Stromversorgung während des Parteitages
11. Juni 1971
Information Nr. 558/71 über die teilweise Gefährdung der Stromversorgung in der Hauptstadt der DDR, Berlin, insbesondere im Versorgungsbereich des VIII. Parteitages »Werner-Seelenbinder-Halle«
Das Umspannwerk Berlin-Friedrichshain, Thaerstraße, wird kabelmäßig aus dem Verbundnetz der DDR über die Kabelbrücke Thaerstraße/Storkower Straße (Holzbrücke zwischen den S-Bahnhöfen Zentralviehhof1 und Leninallee2) versorgt.
Auf dem Kabelsteg sind insgesamt 17 Starkstromkabel verlegt, u. a. vier 110 kV-Kabel (stehen ständig unter 1,2 atü Öldruck) und 13 30 kV-Kabel.
Das Umspannwerk Berlin-Friedrichshain versorgt die nördlichen Stadtbezirke und das Stadtzentrum von Berlin einschließlich des Tagungsortes des VIII. Parteitages3 »Werner-Seelenbinder-Halle«.4
Vonseiten des zuständigen Bezirksbauamtes und der BEWAG wird seit Monaten auf die Gefahr des Einsturzes der vorgenannten Kabelbrücke hingewiesen.
Desgleichen wurde durch die Abt. Feuerwehr der VP-Inspektionen Prenzlauer Berg und Friedrichshain auf die witterungsbedingten starken Beschädigungen am Holzsteg der Brücke aufmerksam gemacht. (In diesem Zusammenhang wurde u. a. auf die infolge des starken Zugverkehrs auftretenden Erschütterungen hingewiesen, die den Einsturz der Brücke auslösen können.)
Im Havariefall würden ernsthafte Folgen im gesamten Berliner Versorgungsnetz eintreten.
Nach den bisher vorliegenden Hinweisen wurde der Oberbürgermeister, Gen. Fechner,5 bereits vor Jahresfrist über diese Situation informiert. (Eine entsprechende Information erfolgte auch an die Bezirksleitung der SED.)
Die Staatliche Bauaufsicht erteilte dem Magistrat die Auflage, bis zum 30.6.1971 bauliche Veränderungen an der Brücke vorzunehmen.
Eine am 10.6.1971 durchgeführte Kontrollberatung am Objekt ergab, dass gegenwärtig vonseiten des Magistrats – Straßen-und Tiefbauamt – keine Möglichkeiten für einen Neubau der Brücke gesehen werden.
Zur Vermeidung einer Havarie wurden zunächst Maßnahmen eingeleitet, die eine unmittelbare Gefahr abwenden sollen, so
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Einsetzen einer Beobachtungsgruppe der BEWAG, die die Kabeltrasse ständig kontrolliert und Beobachtungs- und Messergebnisse in einem Rapportbuch festhält;
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Auftrag an den Magistrat, sofort Absicherungs- und Baumaßnahmen einzuleiten;
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BEWAG und Abt. Feuerwehr leiten vorbeugende Maßnahmen zur Brandverhütung ein;
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Auftrag an die BEWAG, die vereinbarten Festlegungen bis zur Eröffnung des VIII. Parteitages zu kontrollieren und der VVB Energieversorgung darüber ständig Rechenschaft zu geben.
Das MfS erachtet es für notwendig, im Hinblick auf den unmittelbar bevorstehenden VIII. Parteitag, durch die zuständigen zentralen Organe auf die Einhaltung dieser Hilfsmaßnahmen bzw. auf eine generelle Regelung dieses Problems Einfluss zu nehmen.