Probleme im VEB Synthesewerk Schwarzheide
17. Februar 1971
Information Nr. 136/71 über einige Probleme der Realisierung des Investvorhabens Polyurethan, Neubau und Prozessautomatisierung im VEB Synthesewerk Schwarzheide
Ergänzend zu unserer Information 1162/70 vom 11.11.1970 möchten wir auf den neuesten Stand der Realisierung o. g. Probleme aufmerksam machen.
In der im November 1970 von uns gegebenen Einschätzung zu einigen Problemen der Realisierung des Investvorhabens Polyurethan, Neubau und Prozessautomatisierung im VEB Synthesewerk Schwarzheide wurde festgestellt, dass sich bereits im Herbst des Jahres 1970 bei der Realisierung der Vorhaben erhebliche Terminverzüge und Schwierigkeiten zeigten, die die Einhaltung der Staatsplantermine
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Konfektionierung (Elastogran AG)1 1.1.1971
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Polyesteralkoholanlage (Elastogran AG) 1.7.1971
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TDI4-Anlage (zweiter ENSA-Teilkomplex) 1.8.1971
infrage stellten.
Terminverzüge traten sowohl bei den Verkäufern durch
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nicht termin- und qualitätsgerechte Auslieferung der Dokumentationen und
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nicht termingerechte Auslieferung der Ausrüstungen
als auch beim Investitionsauftraggeber VEB Synthesewerk Schwarzheide durch
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fehlende Bau- und Montagekapazität
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nicht termingerechte Lieferung der DDR-Bestellungen an Ausrüstungen
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ungeklärte Roh- und Hilfsstoffversorgung
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fehlende Arbeitskräfte für das Inbetriebsetzen und Betreiben der Anlagen
auf.
Bereits zu diesem Zeitpunkt konnte eine eindeutige Schuldbelastung der Verkäufer für auftretende Terminverzüge nicht mehr erfolgen, sodass formell für Lieferverzüge zwar Vertragsstrafen berechnet wurden, jedoch zumindest bereits zum damaligen Zeitpunkt bei der Fa. ENSA keine Aussicht auf eine Durchsetzung der Forderungen bestand.
Die Mehrzahl der am Vorhaben beteiligten DDR-Fachleute vertrat zum damaligen Zeitpunkt in Gesprächen den Standpunkt, dass es für die DDR volkswirtschaftlich vorteilhafter wäre, die Staatsplantermine um drei bis sechs Monate zu verschieben.
Unter diesem Aspekt wurde am 14.10.1970 durch die verantwortlichen Leiter des Investitionsauftraggebers des VEB Synthesewerkes Schwarzheide und des Generalauftragnehmers VEB Chemieanlagen- und Montagekombinat Leipzig eine »Komplexvorlage für die Abteilung Grundstoffindustrie des ZK der SED, Genossen Wambutt,5 zur Inbetriebnahme der Polyurethanchemie im VEB Synthesewerk Schwarzheide«6 erarbeitet und der Abteilung Grundstoffindustrie im ZK und dem Minister für chemische Industrie, Genossen Wyschofsky,7 übergeben.
Auf Veranlassung der Abteilung Grundstoffindustrie im ZK und des Ministeriums für chemische Industrie erfolgte eine nochmalige Überarbeitung der Vorlage und wurde am 2.12.1970 erneut als »Material zur Vorbereitung der Berichterstattung zu Problemen der Realisierung des Automatisierungsvorhabens Polyurethane im VEB Synthesewerk Schwarzheide«8 eingereicht.
Diese überarbeitete Komplexvorlage stellte, nach Auffassung der Verfasser, entsprechend der Situation eine reale Einschätzung mit konkret realisierbaren Terminen dar, und bildete, nach Einschätzung der Verantwortlichen, eine echte Grundlage für eine Beschlussfassung über eine Staatsplanterminveränderung beim Polyurethanvorhaben Schwarzheide um drei bis sechs Monate. Auf dieser Grundlage wurden die Konzeptionen für die Anfang Dezember 1970 stattgefundenen Verhandlungen mit den Firmen ENSA, Paris und Elastogran AG festgelegt.
Diese Einschätzung entsprach in ihrem wesentlichen Inhalt und ihren Schlussfolgerungen im Prinzip den in den Untersuchungen des MfS getroffenen Feststellungen.
Die vom VEB Synthesewerk Schwarzheide und dem VEB Chemieanlagen- und Montagekombinat Leipzig erarbeiteten Materialien waren u. a. die Grundlage für eine Beschlussvorlage des Ministerrates vom Dezember 1970.9
In dieser Beschlussvorlage: »Bericht über die Ergebnisse und Schlussfolgerungen zur Durchführung des Polyester- und Polyurethanprogramms« wird die besonders komplizierte Situation im VEB Synthesewerk Schwarzheide hervorgehoben.
Weiterhin wird angeführt, dass das Investitionsgeschehen zur Errichtung der Kapazitäten für Polyurethane weder im Jahre 1970 planmäßig abgelaufen ist noch zurzeit genügend Voraussetzungen dafür vorhanden sind, dass im Jahre 1971 die vorgesehenen Maßnahmen im Plan und in den Bilanzen entsprechend voll eingeordnet werden können.
In der Beschlussvorlage wurden die beim Polyurethan-Vorhaben aufgetretenen erheblichen Schwierigkeiten im Einzelnen dargelegt und es heißt u. a., dass dieser Umstand und eine Reihe von Unzulänglichkeiten im Inland, wie nicht netzplangerechte Bereitstellung von Lieferungen und Leistungen bei solch wichtigen Investgütern, wie Rohrleitungen, Pumpen und Verdichtern, Armaturen, technologischer Stahlbau, Elektrotechnik und anderen, dazu führten, dass der Minister für chemische Industrie für die Aufnahme des Probebetriebes den 1.10.1971 (sechs Monate später als vorgesehen) vorschlug, festzulegen.
Es wurde weiter eingeschätzt, dass auf der Grundlage getroffener Bilanzentscheidungen das Vorhaben in den Monaten Januar und Februar voll materiell mit Lieferungen aus der DDR abgesichert werden kann.
Als außerordentliche Probleme wurden die Fragen der rechtzeitigen Qualifizierung und Bereitstellung von Produktionsarbeitern für die Anlage, die Notwendigkeit der Klärung komplizierter Absatzstrategien auf der Grundlage einer intensiven Marktforschung und Klärung des wissenschaftlich-technischen Vorlaufes angesehen.
Bei uns vorliegende Einschätzungen besagen, dass nach Bekanntwerden der Terminverschiebung für den Probebetrieb um sechs Monate eine Versachlichung der Atmosphäre in der Frage der Realisierung des Investvorhabens eingetreten sei.
Gegenwärtig vorliegende Hinweise lassen jedoch erkennen, dass nach wie vor noch die gleichen Probleme, wie bereits in unserer Information vom November 1970 genannt, stehen und in der Zwischenzeit nicht ausreichend gelöst werden konnten, sodass die erneute Gefahr der Nichteinhaltung der geänderten Staatsplantermine steht.
Im Wesentlichen handelt es sich dabei um folgende Komplexe:
1. Probleme in der Abwicklung der Auslandsverträge
Ausgehend von den Forderungen, den wissenschaftlich-technischen Höchststand beim PE-Komplex unter Berücksichtigung handelspolitischer Zielstellungen zu erreichen, wurden die Importverträge mit den Firmen ENSA, Paris und Elastogran AG, Westdeutschland abgeschlossen. Obwohl teilweise günstigere Bedingungen gegenüber anderen Verträgen des PE/PE-Programms erreicht werden konnten, wurden jedoch auch Bedingungen vereinbart, die von vornherein beträchtliche Schwierigkeiten in der DDR mit sich bringen mussten.
Solche Bedingungen sind z. B. die Verpflichtung der DDR, 30 Tage nach schriftlich spezifizierter Aufforderung durch den Verkäufer die Rohstoffe, Betriebsmittel und Hilfsstoffe für den Probebetrieb bereitzustellen.
Diese eingegangenen Verpflichtungen stimmen mit den plan- und bilanzmethodischen Festlegungen der DDR nicht überein.
Vertraglich wurde vereinbart, dass den Verkäufern die Verantwortung für die Montagedurchführung, Montageleitung und Überwachung obliegt.
Der Generalauftragnehmer, VEB Chemieanlagen- und Montagebaukombinat Leipzig, erkennt jedoch die Montageleitung durch den Verkäufer nicht an und verlangt die Übertragung der Verantwortung vom Verkäufer in seinen Verantwortungsbereich.
Aufgrund dieser Nichtanerkennung der Montageleitung werden den Verkäufern (speziell der Fa. ENSA, Paris) keine Arbeitskräfte vom Generalauftragnehmer zur Montagerealisierung zur Verfügung gestellt, was andererseits dazu führt, dass im konkreten Fall die Fa. ENSA damit in die Lage versetzt wird, eigene Terminverzüge der DDR anzulasten.
Die Fa. ENSA hat zum wiederholten Male diese Vertragsverletzungen des Generalauftragnehmers schriftlich gerügt und in diesem Zusammenhang Rechtsansprüche geltend gemacht. Der Generalauftragnehmer weicht den damit verbundenen Auseinandersetzungen aus.
Insgesamt ist die Klärung der Verantwortlichkeit dadurch außerordentlich kompliziert geworden.
Zurzeit ist, wie bereits früher aufgezeigt, eine eindeutige alleinige Belastung der Fa. ENSA nicht mehr gegeben.
2. Bauleistungen
Nach wie vor ist die Realisierung, auch die der veränderten Staatsplantermine, weiterhin stark durch eine nicht reale Planung der Bauleistungen gefährdet.
Die Bilanzierung für das PE-Vorhaben beinhaltet eine Leistung von 40 Mio. Mark, obwohl für die Investrealisierung eine Bauleistung von 60 Mio. Mark erforderlich ist.
Diese bilanzierte Baukennziffer beruht auf einer Bedarfsmeldung des Ministeriums für chemische Industrie an die Staatliche Plankommission vom November 1970.
Die Realisierung der zurzeit fehlenden Bauleistung von ca. 20 Mio. Mark im VEB Synthesewerk Schwarzheide würde die Verzögerung anderer geplanter Bauvorhaben des Bezirkes Cottbus zur Folge haben.
Dabei stehen gegenwärtig folgende drei Objekte zur Diskussion:
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Textilkombinat Cottbus
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Dieselwerkstatt des RAW Cottbus
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NVA-Vorhaben Doberlug-Kirchhain
Entsprechend des Vorschlages einer Arbeitsgruppe der Staatlichen Plankommission wurde dem Präsidium des Ministerrates empfohlen, die Bauleistungen für das Textilkombinat Cottbus um 9 Mio. Mark und des RAW Cottbus um 10 Mio. Mark zu verringern und die restlichen Bauleistungen aus der Reserve zur Verfügung zu stellen.
Die Entscheidung des Präsidiums des Ministerrates steht gegenwärtig noch aus.
Der amtierende Vorsitzende des Rates des Bezirkes Cottbus, Gen. Anders,10 erklärte in diesem Zusammenhang in inoffiziellen Gesprächen sich mit Kürzungen an den Objekten Textilkombinat Cottbus und RAW Cottbus zugunsten des Polyurethan-Komplexes Schwarzheide nicht einverstanden.
Vonseiten des Hauptauftragnehmers Bau wird eingeschätzt, dass nach einem entsprechenden Bilanzentscheid des Präsidiums des Ministerrates die erforderlichen 60 Mio. Mark Bauleistung für das Synthesewerk Schwarzheide realisiert werden können, ohne dass eine Zuführung von Baukapazitäten erforderlich wird.
Begründet wird es damit, dass im Februar und März mit dem planmäßigen Abbau von Baukapazitäten im VEB Synthesewerk Schwarzheide begonnen werden sollte. Bei Wegfall dieses Abbaues wären genügend Arbeitskräfte zur Einhaltung der gestellten Termine vorhanden.
Die materielle Sicherstellung des Bauwesens kann ebenfalls als gesichert bezeichnet werden, da der Hauptauftragnehmer Bau (VEB Bau- und Montagekombinat Kohle und Energie Cottbus) bereits auf eine zu erbringende Bauleistung von 60 Mio. Mark orientiert wurde und die entsprechenden Maßnahmen einleitete.
Per 31.3.1971 will der Hauptauftragnehmer Bau 20 Mio. Mark Bauleistung realisieren. Die erbrachte Leistung per 10.2.1971 liegt bei 7,3 Mio. Mark.
Hierzu wird festgestellt, dass die Realisierung von 20 Mio. Mark per 31.3.1971 als real eingeschätzt werden kann.
Um diese Zielstellung zu erreichen, müssen vorhandene Reserven wie
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unbefriedigende Auslastung der vorhandenen Technik,
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lediglich 320 Arbeitskräfte stehen im Schichtbetrieb,
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eine Arbeit »rund um die Uhr« erfolgt nicht
unbedingt genutzt werden.
3. Rohstoffversorgung
Die gesamte Problematik der Rohstoffversorgung (Importe und inlandseitig) ist nach wie vor nicht gelöst.
Als Hauptgrund sind ungeklärte Termin- und Devisenfragen zu nennen. Überprüfungen haben ergeben, dass am 12.2.1971 beim MAW keine Mittel für notwendige Rohstoffimporte für das PE-Vorhaben protokolliert waren.
Inlandseitig treten ebenfalls eine Reihe von Schwierigkeiten in Erscheinung, um deren Behebung sich das Synthesewerk Schwarzheide seit Monaten bemüht.
Unklarheiten in der perspektivischen Abdeckung des PE-Vorhabens bestehen u. a. bei folgenden Rohstoffen:
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PCK Schwedt: Propan – nur bis 1972 laut Koordinierungsvereinbarung gesichert
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Staatliches Getränkekontor: Primasprit Perspektivbedarf nicht gesichert
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Leuna – Kontakte: NSW-Import; Valutamittelbereitstellung nicht geklärt
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Diäthylentriamin: NSW-Import; Bedarf auf das dreifache gestiegen. In der Bilanz nur 35 % durch Leuna geplant.
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Dimethylcyclohexylamin: NSW-Import. Durch Leuna werden lt. Abstimmungsprotokoll nur 10 % gesichert.
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Buna: alle Produkte auf Basis Ethylen. Ab 1973 Bedarfsdeckung nicht geklärt.
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VVB Leichtchemie
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Glycerin: durch Bilanzorgan werden nur 30 % des Bedarfs gesichert.
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Trimethylolpropan: zurzeit nur 60 % des Bedarfs gesichert.
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Fettsäure: nicht gesichert.
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CKB Bitterfeld
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Chlor: Bedarf nur zu 60 % gesichert
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NaOH:11 Bedarf nur zu 50 % gesichert
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CFK Schwarza
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Aktivkohle: keine Sicherung, da Import nicht bestätigt.
4. Arbeitskräftebedarf
Wie schon in unserer Information vom November 1970 dargestellt, ist nach wie vor der Einsatz der erforderlichen Arbeitskräfte für das Betreiben der Polyurethan-Anlage ein ungelöstes Problem.
In der Vergangenheit erfolgte eine starke Konzentration auf den Einsatz polnischer Arbeitskräfte im VEB Synthesewerk Schwarzheide.
Nach dem gegenwärtigen Stand ist jedoch eine Zuführung von 759 Arbeitskräften aus der DDR notwendig, deren Unterbringung in Zwischenbelegungen und rechtzeitige Beschaffung von Wohnraum für eine Daueransiedlung nicht gewährleistet ist. Hinzu kommt, dass durch die fehlenden Arbeitskräfte der planmäßige Beginn der Ausbildung des Anlagenpersonals nicht gesichert ist.
Entsprechend eines Vorschlages des VEB Synthesewerkes Schwarzheide ist vorgesehen, zwei Koppersanlagen12 der Fischer-Tropsch-Synthese13 am 31.3.1971 außer Betrieb zu setzen.
Die frei werdenden Arbeitskräfte könnten für das Betreiben der PE-Anlage eingesetzt werden. Damit könnte die planmäßige Ausbildung des Anlagenpersonals beginnen und die Werbung weiterer Arbeitskräfte würde sich auf 449 beschränken.
Jedoch ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass mit der Teilstilllegung der Fischer-Tropsch-Synthese die ausfallenden Produkte wie Kogasin II und Paraffingatsch zur Bedarfsdeckung für mehrere Millionen Valutamark aus dem NSW importiert werden müssten.
5. Absatzprobleme
Das im VEB Synthesewerk Schwarzheide zu errichtende PE-Vorhaben wurde in seiner Konzeption maximal auf die Sicherung des Inlandbedarfes ausgerichtet. Nach neuesten Gesichtspunkten hat die Staatliche Plankommission für den Perspektivzeitraum eine wesentliche Erhöhung des Polyurethanexportes vorgesehen. Die damit verbundene Reduzierung der Inlandbedarfsdeckung ergibt, dass der vorgesehene Effekt zur Chemisierung der Volkswirtschaft nicht erreicht werden kann.
Der Inlandbedarf im Perspektivzeitraum liegt wesentlich über dem Vorschlag der Bedarfsdeckung der Staatlichen Plankommission.
[Anforderungen] | 1971 | 1973 | 1974 | 1975 | [Maßeinheit] |
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Inlandbedarf | 41 | 55 | 66 | 76 | kt |
SPK-Vorschlag | 23 | 35 | 44 | 55 | kt |
Seitens der Staatlichen Plankommission wurde von ursprünglich 20 000 Tonnen für den Export vorgesehenen PE-Produkten eine Erhöhung auf 35 000 Tonnen als verbindlich erklärt und möglicherweise eine Erhöhung auf 45 000 Tonnen angedeutet. Begründet wurde diese Maßnahme mit der relativ hohen Importquote für den VEB Synthesewerk Schwarzheide und die Zulieferbetriebe im Inland.
Die sich daraus ergebenden zwangsläufigen Kürzungen vorrangig bei Weichschaum ergeben im Inland eine Reihe von Konsequenzen, die sich auf folgende Bereiche negativ auswirken:
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Möbelindustrie, Fahrzeugindustrie und Schienenfahrzeugbau (außerordentlich exportintensiv);
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Wärme- und Kälteisolierungen bei der VVB EBM (DKK Scharfenstein)14, Schiffsbau und Kombinat für Luft- und Kältetechnik;
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Bei Hart- und Weichschaum, Integralschaum, Klebern, Conthan, SML15 und TBM16 entstehen Auswirkungen in den Bereichen der Möbelindustrie, Schuhindustrie, Lederindustrie und Textilindustrie.
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Der Ausfall von Hartschaum beeinflusst insbesondere die Leichtbauweise.
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Es würden sich ferner Auswirkungen in verschiedenen Industriezweigen, wie z. B. Grundstoffindustrie (Kohle- und Energieprogramm), Erzbergbau- und Kaliindustrie (Klebstoffe für Aluminiumbau), ergeben.
Vorliegende Informationen besagen, dass durch eine Steigerung der Exporte das in Schwarzheide zur Verfügung stehende Exportsortiment nicht den Erfordernissen des Weltmarktes entspricht.
Darüber hinaus legt der Anlagenimport-Vertrag bezüglich des Polyurethan-Exportes Marktbeschränkungen fest, die einen sortimentsgerechten Export erschweren.
Die durch die Staatliche Plankommission festgelegte hohe Exportquote im Perspektivzeitraum durch Servicemöglichkeiten, Maschinenadaption und Lizenzbeschränkungen haben zur Folge, in bestimmtem Umfange neben Vormischungen auch Rohstoffe zu exportieren. Dadurch wird die auf Vormischungen ausgelegte Gesamtkapazität der Anlagen reduziert.
6. Fragen der Ordnung und Sicherheit auf der Baustelle
Es wird eingeschätzt, dass die sich gegenwärtig in der Phase der Realisierung befindlichen Anlagen in einem teilweise unverantwortlichen Zustand befinden.
So ist gegenwärtig u. a. zu verzeichnen,
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dass Mann-Löcher17 und Flansche an Behältern, Kolonnen und anderen Aggregaten vollkommen schutzlos sind. Es werden keinerlei Konservierungsmaßnahmen durchgeführt, sodass an diesen Behältern stellenweise Rostschichten von 0,5 mm Stärke auftreten. Die Aggregate sind den Witterungseinflüssen ausgesetzt. Schrauben sind zum großen Teil derartig korrodiert, dass sie nur schwer gangbar gemacht werden können.
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Da Rohrleitungsflansche stark korrodiert sind, bestehen keine ebenen Flächen mehr und die Dichtheit der Leitungen ist nicht mehr gewährleistet.
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Die an Druckbehältern angebrachten Stutzen wurden beim Transport bzw. bei der Lagerung so stark verbogen, dass Erneuerungen erfolgen müssen.
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Die als DDR-Beistellung produzierten Behälter für die Papi-Anlagen weisen einen ebenso schlechten Zustand auf wie die importierten Behälter.
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In den Rohrleitungsgräben werden Altpapier, Holz und Unrat abgelagert. Die beginnende Verschüttung und Verfüllung der Gräben hat zur Folge, dass nach einem Verfaulen dieser Gegenstände mit einem Absinken der Betonplatten zu rechnen ist.
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Zur Aufnahme von 1,5 m langen Spannschrauben zur Befestigung der Behälter mit den Fundamenten wurden in den Beton entsprechende Löcher eingebracht. Da diese Löcher nicht abgedeckt wurden, füllten sie sich mit Wasser, was zur Folge hatte, dass in der TDI-Anlage zwei Fundamente zerfroren.
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Weitere noch nicht montierte Aggregate weisen ebenfalls zahlreiche Schäden auf.
Völlig ungenügend ist die Bewachung des Polyurethan-Komplexes, sodass Diebstähle größerer Materialmengen festgestellt werden.
In einem Schreiben der Elastogran AG vom 22.1.1971 an das Synthesewerk wird u. a. auf folgende Diebstähle hingewiesen:
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60 m Profilstahl,
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zwei automatische Ventile für Kühlmaschinen,
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Regelventil für die Heizungsanlage.
In dem Schreiben heißt es weiter, dass aus der Kühlmaschine zwei Regelarmaturen herausgesägt wurden, die für die Funktion der Anlage entscheidend sind. Die westdeutsche Firma verweist darauf, dass die Neubeschaffung der Armaturen große Schwierigkeiten bereitet und der Termin für den Probebetrieb zumindest in Teilbereichen infrage gestellt wird.
Von den Vertragspartnern werden gegenüber dem VEB Synthesewerk Schwarzheide entsprechende Forderungen nach Veränderung des derzeitigen Zustandes gestellt.
7. Energieversorgung
Unabhängig von der Klärung der vorgenannten Probleme sollte schon zum jetzigen Zeitpunkt dem Problem der Energieversorgung im VEB Synthesewerk Schwarzheide, unter besonderer Berücksichtigung des Betreibens der PE-Anlagen, Beachtung geschenkt werden.
Im Synthesewerk befindet sich ein überaltertes und kapazitätsmäßig nicht ausreichendes Kraftwerk.
Berechnungen haben ergeben, dass im Synthesewerk ohne Stilllegung der Fischer-Tropsch-Synthese und bei Vollbetrieb der PE-Anlage eine Dampffehlmenge von 40 bis 60 t/h auftreten würde.
Für den Fall der Stilllegung der Fischer-Tropsch-Synthese bestände im Synthesewerk bei einem Dampfaufkommen von 421 t/h ein Bedarf, einschließlich dem des PE-Komplexes, von etwa 420 t/h, d. h., dass für eine Produktionssteigerung kein Dampf mehr zur Verfügung stünde.
In diesem Zusammenhang muss bemerkt werden, dass für das Kraftwerk eine Beauflagung der technischen Überwachung vorliegt, beginnend ab 1973 bis 1975 alle Dampferzeugungsteile stillzusetzen, da die Druckteile der Kessel über 200 000 Betriebsstunden bei einer zulässigen Stundenzahl von 100 000 gelaufen sind.
Seitens des Synthesewerkes wurde im Jahre 1970 für die Rekonstruktion des Kraftwerkes eine Grundsatzentscheidung erarbeitet und der VVB Agrochemie vorgelegt.
Die erforderlichen Bauleistungen in Höhe von 15 Mio. Mark wurden beim Bau- und Montagekombinat Kohle und Energie Cottbus angemeldet. Bis zur Stunde weigert sich die VVB Kraftwerksanlagenbau die Rekonstruktion des Kraftwerkes zu bilanzieren.