im amerikanischen Dienst sei und lediglich beauftragt wäre, die zu führenden Gespräche mit der Volkspolizei zu übersetzen und dass er nur zu diesem Zwecke aus dem Bett geholt worden wäre. Nach seiner Meinung hätten die weiblichen Personen in dem Fahrzeug nichts zu suchen gehabt und im Übrigen sei der US-Kapitän ein »Idiot«, mit dem nicht zu reden wäre. Der Dolmetscher ließ erkennen, dass ihm die ganze Angelegenheit unangenehm ist.

Aus dem Verhalten der US-Fahrzeuge, insbesondere dem des schon mehrfach genannten BC 80, ist zu schlussfolgern, dass es sich um den Versuch einer ungesetzlichen Personenschleusung oder um einen entsprechenden Test gehandelt hat, inwieweit derartige Methoden in der Perspektive Anwendung finden können.

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    6. Juli 1970
    Information Nr. 642/70 über aktuelle Probleme der Entwicklung und des Einsatzes von Prozessrechnern in der DDR

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    2. Juli 1970
    Information Nr. 680/70 über einen Brand im VEB Kombinat Industrielle Mast (KIM) Spreenhagen, [Kreis] Fürstenwalde, [Bezirk] Frankfurt/O., am 30. Juni 1970