Aktivitäten von Korrespondenten der Bundesrepublik in der DDR
16. Dezember 1976
Information Nr. 878/76 über Aktivitäten von Korrespondenten der Bundesrepublik Deutschland
Nach der vom MfAA, Abteilung Journalistische Beziehungen, am 30. November und 1. Dezember 1976 erfolgten Ermahnung gegenüber den in der DDR akkreditierten Journalisten der BRD – wonach jegliche Kontaktaufnahme mit Havemann als eine Einmischung in innere Angelegenheiten der DDR betrachtet wird und zu unterlassen ist – ist festzustellen, dass diese von ihnen bisher respektiert wurde.
Demgegenüber ist jedoch in jüngster Zeit festzustellen, dass BRD-Korrespondenten verstärkt versuchen, diese Kontakte zu Havemann über Mittelspersonen weiter aufrechtzuerhalten und zu diesem Zweck ständige Verbindungen zu den Havemann unmittelbar nahestehenden Personen herzustellen bzw. auszubauen.
So hat z. B. der BRD-Korrespondent des »Spiegels«, Ulrich Schwarz, mehrfach die Wohnung der Christine Biermann aufgesucht, um dort zu diesem Zweck u. a. mit Christine Biermann, Sibylle Havemann und Bettina Hindemith, der Tochter von Stephan Hermlin, zusammenzutreffen. Dieser Personenkreis steht in täglicher direkter persönlicher Verbindung zu Havemann.
So wurde dem MfS bekannt, dass der Schwarz u. a. nach der Aussprache am 1. Dezember 1976 im MfAA an folgenden Tagen die Wohnung der Christine Biermann aufsuchte: 2. Dezember 1976, 3. Dezember 1976, 7. Dezember 1976, 10. Dezember 1976, 13. Dezember 1976, 14. Dezember 1976, wobei er sich teilweise bis über eine Stunde dort aufhielt.
Am 14. Dezember 1976, gegen 19.15 Uhr wurde die Havemann, Sibylle, in einem Gespräch mit dem Schwarz auf dem Hof des Wohnhauses der Biermann angetroffen. Auf Befragen durch Sicherungskräfte, welches Anliegen den Schwarz in das Grundstück führe, erklärte die Havemann, sie habe keine Veranlassung, Unterredungen mit Journalisten auszuweichen; ihr sei dies nicht untersagt worden. Dies gelte nur für ihren Vater. Schwarz erklärte, er sei im MfAA belehrt worden, den Kontakt zu Havemann, Robert, zu unterlassen; dies treffe aber nicht auf dessen Familienangehörige zu.
Außer Schwarz nahmen in der Wohnung der Biermann Kontakt zu dem oben genannten Personenkreis auf:
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am 2. Dezember 1976: Ingrid Krüger, Mitarbeiterin des »Luchterhand-Verlages« und Korrespondentin der »konkret«; langjährige Verbindungsperson zu Wolf Biermann,
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am 6. Dezember 1976: Loewe (ARD) und Tautz-Wiessner (ZDF).
Es wird vorgeschlagen zu prüfen, inwieweit im MfAA ein erneutes Gespräch mit dem Schwarz, gegebenenfalls auch mit Loewe und Tautz-Wiessner geführt werden sollte, in dem darauf hingewiesen werden könnte, Kontakte zu dem vorgenannten Personenkreis zu unterlassen, da sie offensichtlich dem Zweck der Einmischung in innere Angelegenheiten der DDR dienen.
Wie intern bekannt wurde, beabsichtigt die Biermann, Christine, mit Personen aus dem genannten Kreis eine Reise in die VR Polen zu unternehmen.
Es wird vorgeschlagen, der Biermann und diesen Personen die Ausreise aus der DDR mit der Begründung zu untersagen, dass sie nicht die Gewähr bieten, die DDR während ihres Aufenthaltes in der VR Polen würdig zu vertreten. Darüber hinaus besteht der Verdacht, dass die Ausreise und der Aufenthalt in der VR Polen zur Verbindungsaufnahme zu anderen feindlich-negativen Kräften genutzt werden soll.