Brand einer Förderbrücke im VEB Zementwerke Rüdersdorf
25. August 1976
Information Nr. 589/76 über den Brand einer Förderbrücke im Werk IV des VEB Zementwerke Rüdersdorf
Am 24. August 1976, gegen 18.00 Uhr entstand an der Förderbrücke der Klinkeranlage des Werkes IV im VEB Zementwerke Rüdersdorf/Fürstenwalde/Frankfurt/O. ein Brand, durch den die 110 m lange Förderbrücke zerstört wurde.
Durch den Ausfall der Förderbrücke für den Klinkertransport musste die Klinkerproduktion im Werk IV vorerst eingestellt werden. Im Werk IV werden täglich 4 200 t Klinker und 3 900 t Zement erzeugt. Die Bestände betragen zurzeit noch ca. 9 000 t Klinker und 40 000 t Zement. Damit kann die planmäßige Versorgung der Hauptstadt Berlin, der Bezirke Frankfurt/O. und Potsdam und der Export von Zement nach Westberlin (täglich 900 t) bis zum 2. September 1976 abgesichert werden. Zur Wiederaufnahme der Produktion ist die provisorische, stufenweise Inbetriebnahme der Klinkeranlage ab 27. August 1976 vorgesehen. Bei Realisierung dieser Zielstellung ist eine unterbrechungslose Versorgung aller Abnehmer gewährleistet.
Durch das Ministerium für Bauwesen und den VEB Zementwerke werden gegenwärtig die erforderlichen Maßnahmen zum vollständigen Wiederaufbau der Förderbrücke festgelegt und eingeleitet. Die Kosten dafür werden nach vorläufigen Schätzungen mit ca. 500 000 Mark veranschlagt.
Die vom MfS gemeinsam mit der DVP geführten Untersuchungen zum Brand der Förderbrücke haben bisher zu folgenden Ergebnissen geführt:
Am 24. August 1976, kurz vor 18.00 Uhr wurde der Ausfall eines Hammerbrechers am Ofen 1 festgestellt. (Dieser Hammerbrecher war nach einer Reparatur erst gegen 16.00 Uhr wieder in Betrieb genommen worden. Der erneute Ausfall dieses Hammerbrechers ist auf einen Defekt eines Schaltschützens zurückzuführen.)
Durch den verantwortlichen Schichtleiter [Name], geboren am [Tag] 1932, Schichtleiter seit 1. Juli 1976, vorher Brigadier im Werk IV (langjähriger und erfahrener Mitarbeiter in diesem Produktionsbereich) wurden daraufhin gemeinsam mit dem Brenner [Name] die Klappen der Kaltkammer geöffnet, um den abgekühlten Klinker unmittelbar in den unter dem Hammerbrecher liegenden Becherförderer und von dort in den Bunker zu leiten. (In der Kaltkammer erfolgt mittels Luftgebläsen eine Abkühlung der gebrannten Klinker von 1000 bis 1 200°C auf ca. 60°C. Bei normalem technologischem Ablauf werden die Klinker von der Kaltkammer in den Hammerbrecher und von dort aus über den Becherförderer weitergeleitet.) Mit der unmittelbaren Weiterleitung der Klinker in den Becherförderer war beabsichtigt, den Produktionsfluss trotz Ausfall des Hammerbrechers aufrechtzuerhalten.
Bei diesen Arbeiten bemerkte [der Schichtleiter], dass einzelne rot glühende Klinker auf die unterhalb des Becherförderers angebrachten zwei nebeneinander laufenden Stahlkordtransportbänder der Förderbrücke der Klinkeranlage fielen. (Nach der Abkühlung in der Kaltkammer sind einzelne Klinker – besonders große Stücke – noch glühend, wodurch jedoch bei normalem technologischem Ablauf keine Gefahren entstehen.)
Nach dieser Feststellung betätigte [der Schichtleiter] den Reparaturschalter und [der Brenner] die Schieber der Kaltkammer, wodurch die gesamte Anlage sofort zum Stillstand kam und eine weitere Zuführung von Klinkern unterbunden wurde. Bei diesen Handlungen erkannte [der Schichtleiter] Rauchentwicklung an den Transportbändern. Er begab sich an den Ereignisort und stellte fest, dass das rechte Transportband auf einer Länge von ca. 20 m brannte und das Feuer auf das linke Transportband übergriff. Daraufhin alarmierte er sofort die Feuerwehr, die nach kurzer Zeit die Brandbekämpfung aufnahm. Die Zerstörung der Förderbrücke der Klinkeranlage konnte jedoch nicht mehr verhindert werden.
Bisher sind an der Förderbrücke der Klinkeranlage keine Brände oder andere schwerwiegende Störungen aufgetreten.
Zu dem Vorkommnis am 20. August 1976 im Werk III des VEB Zementwerke Rüdersdorf, bei dem eine Betonstützwand der Rohmühlenhalle einstürzte und ein dort tätiger Strafgefangener tödlich verunglückte, besteht kein Zusammenhang. Nach bisherigen Untersuchungsergebnissen ist dieses Vorkommnis auf bautechnische Mängel der 30 bis 40 Jahre alten Anlage zurückzuführen.
Die Untersuchungen zu beiden Vorkommnissen werden fortgesetzt, insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt, die diese Vorkommnisse eventuell begünstigenden Bedingungen und Umstände allseitig aufzuklären und entsprechende Maßnahmen zur Veränderung einzuleiten.
In diesem Zusammenhang wird auch die strafrechtliche Verantwortlichkeit der zuständigen Betriebsangehörigen, darunter auch des [Schichtleiters], geprüft und über die Einleitung von Ermittlungsverfahren entschieden.