Weitere Feindhandlungen am 13. August 1971
[ohne Datum]
Information Nr. 820/71 über weitere im Zusammenhang mit dem 13. August bekannt gewordene Feindhandlungen in der DDR
Von den in der Information Nr. 815/71 genannten Hetzzetteln, Größe 20 × 2 cm, Text: »10 Jahre Schüsse an der Mauer – Friedenspolitik der DDR« wurden im Laufe des 13.8.1971 an folgenden Orten in Berlin weitere 217 Exemplare gefunden:
Im Fußgängertunnel am Alexanderplatz (50), am Personaleingang zum Centrum-Warenhaus am Alexanderplatz (30), auf dem U-Bahnhof Alexanderplatz, Bahnsteig Linie A (47), im Bowling-Zentrum und der dortigen Freitreppe (50), in der Karl-Marx-Allee, im Durchgang der Häuser Nr. 108–110 (30), Runge-/Ecke Inselstraße (8) und auf dem Grundstück Pasteurstraße 34 (2).
Im rückwärtigen Teil des Grenzgebietes in Berlin-Pankow, Wollank-/Ecke Brehmestraße, wurde am 13.8.[1971], gegen 15.20 Uhr, ein Kranz an einem Grenzpfahl vorgefunden. Der Kranz war in Blickrichtung Westen abgelegt. Auf einer weißen Schleife standen im Golddruck die Worte »Angedenken an Blut und Tränen der Toten«.
Als Täter wurde ermittelt:
Richter, Christian1, geboren [Tag, Monat] 1935 in Berlin, wohnhaft 111 Berlin, [Straße, Nr.], Beruf: Töpfermeister.
R., der sehr religiös eingestellt ist und in Elternversammlungen der Schule offen gegen die vormilitärische Ausbildung der Jugend auftrat, wollte mit seiner provokatorischen Handlung und mit der bewussten Wahl dieses Tages und Ortes nach Westberlin hin sichtbar dokumentieren, dass der antifaschistische Schutzwall2 »auch in der DDR« abgelehnt würde.
In Berlin-Weißensee, Roelckestraße, wurde am 13.8.[1971], gegen 19.00 Uhr, an dem Holztor der dort verlaufenden Friedhofsmauer eine mit weißer und gelber Kreide geschmierte Hetzlosung (Buchstabenhöhe ca. 20 cm) festgestellt. Text:
»DDR doof – gesucht wegen Mord und Mauer doof«.
Am 11.8.1971 wurde im VEB Kraftfuttermischwerk Halle-Trotha ein Hetzzettel (Größe 13,5 × 3 cm) mit dem Text »Morgen ist Nationaltrauertag, der Untergang der deutschen Nation wurde« [sic!] gefunden.
Als Täter wurde der [Name, Vorname], geboren [Tag, Monat] 1947, wohnhaft Halle-Neustadt, beschäftigt als Schlosser im VEB Kraftfuttermischwerk Halle-Trotha, Mitglied der SED, ermittelt.
[Name] war Mitglied der Leitung der BPO und für die Organisierung der Jugendarbeit im Betrieb verantwortlich.
Sein Vater ist 2. Sekretär der BPO im VEB Waggonbau Ammendorf.
Als Motiv gibt [Name] an, dass er Zweifel an der Richtigkeit verschiedener Maßnahmen der Regierung – u. a. der Errichtung des antifaschistischen Schutzwalles am 13.8.1961 – hege.
Weil er darüber hinaus über eine abgelehnte Lohnerhöhung verärgert gewesen sei, habe er den Hetzzettel verfasst mit dem Ziel, die »Haltung der Kollegen dazu zu testen«.
Der [Name] ist ständiger Empfänger des Westfernsehens und diskutiert darüber laufend mit Arbeitskollegen.
Gegen den [Name] wurde ein EV ohne Haft gemäß § 220 StGB3 eingeleitet.
Am 14.8.1971, gegen 1.30 Uhr, wurde auf der F 170 in Kipsdorf, Höhe der Abzweigung Bärenfels (Bezirk Dresden) eine Hetzlosung festgestellt, die mit Nitro-Farbe quer über die gesamte Fahrbahn geschmiert war. (Buchstabenhöhe 80 cm)
Text: Mauer weg