Diözesantag der Kolping-Familien
24. November 1971
Information Nr. 1118/71 über den Diözesantag 1971 der Kolping-Familien des Bistums Berlin
Dem MfS wurden Einzelheiten zum Ablauf des am 23. und 24.10.1971 in der Gemeinde St. Josef in Berlin-Köpenick stattgefundenen Diözesantag 1971 der Kolping-Familien1 des Bistums Berlin bekannt, die im Folgenden wiedergegeben werden:
Teilnehmer dieser Zusammenkunft waren insgesamt 250 Personen aus den fünf Dekanaten der Hauptstadt der DDR und Gäste als Delegationen der Kolping-Familien in Luckenwalde, Genthin, Erfurt, Brandenburg, Prenzlau, Magdeburg, Treuenbrietzen, Teltow, Nauen, Hennigsdorf.
Der Veranstaltungsplan sah u. a. vor:
Am 23.10.1971, 15.00 Uhr – Eröffnung,
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16.30 Uhr – Podiumsgespräch »Kolping heute«,
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19.30 Uhr – Auftritt der Spielgruppe Brandenburg;
am 24.10.1971, 10.30 Uhr – Chronik der Berliner Kolpingfamilie.
In dem Podiumsgespräch, das von Monsignore Zoda,2 Berlin, zum Thema »Kolping heute« geleitet wurde, wurde stark darauf orientiert, die Arbeit in den Dekanaten zu intensivieren und »jugendgemäß« zu gestalten, um Jugendliche für eine aktive Mitarbeit zu begeistern.
In diesem Zusammenhang wurde von Monsignore Zoda und von einer Reihe Diskussionsredner festgestellt, die Arbeit in den Kolping-Familien sei überaltert und dogmatisch und bleibe hinter der Entwicklung in der Kirche und in der Welt zurück. Die Arbeit müsse »moderner« gestaltet werden und vor allem auf die Bedürfnisse der Jugend eingehen.
In den Schulungs- und Vortragsabenden müssten solche Themen behandelt werden, die die »Probleme der heutigen Zeit« klären helfen und dazu beitragen, dass sich der katholische Christ besser in Staat und Gesellschaft zurechtfindet.
Monsignore Zoda stellte in seinem Schlusswort vier Kernpunkte auf, die die Tätigkeit der Kolping-Familie seit 120 Jahren charakterisieren und auch heute noch Gültigkeit hätten:
- 1.
Ein Kolping-Bruder ist ein guter Christ.
Ihn zeichnen aus: Nächstenliebe, Unterstützung Alter und Hilfsbedürftiger, Brüderlichkeit im Betrieb und Wohnhaus, auch gegenüber Andersdenkenden, Standhaftigkeit im Glauben und aktive Mitarbeit im Laienapostolat.
- 2.
Ein Kolping-Bruder ist ein guter Familienvater.
Die Familie ist die kleinste Zelle der Kirche. Deshalb müssen die Kinder zu wahren Christen erzogen werden. Besondere Aufmerksamkeit ist jungen Familien zu widmen. Die Kontakte der Familien der Mitbrüder untereinander müssen ausgebaut werden.
- 3.
Ein Kolping-Bruder ist ein Meister seines Fachs.
Er soll nach guten Leistungen streben unter dem Aspekt, dass er nicht nur für sich selbst arbeitet, sondern auch für das friedliche Leben seiner Mitmenschen.
- 4.
Ein Kolping-Bruder ist ein guter Bürger.
Diese Feststellung bedeute kein politisches Engagement.
Der Christ könne aber viel dazu beitragen, dass auf sozialem Gebiet Verbesserungen vorgenommen werden.
Am Abend des 23.10.1971 trat die Spielgruppe Brandenburg/Havel auf. Sie brachte im ersten Teil ihres Programms Parodien auf junge, moderne Priester, Modegecken, Mähnen- und Bartträger. Im zweiten Teil wandte sie sich gegen den Krieg, den Hunger und das Elend in der Welt.
Am 24.10.1971 wurde von Erzpriester Rosal,3 Berlin, die »Chronik der Geschichte der Berliner Kolpingfamilien« vorgetragen mit allen Daten, Fakten und Ereignissen seit ihrer Gründung. Abschließend stellte Rosal fest, die Kolpingfamilien müssten dafür dankbar sein, dass sie »frei und ohne Behinderung« ihre Tätigkeit ausüben können.
In der Schlussandacht um 15.00 Uhr verlas Weihbischof Kleineidam,4 Berlin, ein Grußtelegramm von Kardinal Bengsch,5 das keinen politischen Inhalt hatte.
Dann brachte er zum Ausdruck, dass die Kolping-Familien auch heute in der »atheistischen Umwelt« ihre Daseinsberechtigung haben. Sie bilden in der Kirche die Zellen, aus denen sich die »Elite« entwickelt.
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