Absage des Auftritts von Eva-Maria Hagen im Theater Frankfurt/O.
29. November 1976
Information Nr. 831/76 über die plötzliche Absage des Auftritts der Schauspielerin Eva-Maria Hagen im Kleist-Theater Frankfurt/O. am 27. November 1976
Wie dem MfS bekannt wurde, war für den 27. November 1976 im Kleist-Theater Frankfurt/O. eine Vorstellung unter dem Titel »Professor Unrath« geplant. Die Texte und Kompositionen für diesen Titel stammen von der Hagen, die damit am 27. und 28. November 1976 am Kleist-Theater Frankfurt/O. gastieren sollte.1
In Vorbereitung des Auftritts der Hagen war von den zuständigen Organen mit dem Intendanten des Theaters, Gen[ossen] Klingner, ein Gespräch geführt worden, in dessen Verlauf ihm empfohlen worden war, in Anbetracht der aktuellen Situation unter Kreisen der Kulturschaffenden sowie unter Berücksichtigung des unzuverlässigen und undisziplinierten Auftretens der Hagen bei vorangegangenen Proben und Vorstellungen des »Professor Unrath« (Abweichen vom Text und Improvisieren, verspätetes Erscheinen zu Proben) vor Beginn der Veranstaltung am 27. November 1976 ein kurzes Gespräch mit der Hagen zu führen.
Für dieses Gespräch wurde mit Gen[ossen] Klingner folgende Grundrichtung vereinbart:
Die Hagen wird vom Gen[ossen] Klingner als staatlichem und politischem Leiter des Theaters sowie Regisseur des Stückes in höflicher Form darauf hingewiesen, ihren Auftritt diszipliniert und entsprechend des abgeschlossenen Vertrages zu realisieren.
Weiter sollte an die Hagen die Bitte gerichtet werden, im Ensemble korrekt aufzutreten.
Dem Gen[ossen] Klingner wurde weiterhin empfohlen, das Gespräch nicht allein, sondern in Gegenwart eines weiteren Leitungskaders zu führen, um eine sachliche Gesprächsführung zu gewährleisten.
Am 27. November 1976, gegen 19.00 Uhr ließ der Intendant Gen[osse] Klingner die Hagen zu sich bitten, um das vorgesehene Gespräch zu führen.
Da die Hagen auf diese Bitte ausrichten ließ, sie könne vor der Vorstellung nicht, und wenn der Intendant etwas wolle, müsse er schon zu ihr kommen, suchte Gen[osse] Klingner in Gegenwart des Dramaturgen, Gen[ossen] [Name], die Hagen in ihrer Garderobe auf.
Diese ignorierte das Erscheinen der beiden zunächst. Als jedoch Gen[osse] Klingner versuchte, ein Gespräch zu beginnen und dabei die Bitte aussprach, Frau Hagen solle sich entsprechend des vereinbarten Vertrages während ihres Auftretens korrekt und diszipliniert und gegenüber anderen Ensemblemitgliedern kollegial verhalten, reagierte die Hagen ausgesprochen hysterisch und schrie, sie lege auf der Stelle ihren Vertrag nieder. Gen[osse] Klingner habe ihr gar nichts zu sagen, sie werde sich bei ihrem Chef, Gen[ossen] Adameck, beschweren.
Daraufhin verließen die Gen[ossen] Klingner und [der Dramaturg] ohne Erwiderung die Garderobe. Da sie mit keinem Wort auf die Maßnahmen gegen Biermann angespielt hatten, war ihnen die Haltung der Hagen unverständlich.
Die Hagen verlangte unmittelbar darauf einen Arzt, der die Hagen nach erfolgter Untersuchung bis zum 30. November 1976 krankschrieb. (Die behandelnde Ärztin, Frau Dr. [Name], brachte in diesem Zusammenhang zum Ausdruck, die Hagen sei in den letzten Tagen offensichtlich nervlich stark beansprucht gewesen und sehe sich außerstande aufzutreten.) Infolge dieser Sachlage gilt die Hagen nicht als vertragsbrüchig.
Die Vorstellung am 27. November 1976 wurde daraufhin abgesagt. Am 28. November 1976 lief ein anderes musikalisches Stück.