Vorkommnisse bei den Volkswahlen 1971
17. November 1971
Information Nr. 1099/71 über Feindhandlungen und andere Vorkommnisse negativen Charakters im Zusammenhang mit den Volkswahlen 1971
Im Verlaufe der Vorbereitung und Durchführung der Volkswahlen 19711 wurden eine Reihe von Feindhandlungen und andere Vorkommnisse negativen Charakters bekannt. Es handelt sich dabei im Wesentlichen um
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die Verbreitung selbstgefertigter Hetzschriften, anonyme Hetze, Drohungen,
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das Anschmieren von Hetzlosungen und faschistischen Symbolen,
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die Beschädigung, Entfernung und das Abreißen von Sichtagitation,
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mündliche staatsfeindliche Hetze und Staatsverleumdung.
Eine Konzentration auf bestimmte territoriale Bereiche konnte nicht festgestellt werden.
Beachtenswert sind insbesondere folgende staatsfeindliche Handlungen:
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In Zittau [Bezirk] Dresden, wurden insgesamt 550 selbstgefertigte Hetzschriften (6 × 10 cm, Druckkasten) verbreitet, in denen die Bevölkerung des Ortsteiles Zittau-Pethau aufgefordert wurde, nicht zur Wahl zu gehen.
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In Weimar [Bezirk] Erfurt, wurden insgesamt 110 selbstgefertigte Hetzschriften (19 × 13 cm, Druckkasten) verbreitet, in denen die Volkswahlen als Betrug bezeichnet werden.
In beiden Fällen wurden die Hetzschriften auf öffentlichen Straßen, Plätzen usw. ausgelegt, konnten jedoch durch entsprechende Maßnahmen rechtzeitig sichergestellt werden, sodass sie keine Öffentlichkeitswirksamkeit erlangten.
Zur Aufklärung dieser Vorkommnisse wurden gemeinsam mit der DVP umfangreiche Maßnahmen eingeleitet.
Im Zuge der Aufklärung vorgenannter Handlungen wurden gegen 122 Personen Ermittlungsverfahren eingeleitet, davon mit Haft gegen 46 Personen [und] ohne Haft gegen 76 Personen.
(Im Verhältnis zur Volkswahl 19692 – wo gegen 135 Personen Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden – ist damit ein Rückgang um 9,6 % zu verzeichnen.)
Für die wegen Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung eingeleiteten Ermittlungsverfahren ist charakteristisch, dass der überwiegende Teil dieser Handlungen (88,3 %) unter Alkoholeinfluss begangen und durch situationsbezogene Anlässe ausgelöst wurde.
Hervorzuheben ist der relativ hohe Anteil vorbestrafter Personen. Bei vielen Tätern handelt es sich am Menschen mit einem niedrigen Bildungsstand und geringer geistiger Beweglichkeit; in einzelnen Fällen um Asoziale, Alkoholiker und Arbeitsbummelanten.
Es wurde jedoch auch festgestellt, dass ein nicht unerheblicher Teil der Täter bisher gute Arbeitsleistungen und auch Aktivität in der gesellschaftlichen Arbeit zeigte und die begangenen Handlungen deshalb bei diesen Tätern als ausgesprochen persönlichkeitsfremd einzuschätzen sind.
In solchen Fällen wurden unter Berücksichtigung aller Umstände die eingeleiteten Ermittlungsverfahren teilweise bereits eingestellt und Ordnungsstrafen ausgesprochen bzw. andere Erziehungsmaßnahmen durchgeführt.