Bahnbetriebsunfall im Plänterwald– Treptower Park
17. Juni 1971
Information Nr. 572/71 über einen Bahnbetriebsunfall im S-Bahn-Streckenabschnitt Plänterwald – Treptower Park am 14. Juni 1971
Über den am 14.6.1971, gegen 22.23 Uhr, zwischen den S-Bahn-Stationen Plänterwald und Treptower Park in einer Gleiskrümmung zwischen dem Arbeitszug Nr. 90 104 und dem planmäßig zwischen Grünau und Bernau verkehrenden S-Bahnzug Nr. 16, PS 2740, erfolgten Auffahrunfall sind nähere Einzelheiten bekannt.
Bei diesem Auffahrunfall wurden elf Personen leicht verletzt und es entstand ein Gesamtschaden von ca. 5 000 Mark. Der Streckenabschnitt musste bis zum 15.6.1971, gegen 4.00 Uhr, gesperrt werden. Für diese Zeit war Schienenersatzverkehr eingerichtet worden.
Die eingeleiteten Untersuchungen zur Aufklärung der Unfallursachen ergaben, dass der Lokführer des Arbeitszuges, [Name, Vorname] (parteilos), geboren [Tag, Monat], 1911, wohnhaft 1273 Berlin-Petershagen, [Straße, Nr.], BW Berlin-Lichtenberg, seit 1939 Angehöriger der DR, Lokführerprüfung seit 1953, den Auffahrunfall wegen mangelhafter Beherrschung der Signalgebung in den Gleisanlagen des S-Bahnverkehrs verursachte.
Der Lokführer [Name], der in seiner Dienstdurchführung als verantwortungsbewusst und einsatzbereit eingeschätzt wird, befuhr mit dem Arbeitszug Nr. 90 104 (Lok und drei beladene Schotterwagen) das erste Mal im S-Bahn-Gleisbereich mit S-Bahn-Signalgebung.
Er hatte sich vor Fahrtantritt keine Klarheit über die Bedeutung der S-Bahn-Signale verschafft und nutzte auch nicht die Möglichkeit, bei Nichtbeherrschen der Signalgebung die Fahrt auf den S-Bahngleisen abzulehnen bzw. einen Lotsen anzufordern.
Er trat die Fahrt an, in der Annahme, dass die im S-Bahnbetrieb gegebenen Signale die gleiche Bedeutung besitzen würden wie im Fernbahnbetrieb.
Gegen 22.20 Uhr erreichte der Arbeitszug den S-Bahnhof Plänterwald, erhielt dort das Signal SV 2, das besagt, am nächstfolgenden Signal wird »Halt« angezeigt.
Das nächstfolgende Signal zeigte SV 3 an, d. h. »Halt« und Weiterfahrt auf Sicht mit verminderter Geschwindigkeit, ca. 15 km/h.
Diese Signalgebung weicht von der Signalgebung im Fernbahnbetrieb dahingehend ab, dass im Fernbahnbetrieb nicht erst angehalten zu werden braucht, sondern gleich mit verminderter Geschwindigkeit auf Sicht weitergefahren werden kann.
[Name] fuhr mit der verminderten Geschwindigkeit von ca. 15 km/h in Richtung S-Bahnhof Treptower Park weiter. Als er in die Gleiskrümmung ankam, sah er den haltenden S-Bahnzug und trotz sofort eingeleiteter Schnellbremsung kam es zu dem Auffahrunfall mit einer Geschwindigkeit von etwa 5 bis 8 km/h.
Gegen [Name] wurde durch das Trapo1-Amt Berlin ein Ermittlungsverfahren ohne Haft wegen Herbeiführung eines schweren Verkehrsunfalls (§ 196, Abs. 1 und 2 StGB)2 eingeleitet.