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Konzept für Maßnahmen gegen den BND

6. April 1971
Konzeption für politisch-operative und publizistische Maßnahmen zur Förderung der politischen Auseinandersetzungen um die Rolle und Funktion des BND und zur Entlarvung der Hintergründe dieser Auseinandersetzungen [K 1/21]

[Faksimile von Blatt 1]

1. Ausgangspunkt für aktive Maßnahmen des MfS sind die mit der »Spiegel«-Veröffentlichung »Pullach intern«1 eingeleiteten Angriffe gegen den BND, die offensichtlich auf Initiativen von Strauß2 und hinter ihm stehenden Führungskreisen der CDU/CSU gemeinsam mit den am weitesten rechts stehenden SPD-Kreisen ausgelöst wurden.

Diese Kräfte operieren mit Behauptungen, dass der BND aufgrund der Einflussnahme der SPD-Führung (besonders Ehmkes3) im Sinne seiner stärkeren Ausrichtung auf die Bonner sogenannte Ost- und Deutschlandpolitik4 in gewissem Maße »funktionsuntüchtig« geworden sei.

Aus den bisherigen »Spiegel«-Veröffentlichungen und der darauf erfolgten Reaktion kristallisiert sich als eigentliche Zielsetzung immer deutlicher heraus:

  • Forcierung der Angriffe des Rechtskartells5 auf die »Ost- und Deutschlandpolitik« der Brandt/Scheel-Regierung6 und zur Schwächung ihrer Position insgesamt;

  • Zurückdrängung des Einflusses führender SPD-Vertreter auf den BND (als eines der wichtigsten Organe des westdeutschen staatsmonopolistischen Herrschaftssystems);

  • verstärktes Herausstellen des »Dilettantismus« führender SPD-Vertreter.

Diese Einschätzung der eigentlichen, mit den Veröffentlichungen verfolgten Zielsetzung wird noch durch die deutlich sichtbar gewordenen Bestrebungen erhärtet, die Rolle des BND unter Leitung Gehlens7 zu glorifizieren und als wirksamer herauszustellen. Gehlen wird als »Realist« herausgestellt, unter besonderer Hervorhebung seiner Rolle als Leiter der Spionageabteilung im Generalstab der faschistischen Wehrmacht »Fremde Heere Ost« (FHO).8 In diesem Zusammenhang werden Behauptungen hochgespielt, wonach Gehlen während des 2. Weltkrieges »realistischer« gedacht habe und manches hätte anders verlaufen können, wenn seine Ratschläge befolgt worden wären und wenn nicht »Dilettanten« (Hitler) falsch entschieden hätten.

2. Ziel und Richtung der Maßnahmen des MfS

2.1. Herausstellen der eigentlichen Ursachen für die Misere des BND:

  • Veränderung des Kräfteverhältnisses;

  • Zunahme der Niederlagen des Imperialismus und seiner Geheimdienste ist gesetzmäßig bedingt;

  • systematische Einschränkung der Wirkungsmöglichkeiten imperialistischer Geheimdienste (Hervorhebung hoher revolutionärer Wachsamkeit);

  • Erhöhung der Wirksamkeit der Sicherheitsorgane und -maßnahmen und Wirken vieler Patrioten im Lager [des] Gegners.

2.2. Verdeutlichung der Rolle des BND zur Verwirklichung der Aggressions- und Expansionsziele des westdeutschen Imperialismus und der Forcierung der Anstrengungen des BND für diese Ziele auf verschiedenen Gebieten:

  • Militärspionage und Stützpunktschaffung im Sinne der Vorbereitung einer militärischen Aggression;

  • Forcierung der politischen Spionage (Ansatzpunkte für verstärktes politisches und ideologisches Eindringen in die DDR und andere sozialistische Staaten);

  • Forcierung der ökonomischen Spionage und Störtätigkeit;

  • Notwendigkeit der weiteren Erhöhung der Wachsamkeit als wesentliche Voraussetzung gegen offene und schleichende imperialistische Aggressionspolitik.

2.3. Förderung des Differenzierungsprozesses und der Auseinandersetzunzen in Westdeutschland durch

  • a)

    Entlarvung der Machenschaften des Rechtskartells, die sich u. a. in Veröffentlichungen über den BND widerspiegeln;

  • b)

    Herausstellen der Verantwortung der Brandt/Scheel-Regierung für alle vom BND ausgehenden Aktivitäten, auch für Duldung der Vorgänge im BND;

  • c)

    Förderung der Auseinandersetzungen und der Unsicherheit durch gezielte differenzierte Lancierungen sowohl links- als auch rechtsgerichteter Darstellungen.

2.4. Verstärkung der Unruhe und Unsicherheit in WD und weitere Entlarvung der Rolle des BND in mehreren Richtungen:

  • Widerspiegelung des mehrgleisigen Bonner Vorgehens und der Interessen mehrerer Gruppierungen im Handeln des BND (von alten Faschisten, Militaristen und Strauß bis zu Brandt,9 Wehner,10 Schmidt11 und Ehmke);

  • Nutzung der Möglichkeiten des BND durch das Rechtskartell, bis zur Ausführung von Spitzelaufträgen nach innen im Auftrage des Rechtskartells;12

  • Enthüllungen über den BND (Aufträge des BND, Festnahme von Spionen und Agenten, Aussagen Festgenommener, Auftreten eines »Selbststellers« usw.).

3. Vorschläge für aktive Maßnahmen des MfS

Die aktiven Maßnahmen sind in Übereinstimmung mit der unter Punkt 2 genannten Zielsetzung bzw. mit Teilen dieser Zielsetzung vorzubereiten, zu organisieren und durchzuführen.

3.1. Maßnahmen in Presse, Rundfunk und Fernsehen der DDR

Ausgangspunkt ist die vorstehend genannte Zielsetzung (Pkt. 2.1. und Teile der Pkte. 2.2. bis 2.4.). Dabei sollten – entsprechend den Vorschlägen der Abt. Agitation – in Bezug auf die Situation im BND mit beachtet werden:

  • der im BND wirkende Widerspruch zwischen der Verflechtung der alten Variante des offenen Antisozialismus, der Politik der Stärke usw. einerseits und der neuen Variante der Bonner sogenannte Ost- und Deutschlandpolitik, der Forcierung der politisch-ideologischen Aufweichung und Zersetzung usw. andererseits;

  • die sich aus der personellen Zusammensetzung ergebenden Differenzen zwischen Militärs und Zivilisten, überalterten Mitarbeitern und akademischen Nachwuchskräften, ehemaligen Wehrmachtsangehörigen und SD-Mitarbeitern, Mitarbeitern des BND und des Bundeskanzleramtes.

Die Darlegung dieser Widersprüche bzw. Grunddifferenzen muss gezielt und differenziert erfolgen, ohne dabei die Mehrgleisigkeit des Bonner Vorgehens und das ihm entsprechende Zusammenwirken bzw. Zusammenspiel der verschiedenen Kräfte außer acht zu lassen. (Die Gemeinsamkeit besteht in der Grundhaltung: Zurückdrängung und Beseitigung des Sozialismus. Differenzen bestehen vorwiegend in Fragen des taktisch-methodischen Vorgehens.)

Weiter sind in diesem Zusammenhang zu beachten:

  • die Zuspitzung der Situation im BND durch die zunehmende Entlarvung des BND bzw. westdeutscher Agenten im internationalen Maßstab seit Oktober 1969 und zwar

    • in sechs europäischen Staaten (DDR, ČSSR, VR Polen, VR Bulgarien, SFRJ und Österreich),

    • in vier afrikanischen Staaten (VAR, Sudan, Lesotho, Guinea) und

    • in drei asiatischen Staaten (Irak, Libanon, China),

  • die Aufdeckung und Unschädlichmachung von sieben westdeutschen BND-Instrukteuren und von ihnen gesteuerter Spionagenetze in der DDR in den letzten 20 Monaten.

    (Trotz der Bonner Maßnahmen zur Erhöhung seiner Effektivität und trotz erheblicher Etataufstockung erlitt der BND verstärkt Niederlagen.)

Auf der Grundlage der vorstehenden genannten Aspekte und Schwerpunkte der Argumentation wird konkret vorgeschlagen:

  • a)

    Pressemaßnahmen

    • Interview zur »Spiegel«-Serie mit Dr. Mader13 in der Zeitschrift »Horizont«;14

    • gegen Bonn gerichtete Auswertung der »Spiegel«-Serie, angereichert mit dem Archiv-Material über »Panorama«15 (Englisch, Arabisch, Französisch) in Nahost, Mittelost, Südostasien und Fernost sowie in Afrika;

    • ADN-Auslandsdienst (Auszüge aus dem Interview).

Verantw.: Abteilung Agitation | Termin:

  • b)

    Rundfunk-Kommentare in

    • Deutschlandsender – auf der Grundlage des Interviews von Dr. Mader;

    • Radio DDR (II. Programm-Studio 70)16 – auf der Grundlage und bei gleichzeitiger Aktualisierung der Dokumentation von Dr. Mader. »Die Geheimdienstpraxis der Brandt-Regierung«17 (breits veröffentlicht in »Mitteilungsblatt der (AeO)«)18 vom Juli 1970;

    • Radio Berlin International – Auslandsdienst in Fremdsprachen unter Verwendung der vorstehend genannten Publikationen.

Verantw.: Abteilung Agitation | Termin:

  • c)

    Fernsehdokumentation unter hauptsächlicher Verwendung aufgezeichneter Berichte des Westfernsehens über den BND mit aktueller Umkommentierung.

Verantw.: Abteilung Agitation | Termin:

  • d)

    ADN-Meldung auf der Grundlage einer Verlautbarung der Pressestelle des MfS über die in jüngster Zeit erfolgten Festnahmen von Spionen und Kurieren des BND ohne Nennung näherer Einzelheiten.

Verantw.: Abt. Agitation (im Zusammenwirken mit den HA II und IX) | Termin: 12.4.1971

  • e)

    Prüfung der Möglichkeiten, über offizielle Kontakte den französischen Kommunisten und Schriftsteller Alain Guerin19 (Verfasser des Anti-Gehlen-Buches »Der graue General«, erschienen 1968 in Paris)20 zu veranlassen – eventuell Einladung in die DDR –, mit geeignetem Material von Frankreich aus die Kampagne gegen den BND wirksam zu unterstützen.

Verantw.: Abteilung Agitation

3.2. Maßnahmen auf dem Gebiet der Öffentlichkeitsarbeit unter Ausnutzung von Ergebnissen der politisch-operativen Arbeit des MfS

  • a)

    Durchführung einer Festnahme mit dem Ziel der Nachweisführung, dass der BND verstärkt Spione einsetzt, die unter Missbrauch der Verbindungswege zwischen Westberlin und Westdeutschland Militärspionage betreiben. Bei der Einreise in die DDR könnte kurzfristig festgenommen werden

    entweder … | oder …

    Festnahme nur einer von beiden Personen, und zwar derjenigen, die zuerst in die DDR einreist. (Beweismittel liegen gegen beide vor.)

    In die Auswertung der betreffenden Festnahme kann das bereits laufende EV gegen BND-Spion [Name 1, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1947, zuletzt Student an der FU, festgenommen am 21.12.1970, einbezogen werden.

    [Name 1] hat im Auftrage der gleichen BND-Dienststelle Spionage getrieben wie die beiden o. g. Spione.

    In die Auswertung kann ebenfalls der UV [Name 2] (Festnahme 21.7.1970) einbezogen werden.

Verantw.: HA II im Zusammenwirken mit der HA IX | (Die Verantwortlichkeit schließt die Vorbereitung eines für die Öffentlichkeitsarbeit geeigneten Materials ein.)

  • b)

    Vorbereitung eines Materials für die Öffentlichkeitsarbeit mit dem Ziel der Nachweisführung, dass der BND vielfältige Anstrengungen unternimmt, zahlreiche Spionagestützpunkte im Bereich der Staatsgrenze Ost der DDR zu schaffen, um vor allem Militärspionage (Überwachung des Militärverkehrs) zu betreiben. Dazu sind folgende Vorgänge auszuwerten:

    • UV [Name 3] (Werbung auf dem Gebiet der DDR durch westdeutsche Verwandte, die ebenfalls festgenommen wurden). Festnahme: 13.7.1970 (HA II/4)

    • UV [Name 4] (Spionage an einer strategisch wichtigen Bahnstrecke). Festnahme: 29.5.1970 (HA II/4)

    • UV [Name 5] (Spionage unter Einbeziehung von Familienangehörigen). Festnahme: 13.3.1970 (BV Cottbus)

    • UV [Name 6] (Westdeutscher Werber und Instrukteur des BND – warb IMF »Kaden« an). Festnahme: 7.9.1969 (BV Frankfurt (Oder))

Verantw.: HA IX (im Zusammenwirken mit der HA II) | Termin: 12.4.1971

  • c)

    Aufbereitung des Materials in Auswertung der Ergebnisse der bereits unter a) und b) genannten Vorgänge [Name 6], [Name 3], [Name 2] und [Name 1] sowie des Vorganges [Name 7, Vorname] (festgenommen 11.11.1969), unter Verwendung sichergestellter schriftlicher Anweisungen des BND und Aussagen der von den westdeutschen Agenten geworbenen und gesteuerten Spione in der DDR, die u. a. beinhalten

    • den Einsatz westdeutscher Bürger durch den BND zur Anwerbung von DDR-Bürgern und Schaffung von Agentengruppen in der DDR unter Missbrauch verwandtschaftlicher und anderer persönlicher Kontakte, die Auftragserteilung, Instruierung und geheimdienstliche Ausrüstung. der DDR-Bürger durch diese westdeutschen Agenten unter Ausnutzung von Einreisen in die Hauptstadt der DDR, Besuchsreisen in Bezirke der DDR sowie von Fahrten zur Leipziger Messe;

    • die gezielte Werbung und den Einsatz westdeutscher Bürger zur Spionage unter Missbrauch der Transitstrecken zwischen Westdeutschland und Westberlin;

    • die Ausnutzung Westberliner zur Treffdurchführung zwecks Auftragserteilung, Instruierung, Übergabe geheimdienstlicher Mittel und Entgegennahme von Spionagematerial seitens des BND mit westdeutschen Agenten, die in der DDR zum Einsatz kommen;

    • die Anwerbung von Studenten in Westberlin, unter anderem über getarnte Inserate in Westberliner Zeitungen, zur Spionage gegen die DDR und die ČSSR;

    • die Orientierung der Agenten auf verstärkte zielgerichtete Erkundung militärischer Objekte, Verbindungswege und Nachschublinien sowie strategischer und taktischer Angriffsziele im Interesse der Vervollkommnung der imperialistischen Aggressionsplanung;

    • Erklärung eines BND-Mitarbeiters gegenüber dem Agenten [Name 6]

      • -

        über die Zielstellung des Geheimdienstes, durch die Schaffung von Agenten an Verkehrsknotenpunkten in der Nähe der Oder-Neiße-Grenze Voraussetzungen für die Beeinträchtigung des militärischen Nachschubs durch gezielte Diversions- und Sabotageakte im Kriegsfall zu schaffen,

      • -

        über Pläne zur Einschleusung von Hetzmaterial aus Westdeutschland in internationalen Reisezügen und ihre Verbreitung durch Agenten des BND in der DDR, um damit Unruhe und Unzufriedenheit von Bevölkerungskreisen der DDR vorzutäuschen;

    • Aufträge des BND zur Bespitzelung von Angehörigen der Technischen Universität in Westberlin sowie zum Eindringen in die Evangelische Brüdergemeinde21 in Westdeutschland.

Verantw.: HA IX (im Zusammenwirken mit der HA II) | Termin: 12.4.1971

  • d)

    Vorbereitung eines für die Öffentlichkeitsarbeit geeigneten Materials über das Wirken von Patrioten, die mit Wissen des MfS Verbindung zum BND unterhielten. Geeignet hierfür sind:

    • IMF »Kaden« und Ehefrau (seit 1966 IM des MfS), 1968 vom BND angeworben. Als Werber und späterer Instrukteur fungierte der westdeutsche Agent, [Name 6, Vorname] Nowack, Erich (siehe o. g. UV [Name 6] Nowack). »Kaden« wurde 1969 im Zusammenhang mit der Festnahme [Name 6] Nowacks zurückgezogen. Der IMF »Kaden« (seit 1964 Mitglied der SED, Reichsbahnangestellter) und seine Ehefrau können als Patrioten auftreten.

    • IMF »Astor« seit 1959 Verbindung zum BND (gleiche Dienststelle wie IMF »Schumacher«). Hat gegenwärtig Aufträge zur Aufklärung von Objekten des MfS. Beachten: Es wird vermutet, dass der BND IMF »Astor« bestimmte Testmaßnahmen hinsichtlich seiner Zusammenarbeit mit dem MfS durchführt.

Verantw.: HA II | Termin: 15.4.1971

  • e)

    Ausarbeitung von Vorschlägen und Entwicklung einer Konzeption für die wirkungsvolle Verwendung der unter a) bis d) angeführten Materialien in der Öffentlichkeitsarbeit unter Berücksichtigung folgender Möglichkeiten:

    • Sendung einer Dokumentation im Deutschen Fernsehfunk zur Tätigkeit des BND, die beinhalten sollte: Aussagen der für das öffentliche Auftreten im DFF geeigneten Agenten [Name 6], [Name 3] und [Name 1];

    • Einblenden sichergestellter Anweisungen des BND; aufgezeichnete Sendungen des Westfernsehens mit Äußerungen Bonner Politiker zur Bonner sogenannten Ost- und Deutschlandpolitik, konfrontiert mit Äußerungen von Ehmke über die Erhöhung der Wirksamkeit des BND (eventuell Verbinden mit Auftreten eines Patrioten, siehe Pkt. d).

    • Vorschläge für Kommentare (Presse, Rundfunk, Fernsehen) und Presseartikel z. B. über den Missbrauch Westberlins und der Transitstrecken, über den Widerspruch offizieller Erklärungen der Brandt/Scheel-Regierung und den BND-Praktiken.

    • Durchführung einer kleinen Pressekonferenz mit DDR-Pressevertretern und akkreditierten Korrespondenten, in deren Verlauf ein ehemaliger IMF bzw. ein ehemaliger BND-Agent (als Selbststeller) auftritt und unter Nutzung sichergestellter BND-Anweisungen die Aktivität des BND als Ausdruck der mehrgleisigen Bonner Politik und der mit der »Ost- und Deutschlandpolitik« verfolgten eigentlichen Zielsetzung anprangert.

    • Lancierung fotokopierter BND-Direktiven in westdeutsche Presseorgane, die mit dem »Spiegel« konkurrieren. (Diese Maßnahme könnte gesondert durchgeführt werden oder der kleinen Pressekonferenz folgen.)

Verantw.: Abteilung Agitation | Termin: 20.4.1971

3.3. Lancierung geeigneter Materialien nach Westdeutschland bzw. ins westliche Ausland

Hier handelt es sich um die Vorbereitung von Materialien, deren Eignung im Sinne der unter Pkt. 2 genannten Zielsetzung noch geprüft werden müsste bzw. worüber nach ihrer Vorlage eine Entscheidung herbeigeführt werden sollte.

  • a)

    Dokumentation über die gegenwärtige Geheimdienstmisere, ihre Ursachen und Hintergründe (ca. 15 bis 20 Seiten)

    • Herausarbeiten, dass sogenannte Reformbestrebungen im westdeutschen Geheimdienstbereich von politischen Ambitionen überschattet sind. Zusammenhang aufzeigen zur Verstärkung der Auseinandersetzungen um »Ostpolitik«, besonders auch zwischen US-Regierung und Bonner Regierung (Konzeptionen Strauß, Barzel22 Guttenberg23 und Schmidt). Unterdrucksetzung der Bundesregierung, Verhinderung der Ratifizierung der Verträge,24 Sabotierung der SALT-Gespräche.25

    • Kampf um Machtpositionen im militärischen und geheimdienstlichen Bereich.

    • 1968 angekündigte »Reformen« – bessere Koordinierung zwischen westdeutschen Geheimdienstzweigen, parlamentarische Kontrolle usw. – wurden nicht konsequent durchgeführt, sondern bestimmten Machtansprüchen unterworfen (Ehmke, Barzel, Strauß, Schmidt, Guttenberg und Gehlen, Wessel,26 Blötz27).

    • Gegenwärtige BND-Affäre dient auch der Formierung der am weitesten rechtsstehenden Kräfte innerhalb der SPD. Diese Kräfte handeln im Rahmen der allgemeinen rechten Sammlungsbewegung und treten in der SPD gezielt mit Provokationen auf (Beispiel Auftreten Bärwalds28 in enger Wechselbeziehung zu seinen Kontaktleuten in der CIA, im BND und hohen Offizieren der Bundeswehr;29 Rolle Ahlers30 u. a. durch Zuspielen von Interna der Bundesregierung an rechtsgerichtete Kräfte; Rolle Schmidts im BMVg und Nutzung militärischer Geheimdienstverbindungen für persönliche Machtansprüche).

    • Weitere Beweise der Formierung rechter Kräfte zeigen sich in den Verbindungen der CSU-»Seilschaft« im BND mit Strauß, in der Preisgabe des Bahr31-Papiers32 durch Guttenberg und im Auftreten Barzels in der VR Polen.33

Für Dokumentationen sollen Informationen der HV A/VII und Dosiers aus den Vorgängen »Dschungel« und »Pensionat«, Biografien sowie ein Vorgang der Abt. XII »Wanda« (zur persönlichen Haltung Gehlens und seine antifranzösische Stellung) genutzt werden.

Lancierungskanal: Muss noch festgelegt werden | Verantwort.: HV A/X (im Zusammenwirken mit den Abt. II, VII, XI, u. XII) | Termin: 15.4.1971

  • b)

    Lancierung einer linksgerichteten Darstellung über machtpolitische Bestrebungen der CDU/CSU

    Bei der »Spiegel«-Affäre 196234 handelte es sich um einen Missbrauch gesetzlicher Einrichtungen (Gestapo-Methoden).

    Strauß leitet mit »Pullach intern« neue Affäre ein. Er nutzt die von der CDU/CSU selbst verursachte Misere im BND, um eine Art nationale Krise zu provozieren, eine allgemeine Spionagehysterie zu verbreiten und die Legalität zu unterwandern. Der neue Angriff von Strauß ist weitaus gefährlicher als der von 1962, da Strauß sich der Unterstützung von Kräften des BND und der CIA versicherte. CSU-»Seilschaft« im BND fühlt sich gegenüber Strauß tief verpflichtet. Strauß hat die »Verantwortungslosigkeit« des BND im Jahr der Selbstmorde 1968 gedeckt.35

Lancierungskanal: »Gustav«36 | Verantw.: HV A/X (548) | Termin: 12.4.1971

  • e)

    Lancierung von rechts über die Tätigkeit des amerikanischen und englischen Geheimdienstes gegen Strauß

    Es soll nachgewiesen werden, dass diese Geheimdienste seit Anfang der 1960er-Jahre durch systematisches Hochspielen gegen Strauß gerichteter Skandalgeschichten verhindert haben, dass Strauß Bundeskanzler wird.

Lancierungskanal: »Troja«37 | Verantwort.: HV A/X (544) | Termin: 12.4.1971

  • d)

    Vortäuschung einer konspirativen Tätigkeit von Bundeswehroffizieren im Sinne der Formierung der rechten Kräfte

    Entsprechend der Konzeption »Sturm«38 werden mit der Abt. IV (HV A) verschiedenartige Materialien, die einerseits die nachrichtendienstliche Tätigkeit von Bundeswehroffizieren und andererseits die Formierung von rechtsextremistischen Militärs belegen, ausgearbeitet und lanciert.

Lancierungskanal: Einsatz eines IM der HV A/Abt. IV/D im Operationsgebiet | Verantw.: HV A/X (548) in Zusammenarbeit mit Abt. IV/D | Termin: 15.4.1971

Die Durchführung der vorgeschlagenen Lancierungsmaßnahmen könnte gestützt auf folgende Probleme bzw. Materialien erfolgen:

1. Verlauf der Maßnahmen der rechtskonservativen Kräfte gegen die Ostpolitik der Regierung Brandt/Scheel, einschließlich ihres Sturzes.

  • Gründung der NLA39 im Juli 1970, Organisierung des Übertritts und Kauf von FDP-Abgeordneten, Versuche der Ausschaltung der FDP als Koalitionspartner der SPD.40

  • Im Zusammenhang mit diesen Bestrebungen Ausnutzung der Landtagswahlen in Hessen41 und Bayern42 im November 1970.

  • Organisierung und Mobilisierung der revanchistischen Vertriebenenverbände im Zusammenhang mit dem Moskauer43 und Warschauer Vertrag44 gegen die Ostpolitik der Brandt/Scheel-Regierung.

  • Organisierung der Demission Bärwalds aus der Tätigkeit im Parteivorstand der SPD als eine Aktion mit nachrichtendienstlichem Hintergrund und der Bestrebungen der konservativen Kräfte in der CDU/CSU sowie in der SPD.

  • Darstellung der derzeitigen Aktion der Rechtskräfte im Zusammenhang mit dem BND als von der CDU/CSU gegen die Politik der Regierung Brandt/Scheel gerichtet (wegen Beachtung des Quellenschutzes erfolgt weitgehende Legendierung hinsichtlich des Ausgangspunktes der Maßnahmen in der CDU).

2. Bearbeitung eines Faktenmaterials über den nachrichtendienstlichen und politischen Hintergrund der von den Rechtskräften organisierten Bärwald-Demission.

  • Bärwald als verantwortlicher Leiter im SPD-Ostbüro mit Verbindungen zum BND und zu rechtskonservativen Kreisen.

  • Seine Verbindungen zu Dienststellen der psychologischen Kriegsführung.45

  • Bärwald unterhält feste Kontakte zu führenden Kreisen im »Bundesverteidigungsministerium«; seine feste Verankerung im BMVg.

  • Herausarbeitung des Zeitpunktes der Auslösung der Aktion mit dem Ziel der Schaffung eines neuen Höhepunkts im Vorgehen gegen die Politik der Brandt/Scheel-Regierung (bevorstehende Landtagswahlen; Vier-Mächte-Gespräche zur Westberlinfrage,46 Gespräche DDR – BRD,47 Gespräche Regierung DDR-Westberliner Senat,48 Vorbereitung Europäischer Sicherheitskonferenz,49 verschärfte antikommunistische Orientierung der SPD und diesbezügliche Auseinandersetzungen).

3. Fixierung der nachrichtendienstlichen und politischen Hintergründe der Auslösung der zur Zeit vor sich gehenden Aktion gegen die Politik der Brandt/Scheel-Regierung im Zusammenhang mit dem bzw. um den BND.

(Aus Gründen des Quellenschutzes erfolgt eine weitgehende Legendierung des intern bekannten Zusammenhanges auf »die führenden Kreise der CDU/CSU« als der Kraft, die die Aktion um bzw. mit dem BND ausgelöst haben).

  • Darstellung des Zusammenwirkens zwischen rechtskonservativen Kreisen der CDU/CSU und rechtskonservativen Kräften im BND.

  • Die Veröffentlichung des sogenannten Bahr-Papiers durch Guttenberg, eine Maßnahme der rechtskonservativen Kräfte der CDU/CSU und des BND.

  • Die sogenannten Ostreisen50 führender CDU/CSU-Politiker in sozialistische Länder (Höcherl,51 Barzel, Schröder52) als Mittel zur Abdeckung ihnen von rechtskonservativen BND-Kreisen zur Verfügung gestellter Informationen des BND-Netzes aus sozialistischen Ländern.

  • Darstellung, dass Ahlers verdächtigt wird, Interna aus der Regierung zum Schaden ihrer Politik an den BND bzw. an andere rechtskonservative Kräfte und in die Öffentlichkeit zu lancieren, was in Abstimmung mit diesen Kreisen erfolgt sein könnte. (Wann wird Ahlers als neuer Fall Bärwald zu einem neuen Höhepunkt im Vorgehen der Rechtskräfte gegen die Politik dieser Regierung?)

4. Nutzung der Gegenwärtigen Auseinandersetzungen um den BND zu seiner internationalen Kompromittierung.

  • Vorgang »Wanda« gegenüber Frankreich.

  • Der strategische Dienst53 des BND orientiert auf die Spionage gegen verbündete und befreundete Staaten.

  • Nutzung der Aufklärungsforderungen an die Militär-Attaches,

  • Herausarbeitung des Zusammenwirkens zwischen BND und israelischem Geheimdienst sowie der Spionage des BND gegen arabische Staaten.

  • Herausarbeitung der der SPD/FDP-Regierung von den Rechtskräften angelasteten Misere im BND als von der CDU/CSU verursachten und sich nach Übernahme der Regierungsgeschäfte im Jahre 1969 weiter auswirkenden inneren, funktionsuntüchtigen Zustandes des BND anhand der mysteriösen54 unaufgeklärten Todesfälle im BND und MAD seit Herbst 1969. Darstellung des wachsenden Misstrauens der [mit] dem BND verbündeten Nachrichtendienste aufgrund dieser Todesfälle in Verbindung mit der gegenwärtigen Auseinandersetzung um das Vertrauen zum BND.

4. Bereits realisierte Maßnahmen (Öffentlichkeitsarbeit)

(Zusammenstellung der Abteilung Agitation)

Unmittelbar nach der Publikation der ersten Folge der »Spiegel«-Serie über den BND wurde gegen den BND in differenzierter Form vorgegangen. Dabei sind in Absprache mit Genossen Mader folgende operativ-agitatorische Maßnahmen realisiert worden:

4.1. Die Redaktion »Der Spiegel« erhielt in getrennten Sendungen gezielt mit dem Betreff »Pullach intern« nacheinander folgende in englischer Sprache gehaltene Extradrucke publizistischer Beiträge

  • a)

    »News from West German Espionage Centre«55

    (Darstellung der Rolle des BND-Generals Dethleffsen56 und anderer ehemaliger Nazis im BND)

  • b)

    »Hitlers Secret Service Agents in and around Bonn«57 (Analyse der Rolle ehemaliger Offiziere und Naziagenten des OKW-Amtes Ausland/Abwehr als Bestandteil des westdeutschen Rechtskartells)

  • c)

    Eine Dokumentation »Geheimdienstpraxis der Brandt-Regierung« (veröffentlicht im »Mitteilungsblatt der AeO« Nr. 7/1970)58

  • d)

    »German Democratic Report« vom 3.3.1971 mit drei Anti-BND-Artikeln59

  • e)

    Kopie des Briefes von Mader an CDU-Bundestagsabgeordneten Baier60

Dieses Material wurde versandt mit dem Ziel, die »Spiegel«-Serie in unserem Sinne zu präzisieren bzw. unsere Argumentation zu lancieren.

4.2. An folgende Bundestagsabgeordnete aller Parteien – darunter die Mitglieder des »Vertrauensmännergremiums für den BND«61 – wurden an deren Privatadressen Extradrucke publizistischer Beiträge gesandt mit dem Vermerk: »Was ›Der Spiegel‹ in ›Pullach intern‹ noch verschweigt.«

  • »Nazi Officer in Command of NATO Secret Service«62

    (Abriss der Rolle des ehemaligen Bundeswehr-Geheimdienstchefs Flottillenadmiral Günter Poser,63 der seit dem Jahre 1969 das Intelligence-Ressort der IMS der NATO leitet)

    an Rainer Barzel (CDU)

    an Hermann Höcherl (CSU)

  • »News from West German Espionage Centre«64

    (Darstellung der Rolle des BND-Generals Dethleffsen und anderer ehemaliger Nazis im BND)

    an Helmut Schmidt (SPD)

    an Franz Josef Strauß (CSU)

  • »Hitlers Secret Service Agents in and around Bonn« (Analyse der Rolle ehemaliger Offiziere und Naziagenten des OKW-Amtes Ausland/Abwehr als Bestandteil des westdeutschen Rechtskartells)

    an Herbert Wehner (SPD)

    an Wolfgang Mischnik65 (FDP)

    an Fritz Baier (CDU)

    an Richard Stücklen66 (CSU)

4.3. Brief von Mader an CDU-Bundestagsabgeordneten und Mitglieder des »Vertrauensmännergremiums für die Geheimdienste«, Fritz Baier, mit einer Polemik gegen Baiers falsche Aussagen im westdeutschen Fernsehen und den dokumentarischen Nachweis weiterer den BND entlarvenden und belastenden Materialien.

4.4. Verbreitung eines Artikels über Spionage und Subversion des BND speziell in den 22 lateinamerikanischen Staaten über »Panorama« – DDR-Auslandspressedienst in spanischer Sprache.

4.5. Kontinuierlicher Versand von drei den BND entlarvenden publizistischen Beiträgen in englischer Sprache mit je 200 Exemplaren Auflage als Luftpostsendungen an Kommunikatoren in 50 Staaten aller Kontinente.

  • Abriss der Rolle des ehemaligen Bundeswehr-Geheimdienstchefs Flottillenadmirals Günter Poser, der seit dem Jahre 1969 des Intelligence-Ressort des IMS der NATO leitet, unter dem Titel:

    »Nazi Officer in Command of NATO Secret Service«67 (Nazi-Offizier befehligt NATO-Geheimdienst)

  • Darstellung der Rolle des BND-Generals Dethleffsen und anderer ehemaliger Nazis im BND unter dem Titel:

    »Nazi General Draws Up Bonn’s Troublemaking Policy«68 (Nazigeneral konzipiert Bonner Störpolitik)

  • Anlayse der Rolle ehemaliger Offiziere und Naziagenten des OKW-Amtes Ausland/Abwehr als Bestandteil des westdeutschen Rechtskartells unter dem Titel:

    »Hitlers Secret Services Agents in and around Bonn« (Hitlers Geheimdienstler in und um Bonn)

  1. Zum nächsten Dokument Vorkommnis an der Richard-Sorge-Oberschule in Berlin-Johannisthal

    7. April 1971
    Information Nr. 302/71 über ein Vorkommnis an der 19. Oberschule »Dr. Richard Sorge« in Berlin-Johannisthal am 29. März 1971

  2. Zum vorherigen Dokument Vorkommnis mit einem sowjetischen Staatsbürger

    2. April 1971
    Information Nr. 288/71 über ein Vorkommnis mit einem sowjetischen Staatsbürger am 2. April 1971