Brand im Werk Dessau des VEB Zellstoff- u. Papierfabriken Merseburg
26. August 1976
Information Nr. 600/76 über einen Brand im VEB Vereinigte Zellstoff- und Papierfabriken Merseburg, Werk 3 Dessau am 21. August 1976
Ergänzend zur Information Nr. 586/76 über den Brand im VEB Vereinigte Zellstoff- und Papierfabriken Merseburg, Werk 3 Dessau/Halle wird mitgeteilt:
Die durch das MfS im Zusammenwirken mit der DVP geführten kriminaltechnischen Untersuchungen zur Brandursache und die Vernehmungen des Maschinenführers [Name] ergaben zweifelsfrei, dass der Brand durch ihn verursacht wurde. Gegen den [Maschinenführer] wurde ein Ermittlungsverfahren gemäß § 188 StGB – Fahrlässige Verursachung eines Brandes – eingeleitet und auf gleicher Rechtsgrundlage Haftbefehl erlassen.
Wie die weiteren Untersuchungen ergaben, hat [der Maschinenführer] am 21. August 1976, gegen 11.45 Uhr von drei Aluminiumhülsen Restpapier (Toilettenpapier) mittels einer Trennschleifmaschine getrennt. Nachdem er diesen Vorgang beendet hatte, bremste er die Trennschleifmaschine durch Aufdrücken auf den stahlblechbelegten Fußboden ab. Dabei kam es zum glühenden Abrieb der Trennscheibe und des Stahlbleches. Die glühenden Metallteilchen fielen in das abgetrennte, auf dem Fußboden liegende Restpapier.
Dem [Maschinenführer] war bekannt, dass es dadurch zum Brand kommen konnte. Um einen Brand in der Halle zu verhindern, raffte er das Restpapier zusammen und legte dieses – obwohl sich darunter glühende Papierteile befanden, was er auch bemerkte – außerhalb der Halle an der Verladerampe in unmittelbarer Nähe des dafür bereitstehenden Lkw-Anhängers ab. [Dem Maschinenführer] war gemäß einer Betriebsvorschrift bekannt, dass Restpapier in eine sogenannte Turbofräse einzugeben ist. Da zu diesem Zeitpunkt sein Meister an diesem Gerät hantierte und [der Maschinenführer] Alkohol konsumiert hatte, handelte er in der beschriebenen Weise, um Auseinandersetzungen mit seinem Meister aus dem Wege zu gehen.
Die Untersuchungen zur Brandursache und durchgeführte Experimente ergaben, dass an der Stelle, an welcher [der Maschinenführer] das Restpapier ablegte, der Brand ausbrach.
Im Jahre 1974 hat [der Maschinenführer] bereits an dieser Trennschleifmaschine einen Brand verursacht, wodurch Sachschaden in Höhe von 2 000 Mark entstand.
Die bisherigen Untersuchungen zum Persönlichkeitsbild des [Maschinenführers] ergaben:
[Der Maschinenführer] ist seit 1971 in der Papierfabrik Dessau als angelernter Maschinenführer ohne abgeschlossene Berufsausbildung tätig. Er ist Abgänger aus der 7. Klasse der Polytechnischen Oberschule.
[Der Maschinenführer] ist parteilos und zeigte in der Vergangenheit eine labile Einstellung zur sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung der DDR. An der gesellschaftlichen Arbeit im Betrieb und im Wohngebiet beteiligte er sich nicht. Seine Arbeit im Betrieb führte er oberflächlich durch. Oftmals hielt er Arbeitsschutzbestimmungen nicht ein und handelte pflichtwidrig. Erscheinungen von Undiszipliniertheit zeigten sich auch darin, dass sich [der Maschinenführer] des Öfteren vom Arbeitsplatz entfernte und während der Arbeitszeit Alkohol zu sich nahm.
Die Untersuchungen werden durch das MfS fortgesetzt.