Arbeitsniederlegung im Kraftwerk Thierbach
14. Juni 1971
Information Nr. 562/71 über die Arbeitsniederlegung von 40 Monteuren aus dem VVB-Bereich Dampferzeugerbau Berlin am 11. Juni 1971 im Kraftwerk Thierbach, Bezirk Leipzig
Am 11.6.1971, 5.45 Uhr, haben 40 Monteure des VEB Großdampferzeugerbau Berlin, die auf der Baustelle Kraftwerk Thierbach, Bezirk Leipzig, eingesetzt sind, ihre Arbeit nicht aufgenommen.
Die eingeleiteten Ermittlungen ergaben Folgendes:
In den letzten acht Wochen hat es in den Waschräumen auf der Baustelle Kraftwerk Thierbach, Bezirk Leipzig, des Öfteren Schwierigkeiten mit der Waschwasserversorgung gegeben. (Die Ursachen hierfür liegen in der Nichtbesetzung bzw. ungenügenden Instandhaltung einer Warmwasseranlage des Kraftwerkes.)
Überprüften Hinweisen zufolge bemühen sich die im Kraftwerk Thierbach eingesetzten Montagekräfte, die im Schichtsystem arbeiten, seit Wochen um die Schaffung einwandfreier hygienischer Bedingungen in ihrem Arbeitsbereich. (Teilweise mussten sich die Monteure in Pfützen waschen.)
Entsprechende Unterstützung suchten die Monteure bei den zuständigen Partei- und Gewerkschaftsorganen der VVB Kraftwerke und des VEK Kraftwerksanlagenbau sowie bei Vertretern der Betriebsleitung des VEB Kombinat Dampferzeugerbau Berlin auf der Baustelle Thierbach.
Wiederholt wurden in diesem Zusammenhang auch Beschwerden an den Leiter des Kraftwerkes Thierbach gerichtet, ohne dass sich an dem geschilderten Zustand etwas änderte.
Am 10.6.1971 wurde durch unsachgemäße Ausschachtungsarbeiten vom VEB Landbau-Kombinat Borna die Haupttrinkwasserleitung, die zu den Waschräumen führt, zerstört, sodass es gar kein Wasser gab. Die Monteure des VEB Großdampferzeugerbau, die zzt. sehr schmutzintensive Arbeiten (Kesselreparaturen, Isolierungsarbeiten usw.) durchführen, konnten sich am 10.6.1972 auf der Baustelle nicht waschen und umziehen, sondern mussten schmutzig in ihr Wohnlager fahren.
Am 11.6.1971 haben die genannten Monteure um 5.45 Uhr ihre Arbeit nicht aufgenommen, da sie feststellten, dass in den Waschräumen auf der Baustelle kein Wasser vorhanden und die defekte Leitung noch nicht repariert worden war. (Infolge eines starken Regengusses war mit den Instandsetzungsarbeiten an der Haupttrinkwasserleitung erst am 11.6.1971, gegen 2.00 Uhr, begonnen worden.)
Der Leiter des Kollektivs der Montagearbeiter konnte die Monteure nicht zur Arbeitsaufnahme veranlassen.
Erst nach einer Aussprache, die der amtierende Parteisekretär sowie ein Vertreter der Betriebsleitung des Kraftwerkes mit den Monteuren führten, nahmen 15 Monteure die Arbeit wieder auf, während die übrigen ihre Wochenendheimreise antraten.
(Die Monteure sollten von 6.00 Uhr bis 9.30 Uhr eine Zwischenschicht fahren.)
In der Aussprache hatten die Monteure zum Ausdruck gebracht, dass »unsere Regierung erfahren müsse, wie es in Thierbach aussehe und wie man mit den Arbeitern umgehe«.
Die an der Arbeitsniederlegung beteiligten Montagekräfte sind als gute Facharbeiter bekannt, die bereits an freien Wochenenden wiederholt Sonderschichten leisteten.
Die betreffenden Monteure sind bisher nicht negativ in Erscheinung getreten.
Durch entsprechende Reparaturen ist zwischenzeitlich die Waschwasserversorgung wieder gewährleistet.