Unterkunftsobjekte für das MfS in Berlin-Hohenschönhausen
7. Januar 1972
Information Nr. 1243/71 über Probleme bei der Schaffung von Dienst- und Unterkunftsobjekten für das MfS in Berlin-Hohenschönhausen, Arendsweg
Auf der Grundlage des Beschlusses des Präsidiums des Ministerrates »über die materielle Sicherstellung der erforderlichen Baumaßnahmen an den Grenzübergangsstellen zur Gewährleistung des Transitverkehrs zwischen der BRD und Westberlin sowie des Reiseverkehrs von Bürgern Westberlins in die DDR einschließlich ihrer Hauptstadt« vom 24.11.1971 (B2–287/71)1 ergibt sich mit großer Notwendigkeit die Schaffung von Dienst- und Unterkunftsobjekten für die zusätzlichen Sicherungskräfte des MfS.
Aus diesem Grund haben Beauftragte des MfS mit den zuständigen Mitgliedern des Magistrats Verhandlungen aufgenommen, vor allem mit dem Oberbürgermeister, Gen. Fechner,2 Stadtrat Gen. Kümmel,3 Leiter der Bezirksplankommission und dem stellv. Leiter der Bezirksplankommission und Leiter der Abt. Räumliche Struktur, Gen. [Name].
Es bestand zunächst die Absicht, vom Magistrat zwei Wohnblöcke für die Unterbringung der zusätzlichen Sicherungskräfte des MfS aus dem Berliner Wohnungsbauprogramm 1971 zu erhalten.
Wie Gen. Fechner jedoch überzeugend nachwies, bereitet ein derartiges Anliegen dem Magistrat und den nachgeordneten staatlichen Einrichtungen fast unlösbare komplizierte Situationen. Aus diesem Grund schlug das MfS vor, an einem geeigneten Standort kurzfristig ein Dienst- und Unterkunftsobjekt zu errichten. Dieser Vorschlag wurde von allen Beteiligten gebilligt und Gen. Fechner sicherte alle notwendigen Maßnahmen zur Unterstützung zu.
Das MfS schlug als Standort für dieses Objekt vor, eine ca. 2 ha große landwirtschaftlich genutzte Fläche (400 × 50 m) in Berlin-Hohenschönhausen südlich des Verbindungsweges Arendsweg – Ferdinand-Schultze-Straße als Baugelände für diese speziellen Zwecke zu nutzen (siehe auch Lageskizze/rot schraffierte Zone). Dieser Standort bietet unter den gegenwärtigen Bedingungen außerordentlich günstige Voraussetzungen, um in kürzester Zeit und mit den geringsten Kosten ein derartiges Objekt zu errichten, da
- –
das Objekt durch das Heizhaus des MfS versorgt werden kann,
- –
sich die Anschlüsse für die Be- und Entwässerung in unmittelbarer Nähe befinden,
- –
durch den komplexen Charakter des im Aufbau befindlichen Objektes sich nur ein minimaler Sicherungsaufwand erforderlich macht (in der Nähe befinden sich weitere Objekte des MfS).
Da außerdem auf der nördlichen Seite des Verbindungsweges ein Unterkunfts- und Küchenkomplex gegenwärtig errichtet wird, wurde beim Magistrat/Bezirksplankommission beantragt, für beide Vorhaben,
- –
Dienstobjekt auf der südlichen Seite und
- –
Unterkunfts- und Küchenkomplex,
eine Standortgenehmigung zur Errichtung eines Dienst- und Unterkunftsobjektes an das MfS zu erteilen.
Die Verhandlungen mit der Bezirksplankommission von Groß-Berlin haben sich in den letzten Wochen so schwierig gestaltet, insbesondere über das als sehr geeignet anzusehende Baugelände in Berlin-Hohenschönhausen, Arendsweg, dass aufgrund der fehlenden Standortgenehmigung nun bereits ein mehrwöchiger Zeitverzug für die Errichtung der einzelnen Bauwerke besteht und die Endtermine auf das ernsthafteste gefährdet sind.
Die Verhandlungen über die Realisierung des Beschlusses des Präsidiums des Ministerrates (insbesondere Pkt. 6) begannen bereits am 25.11.1971 und 26.11.1971 mit einer Aussprache beim Gen. Fechner.
Obwohl Gen. Fechner zu Beginn eine unbürokratische und schnelle Erledigung aller mit der Erteilung der Standortgenehmigung zu klärenden Fragen zusagte, hat der mit den Sachfragen beauftragte Leiter der Bezirksplankommission, Stadtrat Gen. Kümmel, und sein Stellvertreter, Gen. [Name], bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt wegen angeblich nicht zu klärender Probleme der Geländebereitstellung die Erteilung der Standortgenehmigung verzögert.
Bereits in der ersten Beratung mit Gen. Kümmel (29.11.1971) forderte dieser, das nördlich des Verbindungsweges im Aufbau begriffene Objekt des MfS enger zu bebauen, um zusätzliches Bauland nicht in Anspruch zu nehmen. Dafür wolle er auch die Standortgenehmigung erteilen.
Die Ablehnung der Bereitstellung von 2 ha Baugelände südlich des Verbindungsweges begründete er mit einem »Magistratsbeschluss über die Errichtung von Gewächshäusern« für den Kooperationsverband VEB Gartenbau und GPG »Weiße Taube«. Für diese Projekte wäre bereits die Standortgenehmigung erteilt und dabei auch das vom MfS beanspruchte Gelände mit einbezogen.
(Dem Gen. Kümmel war bereits bekannt, dass das MfS bis Mitte 1970 mehrfach versucht hatte, den jetzt erneut vom MfS beanspruchten Geländestreifen zu erwerben.)
In diesem Zusammenhang unternahmen beide Genossen der Bezirksplankommission den Versuch, »anderes geeignetes Gelände« dem MfS zur Verfügung zu stellen.
Die Abteilung »Räumliche Struktur« der Bezirksplankommission unterbreitete folgende Vorschläge, denen das MfS aufgrund der kurzfristig zu realisierenden Termine letztendlich nicht zustimmen kann:
1. Kohlenplatz des MdI und Gelände der Firma Reiser, Hohenschönhausen, Werneuchner Straße/Gensler Straße
Vorteile:
Die Inanspruchnahme dieses Geländes würde es gestatten, für die Perspektive das Dienstobjekt Hohenschönhausen, Freienwalder Straße, klar zu gliedern und zu strukturieren.
Nachteile:
- –
Das Gelände befindet sich z. T. in Rechtsträgerschaft eines anderen bewaffneten Organs.
- –
Das Gelände müsste geräumt werden, außerdem müssen Ersatzflächen und Ersatzräumlichkeiten für die Firma Reiser geschaffen werden.
- –
Die Versorgung mit Wärme gestaltet sich hier zzt. noch schwieriger, da die nächste Anschlussstelle weiter entfernt ist.
2. Kleingartenanlage »Zum gemütlichen Hasen«, Hohenschönhausen, Gensler Straße/Arendsweg/Plauener Straße
Nachteile:
- –
MfS würde wieder als Veranlasser der Beräumung auftreten müssen, in diesem Falle wäre auch keine kurzfristige Inanspruchnahme durchzusetzen.
- –
Es gibt ca. 40 Dauerbewohner, für die Ersatzwohnungen bereitgestellt werden müssten.
- –
Das Anschließen von Versorgungseinrichtungen ist umfangreicher und schwieriger.
3. Vom MfS bereits in Anspruch genommenes Gelände der Falkenberger-/Wartenbergerstraße
Nachteile:
- –
Die Wärmeversorgung ist nicht gegeben.
- –
Die sicherheitsmäßigen Belange sind nur mit großem Aufwand zu gewährleisten.
Dem Leiter der Abteilung »Räumliche Struktur«, Gen. [Name], wurde vonseiten des MfS als Kompromiss folgende Variante vorgeschlagen:
1. Dem MfS wird das geforderte Baugelände südlich des Verbindungsweges umgehend zur Verfügung gestellt.
2. Den Pächtern der Kleingartenanlage »Zum gemütlichen Hasen« wird zu einem späteren Zeitpunkt gekündigt (etwa 1973/1974).
Die freiwerdenden Flächen erhält der Kooperationsverband ersatzweise übergeben und kann dann seine für diesen Zeitraum geplanten Investitionen realisieren.
Gegen die Umwandlung der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Baugelände soll ein Einspruch des RLN4 von Groß-Berlin vorliegen, sodass die Entscheidung über die Erteilung der Standortgenehmigung wegen der ungeklärten Baulandfläche weiter verzögert wird.
Die laut Beschluss des Präsidiums des Ministerrates gebildete Arbeitsgruppe »Staatliche Leiter« unter Leitung des stellvertretenden Ministers für Verkehrswesen, Gen. Schlimper,5 richtete auf Veranlassung des MfS am 6.12.1971 nochmals ein Schreiben an den Oberbürgermeister, Gen. Fechner, in welchem um die Zustimmung für das Erweiterungsvorhaben »Arendsweg« gebeten wurde. Bisher wurde dieses Schreiben noch nicht beantwortet.
Die geschilderten Hemmnisse wirken sich besonders hinderlich auf das Baugeschehen aus. In einer Reihe von Verhandlungen mit dem Metallleichtbaukombinat, einigen Tiefbau- und Montagebetrieben in Magdeburg und Frankfurt/Oder wurden bereits feste Zusicherungen erreicht, sofort nach Erteilung der Standortgenehmigung mit der Erbringung der notwendigen Lieferungen und Leistungen zu beginnen.
Damit wäre binnen kürzester Frist die Errichtung der notwendigen Dienst- und Unterkunftsobjekte gesichert. Lediglich das Verhalten der Bezirksplankommission von Groß-Berlin verhindert gegenwärtig die Weiterführung der vorgesehenen Baumaßnahmen.
Aus diesem Grund wird gebeten, schnellstmöglich die Entscheidung über die Erteilung der Standortgenehmigung für das Objekt »Arendsweg« auf der Grundlage der vom MfS vorgeschlagenen Variante herbeizuführen.