Einrichtung eines amerikanischen Kulturzentrums in Ostberlin
21. Juli 1971
Information Nr. 705/71 über Vorstellungen zur Errichtung eines amerikanischen Kulturzentrums in der Hauptstadt der DDR
Nach Angaben einer zuverlässigen Quelle erklärte der Leiter des Deutschland-Referats im USA-Außenministerium, Sutterlin,1 Anfang Juli 1971, die amerikanische Regierung werde in der Bonner Vierergruppe2 den Vorschlag einbringen, von der Sowjetunion die Einrichtung eines amerikanischen Kulturzentrums in Ostberlin zu verlangen.3 Gründe seien:
Die amerikanische Regierung erkenne in zunehmendem Maße die Notwendigkeit, im Falle einer Vermehrung der sowjetischen Präsenz in Westberlin, über die in den Verhandlungen bereits gesprochen werde, auch eine amerikanische Präsenz in Ostberlin durchzusetzen. Dies sei aus innenpolitischen Gründen in den USA, aber auch in Westberlin notwendig.
Ein amerikanisches Kulturzentrum in Ostberlin würde der amerikanischen Regierung und den Verbündeten erhebliche Vorteile bieten.
Auch aus verhandlungstaktischen Gründen empfehle sich der Vorschlag. Man könne sich unter Berufung darauf leichter gegen sowjetische Wünsche nach vermehrter Präsenz in Westberlin zur Wehr setzen.
Es bestehe ein erhebliches amerikanisches Interesse daran, von der Sowjetunion die Möglichkeit zur Ausübung konsularischer Schutzfunktionen zugunsten von in Ostberlin inhaftierten Amerikanern zu erlangen. Diese Forderung solle als Rückfallposition geltend gemacht werden, wenn die Sowjetunion das Kulturzentrum in Ostberlin, wie zu erwarten, ablehne.
Sutterlin wies darauf hin, dass in keinem Falle an amerikanische Kontakte mit DDR-Stellen4 gedacht sei; die SU sollte die Einrichtung eines amerikanischen Kulturzentrums über ihre Kontakte mit städtischen Behörden in Ostberlin ermöglichen und dafür sorgen, dass die erforderlichen Maßnahmen getroffen würden. Gegebenenfalls sollten sie auch gewährleisten, dass inhaftierte Amerikaner amerikanischen konsularischen Schutz erhalten könnten.
Sutterlin betonte nachdrücklich, dass die Forderung nach einem amerikanischen Kulturzentrum in Ostberlin nicht vorgebracht werde, um die Verhandlungen zu verschleppen, sondern weil die amerikanische Regierung aus den geschilderten Gründen ein besonderes materielles Interesse habe.
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