Prozess gegen den ehem. SS-Oberscharführer Drabant, Ostberlin
22. Juli 1976
Information Nr. 528/76 über die beabsichtigte Durchführung einer gerichtlichen Hauptverhandlung gegen den ehemaligen SS-Oberscharführer, Drabant, Herbert, vor dem Stadtgericht von Groß-Berlin
In Abstimmung mit dem Generalstaatsanwalt der DDR ist beabsichtigt, in der Zeit vom 2. August bis 9. August 1976 vor dem Strafsenat 1 a des Stadtgerichtes von Groß-Berlin die gerichtliche Hauptverhandlung gegen Drabant, Herbert, geboren am [Tag] 1915, Beruf: Kaufmann, zuletzt: Poststellenleiter im VEB Erdöl und Erdgas Grimmen, wohnhaft: 232 Grimmen, [Adresse], seit 1950 Mitglied der Demokratischen Bauernpartei Deutschlands (DBD), nicht vorbestraft, wegen begangener Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen durchzuführen.1
Drabant wurde im Oktober 1941 Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes (SD) und in dieser Eigenschaft Ende 1941 zum Einsatzkommando 12 der Einsatzgruppe D der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes auf das zeitweise von den Faschisten okkupierte Territorium der UdSSR versetzt.2
Innerhalb dieses Einsatzkommandos, dem er bis zur Auflösung am 10. Dezember 1943 angehörte, nahm er, arbeitsteilig und selbstständig handelnd, an der Verfolgung, Ermordung und anderen unmenschlichen Handlungen gegenüber sowjetischen Patrioten sowie der Zivilbevölkerung, darunter Frauen und Kinder, aus politischen, rassischen und ethnischen Gründen teil. Insgesamt wirkte er nachweislich bei mindestens 48 Ausschreitungen größeren und kleineren Ausmaßes arbeitsteilig an der Ermordung von zumindest 4 400 und der Verschleppung von zumindest 760 Sowjetbürgern mit und beteiligte sich in drei Fällen an der Niederbrennung von Ortschaften. Bei fünf Massakern tötete er eigenhändig eine nicht mehr feststellbare Zahl von Sowjetbürgern.
Die Teilnahme des Drabant an diesen Völkerrechtsverbrechen wird nachgewiesen durch die Aussagen von 54 Zeugen aus der UdSSR, sieben Beschuldigtenaussagen ehemaliger Angehöriger des Einsatzkommandos 12 vor den sowjetischen Untersuchungsorganen in den Jahren 1945 bis 1949, den eigenen Aussagen und erschlossenen Sachbeweisen aus der UdSSR und der DDR.
Es ist vorgesehen, die gerichtliche Hauptverhandlung gegen Drabant vor begrenzter Öffentlichkeit durchzuführen und 20 junge Mitarbeiter der Sicherheitsorgane sowie drei Angehörige des Komitees des antifaschistischen Widerstandskampfes daran teilnehmen zu lassen.3