Aktivitäten ehemaliger SPD-Mitglieder in Ostberlin
19. März 1976
Information Nr. 210/76 über bestimmte Aktivitäten ehemaliger Mitglieder der SPD in der Hauptstadt der DDR
Im Zusammenhang mit dem Aufruf des stellvertretenden Landesvorsitzenden der Westberliner SPD, Kurt Neubauer, zur Wiederaufnahme der Tätigkeit der SPD in der Hauptstadt der DDR,1 der am 10. März 1976 von Westberliner Rundfunk- und Fernsehstationen verbreitet worden war, wurde dem MfS zuverlässig bekannt, dass dieser Aufruf in Kreisen ehemaliger Angehöriger der SPD in allen Stadtbezirken der Hauptstadt, besonders in Köpenick, Weißensee und Friedrichshain, zu bestimmten Aktivitäten geführt hat.
So trafen sich in den letzten Tagen ehemalige Angehörige der SPD in kleinen Gruppen in Wohnungen zu illegalen Zusammenkünften, um über diesen Aufruf und ihre eigene Haltung dazu zu diskutieren.
Es zeichnete sich dabei eine Zustimmung zum Aufruf Neubauers und die Bereitschaft ab, sofort nach Wiederaufnahme der Tätigkeit der SPD selbst aktiv tätig zu werden.2 Außerdem wurde vorgeschlagen, zunächst eine Bestandsaufnahme durchzuführen und zu prüfen, welche ehemaligen SPD-Mitglieder noch zur Mitarbeit bereit und auch vertrauenswürdig seien, wobei die Absicht zum Ausdruck kam, ein Eindringen von Mitgliedern der SED in die SPD-Organisationen zu verhindern.
Es wurde zum Ausdruck gebracht, dass es angebracht sei, vorerst selbst keine Aktivitäten zur Neubildung der SPD-Organisationen zu unternehmen, sondern auf konkrete Anleitungen, Hinweise und Orientierungen des Landesvorstandes der Westberliner SPD zu warten. Man müsse jedoch auf eine Wiederaufnahme der Tätigkeit der SPD vorbereitet sein.
Zum Zeitpunkt der Auflösung der SPD-Kreisverbände in der Hauptstadt der DDR durch Beschluss des Landesvorstandes der Westberliner SPD am 23. August 1961 betrug die Mitgliederstärke ca. 6 500. Gegenwärtig beträgt die Zahl der ehemaligen Mitglieder der SPD ca. 4 000. Diese Personen und die von ihnen ausgehenden Aktivitäten stehen unter entsprechender Kontrolle des MfS.