Gerichtsverfahren gegen Westberliner in Berlin-Lichtenberg
7. Mai 1971
Information Nr. 440/71 über die vorgesehene Durchführung eines Gerichtsverfahrens gegen zwei Westberliner Personen vor dem Stadtbezirksgericht Berlin-Lichtenberg
Es ist beabsichtigt, gegen die Westberliner Personen Hensel, Alexander,1 geboren [Tag, Monat] 1952, wohnhaft Westberlin-Grunewald, [Straße, Nr.], Hausig, Bernd,2 geboren [Tag, Monat] 1952, wohnhaft Westberlin-Grunewald, [Straße, Nr.], in der Zeit vom 13.5. bis 14.5.1971 vor der Strafkammer des Stadtbezirksgerichtes Berlin-Lichtenberg ein Strafverfahren durchzuführen.3
Die vom MfS festgenommenen Hensel und Hausig haben gemeinschaftlich handelnd
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unter Benutzung von gefälschten luxemburgischen Reisepässen in mehreren Fällen das Gebiet der DDR betreten bzw. durchfahren.
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Kraftfahrzeugscheine gefälscht und sind mit derartigen Papieren in die DDR ein- bzw. ausgereist, unter Benutzung von in Westberlin oder Westdeutschland geliehenen oder gestohlenen Kraftfahrzeugen.
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Zuvor sind [durch] Hensel und Hausig in Westberlin unter aktiver Beteiligung eines gewissen »Bernd« organisiert falsche Reisepässe, Kraftfahrzeugpapiere einschließlich Führerscheine hergestellt worden, die gegen entsprechende Geldsummen vertrieben wurden und zu den verschiedenartigsten kriminellen Handlungen benutzt werden sollten.
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Weiterhin haben der Hensel und Hausig im großen Umfang Diebstahlshandlungen in Westberlin begangen, weshalb gegen sie am 21.4.1971 vor dem Amtsgericht Tiergarten ein Strafverfahren stattfinden sollte.
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Der Hensel hat darüber hinaus Waffen aufgekauft und verkauft und ist deshalb bereits vorbestraft.
Im beabsichtigten Strafverfahren vor dem Stadtbezirksgericht Berlin-Lichtenberg soll nachgewiesen werden, dass
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in Westberlin aufgrund einer inkonsequenten Strafverfolgung ein ständiges Anwachsen krimineller Handlungen vorhanden ist und die Voraussetzungen für die Verübung von Straftaten in anderen Staaten geschaffen werden;
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kriminelle Elemente versuchen, die durch die DDR führenden Transitstrecken zu missbrauchen und deren Festnahme in Interesse der DDR u. a. Staaten sowie der Westberliner Bevölkerung zwingend notwendig ist;
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die Behauptungen des Westberliner Senats über angebliche ungerechtfertigte Festnahmen seitens der Organe der DDR unhaltbar sind; dass die zuständigen Westberliner Organe nichts gegen die in Westberlin sitzenden Urheber unternehmen, dass sie die Hintermänner solcher Handlungen nicht nur gewähren lassen, sondern decken.
Auf der Grundlage der vorgenannten Zielstellung ist vorgesehen, das Ergebnis der Beweisaufnahme und der Hauptverhandlung durch entsprechende Veröffentlichungen zu publizieren. Im gleichen Zusammenhang ist beabsichtigt, durch gezielte publizistische Maßnahmen zu erreichen, dass durch die Westberliner Justizorgane gegen den Passfälscher »Bernd« strafrechtliche Maßnahmen eingeleitet werden.