Beabsichtigte Einreise des Schriftstellers Gerhard Zwerenz in die DDR
16. August 1976
Information Nr. 557/76 über die beabsichtigte Einreise des BRD-Schriftstellers Gerhard Zwerenz in die DDR
Wie dem MfS bekannt wurde, stellte die in Crimmitschau, Kreis Werdau, Bezirk Karl-Marx-Stadt wohnende Mutter des Zwerenz beim zuständigen VPKA einen Einreiseantrag für Zwerenz, Gerhard, geboren am 3. Juni 1925, wohnhaft: Offenbach/BRD, [Adresse], dessen Ehefrau sowie seine 18-jährige Tochter für den Zeitraum vom 23. August bis 29. August 1976.1
Im Zusammenhang mit der Person des Zwerenz erscheinen folgende Fakten beachtenswert:
Zwerenz studierte 1952 bis 1955 in Leipzig Philosophie bei Prof. Bloch und war gleichzeitig für verschiedene Presseorgane der DDR wie »Sonntag«, »Weltbühne« u. a. tätig. Daraus resultierten auch seine engen Verbindungen zu Mitgliedern der Harich-Gruppe2 (Janka, Just, Zehm, Loest), die 1957/58 wegen Staatsverrat zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden.
Im Jahre 1957 wurde Zwerenz wegen seines Eintretens für Ernst Bloch und andere revisionistische Kräfte aus der SED ausgeschlossen und verließ ungesetzlich die DDR.
In der BRD veröffentlichte er mit Unterstützung des Ostbüros der SPD3 das Buch »Galgenlieder von heute«4. Auch in weiteren Veröffentlichungen griff er die DDR an, entwickelte sich jedoch seit Mitte der 60er Jahre in gewissem Maße auch zu einem Kritiker bestimmter Zustände in der BRD. Zwerenz ist ein anerkannter Schriftsteller der BRD, der sich selbst als »parteilosen Sozialisten« bezeichnet. Gleichzeitig betont er jedoch immer wieder seine »antidogmatische«, in erster Linie gegen die SED gerichtete Position. Seine Werke weisen – offensichtlich aus kommerziellen Gründen – zum Teil pornografische Züge auf. Die letzte Veröffentlichung des Zwerenz behandelt in Form einer »psychologischen Durchleuchtung« den Fall des DDR-Kundschafters Guillaume. (»Die Quadriga des Mischa Wolf«)5
Zwerenz erhielt 1975 den »Ernst-Reuter-Preis« des Bundesministeriums für »innerdeutsche Beziehungen«.6
Er unterliegt seit 1972 wegen seiner fortlaufenden antisozialistischen Veröffentlichungen in der BRD einer unbefristeten Einreisesperre.
Es wird um Entscheidung gebeten, wie im Falle des gestellten Einreiseantrages verfahren werden soll.