Festnahme einer DDR-Bürgerin bei einem Fluchtversuch
[ohne Datum]
Information Nr. 484/76 über die Festnahme der DDR-Bürgerin [Name] beim Versuch des ungesetzlichen Verlassens der DDR
Die Überprüfungen des MfS über die in der Westpresse vom 29. Juni 1976, unter anderem in der »Welt« und der »Berliner Morgenpost« veröffentlichten Artikel unter der Überschrift »Frau eines Flüchtlings in der Haft des SSD« haben ergeben:1
Am 19. Mai 1976, gegen 23.00 Uhr wurde an der Grenzübergangsstelle Wartha die Bürgerin der DDR, [Name], geboren: [Tag] 1951, wohnhaft: Berlin-Adlershof, [Adresse], zuletzt tätig als Ingenieur für Neuererwesen im VEB [Name], beim Versuch des ungesetzlichen Verlassens der DDR festgenommen.
Die [Name der DDR-Bürgerin] befand sich zum Zeitpunkt der Tat gemeinsam mit vier weiteren DDR-Bürgern auf der Ladefläche eines als zollverschlusssicher eingerichteten Kleintransporters vom Typ Mercedes und sollte durch die kriminelle Menschenhändlerbande »ARAMCO AG«2 unter Missbrauch des Transitabkommens aus der DDR ausgeschleust werden.
Gegen die [DDR-Bürgerin] wurde am 20. Mai 1976 gemäß § 100 StGB (Staatsfeindliche Verbindungsaufnahme) und § 213 StGB (Ungesetzlicher Grenzübertritt) ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und auf der gleichen Rechtsgrundlage Haftbefehl erlassen.
Sie befindet sich gegenwärtig noch in Untersuchungshaft.
Es ist festzustellen, dass die [DDR-Bürgerin] gesund ist und unter ständiger ärztlicher Kontrolle steht.
Der Ehemann der [DDR-Bürgerin], [Name des Ehemannes], geboren: [Tag] 1943, wohnhaft gewesen: Berlin-Adlershof, [Adresse], zuletzt tätig als Ingenieur für Neuererwesen im VEB [Name], hat in der Zeit vom 5. Februar bis 6. Februar 1976 die DDR ungesetzlich verlassen. Es besteht der Verdacht, dass auch [der Ehemann] durch die hinlänglich bekannte kriminelle Menschenhändlerbande »ARAMCO AG« aus der DDR ausgeschleust wurde. [Der Ehemann] fungierte offensichtlich als Auftraggeber für die Ausschleusung seiner Ehefrau bei dieser kriminellen Menschenhändlerbande.
Die Untersuchungen des Ministeriums für Staatssicherheit werden fortgeführt.